Die Pandemie ist beendet |
17.08.2010 16:42 Uhr |
Von Christina Hohmann / Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Warnstufe 6 der Influenza-Pandemie aufgehoben und die Pandemie für beendet erklärt. Das H1N1-Virus sei damit aber nicht verschwunden – es wird voraussichtlich als saisonales Grippevirus weiter zirkulieren.
»Wir treten jetzt in eine post-pandemische Phase ein«, heißt es in einer Pressemitteilung von Dr. Margaret Chan, der WHO-Direktorin, von vergangener Woche. Grundlage dieser Entscheidung sei die momentane globale Situation: Das Ausmaß und das Muster der Verbreitung des Schweinegrippe-Erregers, Influenza A (H1N1) 2009, im Augenblick unterscheide sich stark von der Situation während der Pandemie.
Ein großer Teil der Bevölkerung in den meisten Ländern hätte bereits eine Immunität gegen das Virus erlangt, ungewöhnliche Sommer-Grippeepidemien seien weder auf der Nord- noch auf der Südhalbkugel aufgetreten. Zudem sei H1N1 (2009) nicht mehr der einzige kursierende Stamm wie zur Zeit der Pandemie, als er stark dominierte und andere Virusstämme fast vollständig verdrängt hatte. Verstärkt träten jetzt auch wieder Infektionen mit H3N2- oder Influenza-B-Stämmen auf, heißt es in der Pressemitteilung.
Der Eintritt in die post-pandemische Phase bedeute aber nicht, dass H1N1 (2009) verschwunden ist. Erfahrungen aus anderen Pandemien hätten gezeigt, dass der Erreger noch einige Jahre kursieren wird. Wachsamkeit sei daher weiterhin wichtig. »Pandemien und die verursachenden Viren sind unvorhersehbar«, so Chan. Dies treffe auch auf die post-pandemische Phase zu. Es sei wahrscheinlich, dass H1N1 (2009) weiterhin schwere Erkrankungen bei jungen Menschen hervorrufen kann. Den verfügbaren Daten zufolge werden auch in der post-pandemischen Phase Kleinkinder, Schwangere und chronisch Kranke ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Daher empfiehlt die WHO weiterhin eine Impfung gegen H1N1 (2009). Dies könne mit einem monovalenten oder mit einem trivalenten Impfstoff geschehen. Die saisonalen Grippeimpfstoffe, die dieses Jahr in Deutschland auf den Markt kommen, werden das pandemische H1N1-Virus sowie eine H3N2-Komponente und einen Influenza-B-Stamm enthalten. Der saisonale Impfstoff schützt somit auch vor der Schweinegrippe. Die Pandemievakzine ist somit überflüssig geworden (siehe dazu Pandemie-Impfstoffe: Bund will nicht zahlen).
Dass das Pandemievirus in der saisonalen Vakzine enthalten ist, kann in der Bevölkerung und in Fachkreisen zu einigen Fragen führen: Sollen sich Personen, die im vergangenen Jahr den Pandemieimpfstoff erhalten haben, dieses Jahr gegen Grippe impfen lassen? Wie lange besteht ein Schutz gegen H1N1? Ist mit vermehrten Nebenwirkungen bei der Nachimpfung zu rechnen? Umfassende Antworten auf Fragen zum Impfstoff und Impfmanagement hat das Robert-Koch-Institut zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut in einer Broschüre zusammengestellt, die im Internet abrufbar ist unter www.rki.de, in der Rubrik Infektionsschutz – Impfen.
Dort informieren die beiden Institute, dass der Pandemieimpfstoff vermutlich eine langandauernde Immunität hervorruft. Da er einen Wirkverstärker enthielt, führte er zu hohen Antikörpertitern. Zudem habe sich das Virus seit vergangenem Jahr nicht stark genetisch verändert, sodass bei Geimpften noch eine Immunität vorhanden sein könnte. Eine Basisimmunisierung gegen H1N1 (2009) mit der Pandemievakzine könnte mit der Impfung gegen saisonale Grippe dieses Jahr optimiert werden. Ob der noch vorhandene Immunschutz ausreicht, um eine Erkrankung zu verhindern, sei nicht klar, heißt es in dem Dokument weiter. Zudem würden vermutlich auch H3N2- und Influenza-B-Stämme diesen Winter kursieren. Das RKI rät daher allen Risikogruppen, sich mit dem saisonalen Grippeimpfstoff immunisieren zu lassen. Hierzu gehören alle Personen über 60 Jahre, Schwangere, chronisch Kranke (zum Beispiel mit Herz- oder Kreislaufkrankheiten, Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten, chronische neurologische Grundkrankheiten wie Multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben, Immundefizienz oder HIV-Infektion) sowie für Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen und medizinisches Personal.
Keine Kontraindikation
Wer sich im vergangenen Jahr gegen Schweinegrippe hat impfen lassen, kann in diesem Jahr auch den saisonalen Impfstoff erhalten. »Die frühere Impfung mit einem pandemischen H1N1-Impfstoff stellt keine Kontraindikation dar«, informieren die beiden Institute. Bereits in der vergangenen Saison wurden viele Menschen gleichzeitig oder kurz hintereinander gegen saisonale Influenza und gegen Schweinegrippe geimpft, ohne dass vermehrt über Nebenwirkungen berichtet wurde. Mit verstärkten Nebenwirkungen bei der Wiederholungsimpfung sei nicht zu rechnen. Die Institute weisen darauf hin, dass alle saisonalen Impfstoffe keinen Wirkverstärker enthalten. Eine Ausnahme bildet dabei der Grippeimpfstoff Fluad®, der speziell für Personen über 65 Jahre entwickelt wurde. /