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Differenzialdiagnosen

Asthma, COPD und ACO

06.08.2018  14:51 Uhr

Von Michael Schmidt / Asthma und COPD unterscheiden sich ­wesentlich in Symptomen, Befunden, Therapie und Prognose. Meistens sind die Krankheitsbilder klar voneinander abgrenzbar. Aber es gibt auch Patienten mit einer obstruktiven Atemwegs­erkrankung, die nicht sicher zuzuordnen ist. Experten ­sprechen dann von einem Asthma-COPD-Overlap, kurz ACO.

Die aktuelle Definition für das Krankheitsbild Asthma lautet (1): »Asthma ist eine heterogene, multifaktorielle, meist chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die meist durch eine bronchiale Hyperreagibilität und/oder eine variable Atemwegs­obstruktion charakterisiert ist und sich klinisch durch respiratorische Symptome (Luftnot, Brustenge, Giemen, Husten) wechselnder Intensität und Häufigkeit äußern kann.« Man schätzt die Prävalenz in der Bevölkerung auf 10 Prozent der Kinder und 5 Prozent der Erwachsenen. In Deutschland sind etwa 1,3 Millionen Kinder und 3,6 Millionen Erwachsene (Stand 2016) an Asthma erkrankt.

Asthma-Pathophysiologie gut erforscht

 

Die Pathophysiologie des Asthma ist gut untersucht (Abbildung 1). Das Bronchialepithel setzt proinflammatorische Mediatoren frei und reagiert mit übermäßiger oder fehlerhafter Sekretion (Hyper- und Dyskrinie). Die subepithe­liale Bindegewebsmatrix nimmt zu und fixiert die Obstruktion.

 

Dendritische Zellen initiieren die Sensibilisierung gegenüber Allergenen durch Differenzierung von T-Zellen in proinflammatorische Th2-, Th9- und Th11-Zellen. Diese antigenspezifischen Helferzellen stoßen über Zytokine ­(Interleukin IL-4, IL-5, IL-9, IL-13) die ­Aktivierung von Eosinophilen und Plas­mazellen an. Die Plasmazellen produ­zieren allergenspezifisches IgE, das wiederum Mastzellen zur Ausschüttung von bronchokonstriktorischen und proinflammatorischen Mediatoren stimuliert.

 

Über das Bronchienepithel können auch die angeborenen lymphoiden Zellen (ILC2) des Immunsystems aktiviert werden, die auf nicht-allergischem Weg IL-5 und IL-13 freisetzen und Eosinophile oder glatte Muskelzellen stimulieren (Abbildung 1 rechts). Die Eosinophilen als gemeinsame Endstrecke der TH2- und ILC2-Stimuli chronifizieren die Entzündung.

 

Auch eine Reihe von neuromuskulären Veränderungen ist bei chronischen Entzündungen zu finden. Die glatte Muskulatur selbst setzt Mediatoren frei, ebenso die sensorischen Nerven. Der dysfunktionale M2-Rezeptor führt zu vermehrter Obstruktion. Die Blutgefäße der Submucosa sind vermehrt und lassen Entzündungszellen leichter ins Gewebe passieren.

 

Ziemlich sicher gibt es eine genetische Disposition zum Asthma. Allerdings sind unterschiedliche Gene beteiligt, was sich vielleicht in den »bunten« Phänotypen zeigt. Im Kindesalter sind eher Knaben, im Erwachsenenalter eher Frauen betroffen. Adipöse Asthmatiker haben den ungünstigeren Verlauf und sprechen schlechter auf die Therapie an. Psychosozialer Stress führt ebenfalls zu schwererem Verlauf der Erkrankung. Exogene Faktoren für die Entstehung oder Exazerbation sind Inhalationsallergene, Luftverschmutzung oder Atemwegsinfekte, später im Leben auch berufliche Expositionen oder Tabakrauch. Ob ein Vitamin-D-Mangel die Asthmaentstehung fördert, bleibt umstritten.

 

Mehrere Phänotypen

Man kann heute einige Phänotypen unterscheiden, zum Beispiel das allergische von nicht-allergischem (intrin­sischem) Asthma. Bei allergischem Asthma kann eine Immuntherapie ­(Hyposensibilisierung) erwogen werden. 30 bis 50 Prozent der Erwachsenen haben keine Allergie.

 

Das Type-2-high-Asthma ist durch aktivierte Th2- und ILC2-Zellen gekennzeichnet. Diese hoch entzündliche Form spricht gut auf inhalative Corticosteroide (ICS) oder Anti-Interleukine an.

 

Das eosinophile Asthma ist über Sputum- oder Blut-Eosinophilie nachweisbar. Es reagiert gut auf ICS und auf Anti-IgE (Omalizumab), Anti-IL-4-Rezeptorantagonisten (Dupilumab) sowie Anti-IL-5-Biologika wie Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab.

