Nicht plausibel |
23.08.2016 14:40 Uhr |
Allein für gesetzlich Versicherte haben die öffentlichen Apotheken im vergangenen Jahr mehr als 7 Millionen allgemeine Rezepturen wie Salben und Kapseln hergestellt. An der Honorierung liegt das ganz sicher nicht. Vielmehr nehmen Apotheker auch an dieser Stelle ihre Verantwortung als Heilberufler wahr und leisten einen wichtigen Beitrag zur Überbrückung von Versorgungslücken bei Fertigarzneimitteln. Denn Fakt ist, dass Rezepturarzneimittel eine wichtige Ergänzung zu industriell hergestellten Medikamenten darstellen. Teilweise sind sie unersetzlich, zum Beispiel wenn ein Kind eine Wirkstoffdosis benötigt, für die es kein industriell produziertes Arzneimittel gibt. Patienten profitieren von der Rezepturherstellung also in hohem Maße.
Für Apotheken rechnen sich Rezepturen dagegen in der Regel nicht. Das ist noch viel weniger der Fall, seitdem vorgeschrieben ist, dass Apotheken bei jeder einzelnen Rezeptur die Plausibilität der Verordnung überprüfen und dokumentieren müssen. Vergütet werden bislang nur der Einkauf der Grundstoffe und die Herstellung des Medikaments. Anders als bei Fertigarzneimitteln gibt es keine Gebühr für Beratung und Abgabe. Das ist nicht nachvollziehbar, da Rezepturarzneimittel oft besonders beratungsintensiv sind.
Die im sogenannten Pharmagesetz vorgesehene bessere Vergütung von Rezepturen ist längst überfällig. Mit der Einführung einer Abgabe- und Beratungsgebühr – analog zu der bei Fertigarzneimitteln – und der Erhöhung der Arbeitspreise für die Herstellung der Rezepturen, würde die Politik nur geraderücken, was in den vergangenen Jahren ordentlich in Schieflage geraten ist. Wenn der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nun von einer »überzogenen Gesamtvergütung« spricht (lesen Sie dazu Pharmagesetz: ABDA gegen exklusive Rabattlose), kann man nur den Kopf schütteln. Was kann man den Gesundheitspolitikern raten, wenn die Kassen bei ihnen auf der Matte stehen und fordern, die Vergütung für Rezepturen doch nicht zu erhöhen? Am besten machen die Politiker einfach einen Plausi-Check. Dann stellen sie schnell fest, dass die Argumentation des GKV-Spitzenverbandes nicht einleuchtend ist.
Sven Siebenand
Stellvertretender Chefredakteur