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Pharmagesetz

ABDA gegen exklusive Rabattlose

24.08.2016  09:56 Uhr

Von Christina Müller / Die ABDA geht mit den Ausschreibungen für Zytostatika und der exklusiven Vergabe von Rabattverträgen hart ins Gericht. Mit Blick auf den Entwurf des sogenannten Pharmagesetzes hält sie den Gesetzgeber an, beides zu verbieten. Die Kassen rütteln derweil am geplanten Vergütungsplus für die Apotheken.

Schließen die Krankenkassen mit lediglich einem Arzneimittelhersteller einen Rabattvertrag ab, erhöht dies das Risiko für Lieferengpässe. So sieht es die ABDA und fordert daher in ihrer am Dienstag veröffentlichten Stellung­nahme zum Referentenentwurf des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes, die exklusive Vergabe von ­Rabattlosen zu unterbinden.

 

Sofern mehrere Firmen das betreffende Medikament anbieten, sollten demnach mindestens zwei pharmazeutische Unternehmer den Zuschlag erhalten. »Im Ergebnis könnten Sparpotenziale weiter gehoben werden, die Versorgung der Patienten gesichert und unnötiger Aufwand in den Apotheken beim Auftreten von Lieferengpässen vermieden werden«, so die Bundesvereinigung. Damit stützt sie die Position des Branchenverbands Pro Generika, der sich in seiner Stellungnahme zum geplanten Gesetz ebenfalls für eine generelle Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen ausspricht.

 

Zudem dringen die Apotheker darauf, die umstrittenen Ausschreibungen bei Zytostatika zu verbieten. Dieses Instrument eigne sich für standardisierte Leistungen, in denen eine Orientierung am Massenprodukt für Leistungserbringer wie -empfänger von Vorteil ist. »Im Falle der patientenindividuellen Versorgung fördern Ausschreibungen hingegen die Gefahr gravierender Einbußen im Versorgungsniveau und steigender Kosten, wenn nur noch wenige Anbieter den Markt beherrschen.«

 

Die ABDA fürchtet, dass europaweite Ausschreibungen, wie sie aktuell mehrere AOKs planen, die bestehende Versorgungsstruktur zerstören könnten. Sie begünstigten die Bildung eines Oligopols, da jene Anbieter privilegiert würden, die sich ausschließlich auf die Herstellung von Zytostatika konzentrieren. Ein Ausscheiden der Zytostatika herstellenden Apotheken aus dem Geschäft wäre laut Bundesvereinigung gleichbedeutend mit einem »enormen Verlust an Fachkompetenz in der onkologischen Versorgung«. Die Bedürfnisse der Patienten blieben dabei auf der Strecke. Unterstützt wird die Kritik der ABDA von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Auch sie lehnt Ausschreibungen wie die der AOK ab. Zytostatika sollten grundsätzlich von öffentlichen oder Krankenhausapotheken hergestellt werden.

 

ABDA fordert Klarstellung

 

Darüber hinaus fordert die ABDA mit Blick auf Vereinbarungen zwischen Landesapothekerverbänden und Krankenkassen eine Klarstellung: Während die Rechte und Pflichten bei der Abgabe verordneter Arzneimittel im Rahmenvertrag zwischen Deutschem ­Apothekerverband und Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) geregelt sind, können die Landesapothekerverbände mit einzelnen Krankenkassen auf Länderebene ergänzende Verträge zu Dienstleistungen schließen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abgabe von Medikamenten stehen. Laut Bundesvereinigung fallen darunter auch Dienstleistungen im Bereich der Prävention.

Diese Rechtsgrundlage hätten Aufsichtsbehörden – etwa das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege – jedoch in der Vergangenheit immer wieder angezweifelt. »Infolgedessen werden solche Dienstleistungen den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung vorenthalten, obwohl die Krankenkassen und die Apotheken bereit sind, entsprechende Angebote zu unterbreiten.« Daher schlägt die ABDA vor, im Gesetz zu verankern, dass auch pharmazeutische Dienstleistungen Gegenstand solcher Verträge sein können.

 

Zufrieden ist die ABDA dagegen mit dem geplanten Vergütungsplus für Apotheken von jährlich rund 100 Millionen Euro, das sich aus einer verbesserten Honorierung der Herstellung und Abgabe von Rezepturen sowie einer Anhebung der Gebühren für dokumentationspflichtige Arzneimittel zusammensetzt. Der GKV-Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung weigert sich jedoch, für Rezepturen und Dokumentationsaufwand tiefer in die Tasche zu greifen. »Seitens der Apotheker wurden zu keinem Zeitpunkt empirische Daten vorgelegt, die die Notwendigkeit einer Erhöhung der Vergütung für Apotheken belegen würden«, so die Kassen in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf. Demnach widerspricht etwa die Einführung eines Festzuschlags von 8,35 Euro für Rezepturarzneimittel, wie er bereits für Fertigarzneimittel existiert, der Systematik der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) aus dem Jahr 2004. Dies führe zu einer »überzogenen Gesamtvergütung«, heißt es. Der GKV-Spitzenverband fordert, vor der Anpassung des Apothekenhonorars die Ergebnisse eines entsprechenden Forschungsprojekts abzuwarten, welches das Bundeswirtschaftsministerium im Frühjahr 2016 in Auftrag gegeben hat.

 

Kosten querfinanziert

 

Die Anpassung der Rezepturvergütung dürfe nicht unabhängig von der Vergütung für Fertigarzneimittel betrachtet werden, mahnen die Kassen. Die Höhe der Rezepturzuschläge sei gemäß AMPreisV so festgelegt, dass dieser Posten über die Abgabe von Fertigarzneimitteln querfinanziert würde. »Eine signifikante Erhöhung der Vergütung von Rezepturen muss also entsprechend der Systematik dazu führen, dass auch die Vergütung für die Abgabe von Fertigarzneimitteln angepasst wird.« Ein steigendes Honorar für die Rezepturen erfordere demnach ein Absenken des Festzuschlags von 8,35 Euro auf Fertigarzneimittel und des prozentualen Festzuschlags von 90 Prozent auf Rezeptursubstanzen sowie eine Deckelung der 3-Prozent-Marge für Apotheken.

 

Das Parlament wird voraussichtlich im Herbst in erster Lesung über den Gesetzentwurf beraten. /

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