Engpass behoben |
16.09.2013 14:36 Uhr |
Von Elke Wolf, Frankfurt am Main / Die monatelangen Lieferschwierigkeiten haben ein Ende: Das Tumortherapeutikum Caelyx® (pegyliertes liposomales Doxorubicin) ist wieder regulär in Deutschland erhältlich. Deshalb wird das vorübergehend eingerichtete Online-Bestell- und Reservierungssystem Caelyx Managed Access (CMA) geschlossen.
Besonders bei den Onkologika gab es in den zurückliegenden Monaten und Jahren viele Lieferausfälle. Auch Caelyx, das etwa zur Behandlung von Ovarial- und Mammakarzinomen, des Multiplen Myeloms und des Kaposi-Sarkoms eingesetzt wird, war davon etwa zwei Jahre betroffen. Die Lieferschwierigkeiten waren vor allem einem komplexen Herstellungsprozess und der Tatsache geschuldet, dass es nur einen Lohnhersteller weltweit gab, der in der Lage war, die aufwendige Galenik umzusetzen, informierte Dr. Ralf Angermund, Janssen-Cilag GmbH , auf einer Pressekonferenz.
Weil die Behörden 2011 bei der Boehringer-Tochter Ben Venue GMP-Probleme festgestellt hatten, gab es Rote-Hand-Briefe zu zahlreichen Injektabilia.
Foto: BVL
In Caelyx sind die Doxorubicin-Liposomen mit einem Polyethylenglycol(PEG)-Mantel überzogen. Die eigentliche Schwierigkeit dieser Pegylierung besteht darin, während des Aufbringens der Schutzschicht die Liposomen nicht zu zerstören. Der PEG-Mantel stellt eine sterische Barriere gegen Interaktionen mit Plasmaproteinen oder Zelloberflächenrezeptoren dar. Die Verkapselung führt dazu, dass die Liposomen nicht so rasch wie herkömmliche Liposome als Fremdkörper vom Immunsystem erkannt und zerstört werden. Zusätzlich sind die Liposomen mit 100 nm so klein, dass sie intakt über Endotheldefekte der Blutgefäße in das Tumorgewebe eindringen können. So bleibt der Wirkstoff während der Plasmazirkulation nahezu vollständig im Liposom verkapselt und wird erst im Tumorgewebe freigesetzt. Das schlägt sich in einem besseren Nebenwirkungsprofil von Caelyx im Vergleich zu herkömmlichem Doxorubicin nieder, besonders was Alopezie, Übelkeit und Kardiotoxizität betrifft.
Janssen-Cilag lässt sein Tumorpräparat seit Mitte der neunziger Jahre beim Lohnhersteller Ben Venue Laboratories (BVL) in den USA produzieren. »Dort ergab jedoch im Juni 2011 eine interne Prüfung, dass die Filtration und die Abfüllung des Präparats nicht mehr GMP-gerecht gewährleistet werden kann. Die eigentliche Produktion war nicht betroffen«, erklärte Angermund.
Die europäische Zulassungsbehörde EMA erließ deshalb eine Bestimmung, wonach vorhandene Bestände des Medikaments nur noch zur Beendigung bereits begonnener Therapiezyklen oder für Patienten, für die keine befriedigende Therapiealternative zur Verfügung steht, verwendet werden sollen. Nach einem zwischenzeitlich kompletten Lieferstopp stimmte die EMA der Wiederaufnahme der Produktion zu. Zu diesem Zeitpunkt handelte Janssen-Cilag mit der Aufsichtsbehörde eine Sondergenehmigung aus, die die Freigabe von Charge zu Charge erlaubte. Denn es gab trotz der fehlenden GMP-Norm keine Verdachtsmomente auf Kontaminationen in Caelyx. Ärzte und Apotheker wurden über mehrere Rote-Hand-Briefe über die aktuelle Situation informiert.
Derzeitiger Stand der Dinge: Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat zugestimmt, dass die Formulierung von Caelyx durch den bisherigen Vetragslieferanten BVL vorgenommen wird und diese dann zur sterilen Filtration und aseptischen Abfüllung an einen anderen Hersteller in Taipeh geliefert wird. Zusätzliche Auflage dabei: einen sicheren Bestandsvorrat aufzubauen. Angermund: »Dies ist nun der Fall, wir verfügen derzeit über einen Lagerbestand von etwa drei Monaten. Caelyx ist ab sofort wieder lieferbar. Das zwischenzeitlich Web-basierte Bestell- und Reservierungssystem wird deshalb eingestellt.« /