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Apothekenhonorar

Protestaktion in Kiel

14.08.2012  18:19 Uhr

Von Daniela Biermann, Kiel / Fast 50 Apotheker demonstrierten vergangene Woche vor dem Landtag in Schleswig-Holstein gegen die betriebswirtschaftlich schlechte Lage vieler Apotheken. Bei der anschließenden Pressekonferenz räumten Apothekeninhaber und Angestellte mit einigen Vorurteilen über gutverdienende Apotheker auf.

»Wir sind keine Zitronen, die man endlos ausquetschen kann« – Mit Plakaten, Tröten und Rasseln machten selbstständige und angestellte Apotheker am vergangenen Mittwoch ihrem Unmut Luft und hofften auf Verständnis von Landespolitik und Medien. Mit der derzeit auf Bundesebene geplanten Honorarerhöhung von lediglich 25 Cent pro abgegebener Medikamentenpackung drohe vielen Apotheken im Flächenland Schleswig-Holstein das Aus, warnten Apothekerkammer und -verband im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz. Die Aktion war sehr kurzfristig erst am Vortag angekündigt worden.

 

Viele schreiben rote Zahlen

 

Seit 2010 hätten in Schleswig-Holstein 25 Betriebe schließen müssen, berichtete Kammerpräsident Gerd Ehmen. Derzeit gibt es im Land noch 713 Apotheken. Rund 50 bis 70 der Betriebe schreiben nach Verbandsangaben jedoch rote Zahlen. Rund 30 Prozent aller Apothekeninhaber würden mittlerweile schlechter verdienen als ihre Approbierten, so der Verband. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Approbierten verhältnismäßig wenig im Vergleich mit anderen Akademikern oder Apothekern in der Industrie oder Verwaltung verdienen.

Betroffen sind vor allem ländliche Gebiete und Vororte, aber auch einige größere Apotheken in den Städten. Wie kritisch die Lage sei, zeige auch die Bereitschaft, auf die Straße zu gehen, sagte Ehmen. Die flächendeckende Versorgung sowie die Arbeitsplätze der Angestellten seien gefährdet. Daher sei es auch im Interesse des Landes, gegen die vom Bundesministerium für Wirtschaft geplante zu geringe Aufstockung des Apothekerhonorars zu protestieren.

 

25 Cent pro Packung sind laut Ehmen nicht mehr als ein Flaschenpfand. »25 Cent sind nicht einmal ein Viertel dessen, was wir brauchen«, ergänzte der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese. Dabei gehe es nicht um mehr Gewinn für die Apothekeninhaber, sondern darum, keine roten Zahlen zu schreiben, die Mitarbeiter gerecht zu entlohnen und ein angemessenes Einkommen zu erzielen.

 

Auch die angestellte Apothekerin Mareike Schulze sieht ihre Existenz bedroht. Es sei schwer, bei den Patienten Verständnis für die Lage der Apotheker zu wecken. Zu sehr sei das Bild durch die negative Berichterstattung in den Medien geprägt. »Dabei macht doch die Mehrwertsteuer einen viel größeren Teil der Arzneimittelkosten aus«, so Schulze.

 

Zu viel Bürokratie

 

Während der Pressekonferenz ging es den Apothekern vor allem um eine transparente Erläuterung, wie sich ihr Honorar zusammensetzt. Auch forderten sie eine Anerkennung ihrer Leistung, sowohl vom pharmazeutischen Standpunkt aus als auch in Hinsicht auf die bürokratische Arbeit bei der Umsetzung der Rabattverträge. Ohne diese wären die Milliardeneinsparungen bei den Arzneimitteln gar nicht möglich, betonte Verbandschef Froese. »Die Bürokratie verleidet uns im täglichen Einsatz die Freude am Beruf. Wir können immer weniger tun, was wir eigentlich wollen, nämlich unsere Patienten beraten.«

 

Das hat sich bis zu den Schulabgängern und Studenten herumgesprochen. Immer weniger wollen eine eigene Apotheke eröffnen oder übernehmen – auch, weil sie bei Banken keine Finanzierung mehr bekommen. Das Risiko einer Pleite ist zu hoch. Deshalb schließen gerade auf dem Land immer mehr Apotheken, die keinen Nachfolger finden. Gleiches gilt schon seit Jahren für Arztpraxen. Es sei Aufgabe der Politik, die Strukturen der Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten, betonte Froese. »Apotheken sterben langsam und schmerzhaft«, ergänzte Verbands-Geschäftsführer Dr. Thomas Friedrich. Auch wenn sich der Betrieb schon länger nicht mehr lohne, müssten viele Apotheken weitermachen, da sie noch in Miet- und Software-Verträgen stecken. Dazu müssten einige sogar auf ihre Altersvorsorge und Erspartes zurückgreifen, so Friedrich.

 

Immerhin: Das Medienecho auf die Veranstaltung war überwiegend positiv. Die Apotheker wollen weiter für eine faire Vergütung bei Patienten, Politikern und Journalisten werben. So wollen Kammer und Verband in Schleswig-Holstein in Kürze mit der neuen Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) sprechen. /

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