Bundesrat beschließt Verbot von Rx-Boni |
25.09.2012 18:18 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag dem Arzneimittelrecht-Änderungsgesetz zugestimmt, das als Basis für die anstehende AMG-Novelle dienen soll. Damit müssen sich ausländische Versandapotheken künftig an die deutschen Preisvorschriften halten, wenn sie Medikamente an Patienten in Deutschland liefern.
Für die Versender ist es der zweite herbe Rückschlag innerhalb weniger Wochen. Ende August hatten bereits die Richter des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte entschieden, dass die Arzneimittelpreisverordnung auch für ausländische Versandapotheken gilt. Genau das gibt nun auch der Gesetzgeber vor. Mit der Zustimmung im Bundesrat kann das neue Gesetz in Form der 16. AMG-Novelle nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger voraussichtlich Anfang Oktober in Kraft treten.
Fairer Wettbewerb
Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände freute sich über die Entscheidung. »Wenn der Gesetzgeber und die Richter sich so einig sind wie bei diesem Aspekt des Verbraucherrechts, dann sind das gute Nachrichten für alle Patienten«, sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. »Das schafft die Verlässlichkeit für einen fairen Wettbewerb zwischen allen Apotheken, der über Leistung, Kompetenz und Service stattfinden muss.«
Nachdem auch die Bundesländer der AMG-Novelle zugestimmt haben, kann das Gesetz voraussichtlich schon im Oktober in Kraft treten.
Foto: PZ/Zillmer
Die europäischen Versender fühlen sich durch die Neuregelung hingegen diskriminiert. Ihr Verband EAMSP hatte bereits Ende Juni angekündigt, gegen das Boni-Verbot klagen und eine Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) herbeiführen zu wollen. Die Versandapotheken können allerdings nicht selbst vor den EuGH ziehen, ihnen bleibt nur der Weg über die EU-Kommission oder das Bundesverfassungsgericht. Wie groß ihre Chancen in einem möglichen Verfahren wären, ist zudem unklar. Im Jahr 2009 hatten die Luxemburger Richter in Bezug auf das deutsche Fremdbesitzverbot bereits entschieden, dass die europäischen Mitgliedstaaten die Ausgestaltung ihrer Gesundheitssysteme und damit auch die Arzneimittelversorgung selbst regeln können.
Als Reaktion auf die jüngsten Ereignisse hat die Europa Apotheek Venlo ihren Rezept-Bonus bereits gekürzt. Auf seiner Internetseite informiert der Versender seine Kunden: Sicher hätten auch sie von der Entscheidung des Gemeinsamen Senats gehört, die auch niederländische Versandapotheken an deutsche Preisvorschriften binde, heißt es dort. Darüber hinaus wolle die Bundesregierung per Gesetz finanzielle Vorteile beim Bezug rezeptpflichtiger Arzneimittel für chronisch kranke Patienten verbieten. Kunden der Europa Apotheek erhalten daher künftig nur noch einen Euro Rabatt für jedes Medikament auf Rezept. Zuletzt waren es 2,49 Euro gewesen.
Die Versandapotheke zeigt sich dennoch weiter kampfbereit und will sich gegen das Boni-Verbot zur Wehr setzen. »Unsere Beschwerde liegt der EU-Kommission in Brüssel bereits vor.« Andere Versender haben an ihren Bonus-Modellen bislang keine Änderungen vorgenommen. Auf der Website von DocMorris etwa heißt es auch weiterhin, die Kunden erhielten für jedes verschreibungspflichtige Medikament »in jedem Fall einen Rezeptbonus von 2,50 Euro«.
Aus für Portfolioverträge
Neben der Ausweitung der Arzneimittelpreisverordnung auf ausländische Versender bringt die 16. AMG-Novelle weitere wichtige Neuerungen mit sich. So können Apotheker und Krankenkassen künftig gemeinsam den Austausch bestimmter Arzneimittel ausschließen, wenn dies mit Blick auf die Compliance der Patienten angebracht ist. Um die Versorgung von Palliativpatienten zu verbessern, erhalten Ärzte zudem die Möglichkeit, in Ausnahmefällen Betäubungsmittel direkt an Schmerzpatienten abzugeben, sofern die Apotheke das Medikament nicht rechtzeitig besorgen kann. Rabattverträge, die gegen das Vergaberecht verstoßen, darf es künftig nicht mehr geben. Dazu zählen die umstrittenen Portfolioverträge über das gesamte generische Sortiment eines Herstellers. Solche Vereinbarungen sollen spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten der Novelle enden.
Auch die frühe Nutzenbewertung für neue Arzneimittel wird nachgebessert: Ein Hersteller, der für eines seiner Präparate vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) keinen Zusatznutzen bescheinigt bekam, soll in einer Übergangszeit sofort eine Neubewertung beantragen können. Bislang mussten die Pharmaunternehmen dafür ein Jahr lang warten. Voraussetzung ist allerdings, dass eine positive Beurteilung nur daran scheiterte, dass die beim GBA eingereichten Unterlagen nicht vollständig waren.
Schutz vor Fälschungen
Darüber hinaus soll es für besonders fälschungsgefährdete Arzneimittel künftig eine spezielle Sicherheitskennzeichnung auf der Packung geben. Diese Regelung ist Teil der sogenannten EU-Fälschungsrichtlinie, die mit der AMG-Novelle in deutsches Recht überführt wird. Die Initiative Securpharm, ein Zusammenschluss von Herstellern, Großhändlern und Apothekern, hat in Deutschland einen Data-Matrix-Code entwickelt, der eine individuelle Packungs-Seriennummer enthält. In der Apotheke wird der Code gescannt und die Nummer über eine Datenbank verifiziert. Bei Unstimmigkeiten wird das Arzneimittel nicht an den Patienten abgegeben. Ab Januar 2013 soll das System in einem Pilotversuch getestet werden. /