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Sepsis

Künstliche Milz filtert Bakterien

23.09.2014  16:30 Uhr

Von Annette Mende / Forscher aus den USA haben ein Gerät entwickelt, mit dem sich Bakterien und andere Krankheitserreger aus dem Blut filtern lassen. Mit der sogenannten Bio-Milz ließen sich wahrscheinlich auch Ebola- oder HI-Viren aus dem Blut Infizierter entfernen. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik, denn momentan befindet sich das Gerät in der Testphase.

Die Testphase verläuft vielversprechend, wie die Wissenschaftler um Dr. Joo H. Kang vom Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering in Boston, Massachusetts, jetzt im Fachjournal »Nature Medicine« berichten (doi: 10.1038/nm.3640). Sie testeten ihre Bio-Milz an Ratten, die sie zuvor mit Escherichia coli oder Staphylococcus aureus geimpft hatten. 

 

Von den Tieren, deren Blut durch die Bio-Milz gefiltert wurde, waren fünf Stunden nach der Infektion noch 89 Prozent am Leben. Demgegenüber lebten zu diesem Zeitpunkt lediglich noch 14 Prozent der unbehandelten Tiere. Die Filtration hatte 90 Prozent der Bakterien aus dem Blut der Ratten entfernt, was zu einer abgeschwächten Entzündungsreaktion in der Lunge und in anderen Organen geführt hatte. Die Forscher hoffen, auf diese Weise eine Sepsis auch bei Menschen verhindern beziehungsweise behandeln zu können. Der Vorteil des Gerätes ist, dass die Art des Krankheitserregers keine Rolle spielt und zum Zeitpunkt der Behandlung auch nicht bekannt sein muss. In etwa der Hälfte aller Sepsis-Fälle können die behandelnden Ärzte das verursachende Pathogen nicht identifizieren.

 

Magnetische Nanokügelchen

 

Wie funktioniert die künstliche Milz? Ihr Vorbild ist die menschliche Milz, in der sogenannte Opsonine an körperfremde antigene Substanzen und Mikro­organismen gebunden werden. Diese Proteine erleichtern die Bindung von Phagozyten an die Erreger und spielen so eine wichtige Rolle bei der Immun­antwort. Ein Opsonin ist das Mannose-bindende Lektin (MBL), das an Zuckermoleküle auf der Oberfläche von mehr als 90 verschiedenen Bakte­rien, Viren und Pilzen bindet. 

Die Wissenschaftler entwickelten für ihre Bio-Milz ein künstliches Opsonin, nämlich an magnetische Nanokügelchen gebundenes MBL. Dieses lagert sich an die Krankheitserreger an, wenn das Blut das Gerät durchströmt. Anschließend zieht ein Magnet die mit den Erregern beladenen Nanokügelchen aus dem Blut, das nach dieser Reinigung dem Patienten zurück infundiert wird.

 

Anhand von menschlichem Blut, das sie mit einer Mischung aus Bakterien und Pilzen kontaminiert hatten, testeten die Wissenschaftler, ob die Geschwindigkeit der Filtration für das Blutvolumen eines Menschen ausreicht. Der Apparat schaffte bis zu 1,25 Liter pro Stunde, was bei einem durchschnittlichen Blutvolumen von 5 Litern eine akzeptable Rate ist. »Die Effektivität reicht wahrscheinlich, um eine Infek­tion zu kontrollieren«, sagt Seniorautor Professor Dr. Donald E. Ingber in einer Pressemitteilung. Sobald die Bio-Milz den Großteil der Pathogene aus dem Blut entfernt habe, könnten Antibio­tika und das Immunsystem die verbleibenden Erreger – etwa in Organen – erfolgreich bekämpfen. Eine weitere denkbare Einsatzmöglichkeit des Geräts ist die Isolierung unbekannter Erreger aus dem Blut, die eine Bestimmung und dann zielgerichtete Therapie ermöglichen würde.

 

Die Arbeitsgruppe testet das Gerät jetzt an Schweinen. Bis es im Rahmen von klinischen Studien am Menschen zum Einsatz kommen könnte, dürfte es noch einige Jahre dauern. /

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