Preisdruck zulasten der Therapieauswahl |
28.09.2016 09:27 Uhr |
Von Ev Tebroke, Berlin / Der Kostendruck im Gesundheitssystem wirkt sich zunehmend auf die Auswahl der Therapieoptionen aus. Das belegen Umfragen unter Patienten und Ärzten, deren Ergebnisse im MPL-Gesundheitsreport zusammengefasst sind. Generell erteilen die Befragten der Gesundheitspolitik aber bessere Noten als früher.
Immer mehr Patienten haben den Eindruck, dass Kostenerwägungen die Art der Behandlung mitbestimmen. Und fast die Hälfte der Ärzte musste aus Kostengründen schon auf Behandlungen verzichten. Das ist eines der Umfrage-Ergebnisse des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Beraterfirma MLP. An der vergangene Woche in Berlin vorgestellten repräsentativen Studie haben rund 2000 Bundesbürger und mehr als 500 Ärzte teilgenommen.
Besonders Krankenhausärzte stehen unter Kostendruck.
Foto: iStock/Carlos Arranz
Behandlung vorenthalten
Demnach hatten im Zeitraum von Januar bis Juli 2016 40 Prozent der befragten Patienten beim Arzt schon einmal das Gefühl, dass ihnen eine bestimmte Behandlung oder ein Medikament aus Kostengründen vorenthalten wurde. Im Jahr 2012 waren es 31 Prozent. Bei den Ärzten sind es vor allem die Krankenhausärzte, die aufgrund von Budgetknappheit zunehmend auf Behandlungen ganz verzichten müssen, die sie aus medizinischer Sicht für angeraten halten. So verzichteten laut Studie 45 Prozent der Ärzte 2016 auf Behandlungen, vor zwei Jahren beugten sich lediglich 27 Prozent dem Preisdiktat. Für 2012 liegen keine Umfragewerte vor.
Trotz dieser Einschätzungen bekommt die Gesundheitsversorgung in Deutschland nach wie vor gute Noten: 93 Prozent der Ärzte (2012: ebenfalls 93 Prozent) und 82 Prozent der Bevölkerung (2012: 82 Prozent) schätzen die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems als gut oder sehr gut ein. Bei der Bewertung der Gesundheitspolitik hingegen scheiden sich die Geister: Während mittlerweile 40 Prozent der Bevölkerung (2012: 26 Prozent) die Gesundheitspolitik positiv bewerten, lehnen 62 Prozent der Ärzte diese ab (2012: 71 Prozent). Dementsprechend sehen 66 Prozent der Ärzte auch nach wie vor einen hohen Reformbedarf (2012: 73 Prozent). In der Bevölkerung sind es 41 Prozent (2012: 47 Prozent).
Skepsis bei Telemedizin
Wichtige Baustelle ist dabei beispielsweise die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung auf dem Land. Hier begrüßen drei Viertel der Ärzte die von der Regierung beschlossene Gründung eines Strukturfonds. Dieser soll die Niederlassung von Ärzten auf dem Land fördern.
Der telemedizinische Ausbau findet bei den Ärzten ebenfalls mehrheitlich Zuspruch (61 Prozent). Jedoch sehen 65 Prozent der Ärzte die Gefahr, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis unter zunehmendem Einsatz von Telemedizin leiden könnte. Auch die Bevölkerung ist beim Thema Telemedizin noch skeptisch. So erklärten sich lediglich 22 Prozent der Befragten bereit, den Arzt per Video-Sprechstunde zu konsultieren. Dies kommt erwartungsgemäß vor allem für Jüngere (unter 30 Jahren) infrage. /