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Nykturie

Lästig und gefährlich

28.09.2016  09:08 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler / Häufiges nächtliches Wasserlassen, die Nykturie, ist weder ein typisches Männer- noch ein reines Altersproblem. Sie ist auch nicht harmlos, sondern kann ein Warnsignal für eine behandlungsbedürftige Erkrankung sein.

Zwei-, drei- oder x-mal nachts zur Toilette zu müssen, ist mehr als lästig. Eine Nykturie wird meist als unvermeidbare Alterserscheinung vorrangig des Mannes abgetan. Jedoch kann sie die Lebensqualität signifikant beeinträchtigen und das Risiko für nächtliche Stürze und Knochenbrüche erhöhen. Mitunter ist sie mit ernsthaften Folgen wie Depression, sozialer Isolation und einem erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden. Zudem ist Nykturie die häufigste Ursache von Schlafstörungen, die zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen führen können.

»Nykturie ist keine eigenständige chronische Erkrankung, sondern Symptom anderer körperlicher Störungen«, sagt Professor Dr. Stephan Roth vom Universitätsklinikum Wuppertal in einer Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU). Unterschiedliche Ursachen kämen für den nächtlichen Harndrang in Betracht, zum Beispiel eine nächtliche Polyurie. So scheiden zahl­reiche Patienten nachts mehr als den sonst üblichen Anteil der 24-Stunden- Urinmenge aus. Dieser sollte für jüngere Menschen bis 20 Prozent, jenseits der 65 bis 33 Prozent betragen. Bei anderen Personen ist die Kapazität der Harnblase reduziert, sodass sie häufiger kleinere Mengen entleeren müssen.

 

»Bei einer Polyurie ist es notwendig, die Ursachen der erhöhten nächtlichen Urinproduktion abzuklären«, so Roth. So könne ein Übermaß an auszuscheidendem Gewebewasser aus Ödemen auf eine Herzinsuffizienz hinweisen. Diabetes mellitus, erhöhter systolischer Blutdruck oder Störungen der Nierenfunktion könnten sich ebenso wie Medikamente auf die nächtliche Urinproduktion auswirken.

 

Meist mehrere Auslöser

 

Besonders bei Senioren kommen oft mehrere auslösende Faktoren zusammen. Der Urologe nennt die sinkende Fähigkeit, Urin zu halten, erhöhte Restharnvolumina, Veränderungen am Detrusormuskel sowie niedrige Konzentration des Antidiuretischen Hormons (Vasopressin), das normalerweise die Harnproduktion drosselt und vasokonstriktiv wirkt. Andere urologische Probleme wie chronische Infekte der unteren Harnwege, überaktive Blase und bei Männern eine vergrößerte Prostata können den Toilettengang ebenfalls forcieren.

 

Schnarchen, das mehr als die Hälfte aller Männer betrifft, und nächtliche Atem­aussetzer (Schlafapnoe) sind eng verbunden mit der Nykturie, die sogar als ein Leitsymptom des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms gilt. Wird die Schlafstörung effektiv behandelt, bessert sich auch der nächtliche Drang. Als weiterer Risikofaktor gilt Übergewicht. Auch gewohnheitsmäßiges Essen in der Nacht kann die Diurese verstärken. Bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Parkinson kommt es ebenfalls vermehrt zum nächtlichen Wasserlassen. /

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