 

Patienten mit Cough-Variant-Asthma leiden unter trockenem Husten. Oft besteht auch eine Rhinitis und Sinusitis. Viele entwickeln später ein typisches Asthma.

 

Bei Aspirin-Intoleranz (COX-1-Hemmer-Intoleranz) sind auch die Bronchien ­betroffen. Hochleistungssportler und herumtobende Kinder können eine ­Anstrengungs-induzierte Bronchokonstriktion entwickeln. Ein Teil von ihnen hat tatsächlich Asthma. Ob das Asthma der Älteren eine eigene Krankheitsentität ist, ist unbekannt.

 

Wegen der therapeutischen Konsequenzen ist das schwere therapierefraktäre Asthma hervorzuheben. Trotz hoch dosierter ICS und lang wirksamer ß2-Antagonisten, gegebenenfalls plus lang wirksamer Anticholinergika kann diese Asthmaform nicht beherrscht werden.

 

Diagnostik: Anamnese und apparative Untersuchungen

 

An ein Asthma ist zu denken, wenn der Patient über exspiratorische Atemnotattacken oder trockene Husten­anfälle mit Atemnot klagt, häufig auch nachts. Die Anamnese deckt sehr wechselhafte Symptome auf wie exspiratorische Luftnot, Brustenge, pfeifende Atemgeräusche und Husten. Der Patient kennt oft schon seine Auslöser: Atemwegsinfekte, körperliche Belastung, Inhalation von Rauch, Lachen oder Witterungswechsel. Wichtig ist die Allergieanamnese, mit der saisonale und perenniale Allergene benannt werden. Außerdem sollte ­immer nach Erkrankungen im HNO-Bereich gefragt werden: Die Kombination von Asthma und Rhinitis/Sinusitis ist häufig.

 

Bei der körperlichen Untersuchung des symptomatischen Patienten sind Rasselgeräusche (Giemen und Brummen) auszukultieren, die Lunge kann überdehnt sein. Dann steht das Zwerchfell tief und der Klopfschall ist besonders laut (hypersonor). Beim asymptomatischen Patienten können alle Untersuchungen unauffällig sein.

Die einfachste diagnostische Methode ist ein Peakflow-Protokoll. Der Patient misst nach Unterweisung zweimal täglich den Peakflow und trägt den Messwert in ein Wochenprotokoll ein (Abbildung 2). Daraus wird die Variabilität des Peakflow berechnet: ((Maximalwert der Woche – Minimalwert) : Maximalwert) x 100 (Prozent). Wenn die Schwankungen über 10 Prozent liegen, ist ein Asthma sehr wahrscheinlich. Mit den Lungenfunktionsmesswerten Vitalkapazität (VC), Einsekundenkapazität (forciertes Exspirationsvolumen der ersten Sekunde, FEV1) und maximalem exspiratorischen Fluss bei 50 Prozent der VC (MEF50) kann die obstruktive Atemwegserkrankung ausreichend beschrieben werden.

 

Wichtig ist der Reversibilitätstest. Man gibt nach der Initialmessung ein inhalatives kurz und schnell wirk­sames ß2-Adrenergikum und misst nach 15 Minuten erneut die Werte. Die Atemwegsobstruktion ist reversibel, wenn sich das FEV1 um wenigstens 12 Prozent (und wenigstens 200 ml) verbessert. COPD-Bronchien brauchen wesentlich länger als 15 Minuten; hier fällt der Reversibilitätstest negativ aus.

 

Bei Patienten im asymptomatischen Intervall kann man einen leichten Bronchospasmus durch Inhalation von stufenweisen Metacholin-Verdünnungen hervorrufen. Wenn das FEV1 um 20 Prozent abnimmt, ist der Test auf bronchiale Hyperreagibilität positiv.

 

Im Sputum und im Blut kann man die Eosinophilenzahl bestimmen und einen Hinweis auf ein eosinophiles Asthma erhalten. Im Serum findet man Gesamt-IgE und antigenspezifisches IgE, was bei einem allergischen Asthma erhöht sein sollte. In der Ausatemluft ist Stickstoffmonoxid messbar (FeNO). NO ist ein unspezifischer Entzündungsmarker, mit dem man den inhalativen Corticosteroid-Bedarf abschätzen kann, vor allem bei Type-2-high-Asthma.

 

Wenigstens einmal im Krankheitsverlauf sollte eine Allergiediagnostik erfolgen. Nach der speziellen Anamnese folgt ein Hauttest mit den häufigeren Inhalationsallergenen. Wichtige Allergene sind Pflanzenpollen, Tierhaare, Hausstaubmilben und Schimmelpilzsporen. Im Serum kann man das allergenspezifische IgE nachweisen. Bronchiale Provokationstests sind risikoreich und eher selten erforderlich. Diagnostische Karenzversuche sind bei ubiquitären Allergenen eher schwierig.

 

Ein Asthma ist eher wahrscheinlich, wenn 

  • eine typische Anamnese vorliegt,
  • eine akut reversible Atemwegsob­struktion gefunden wurde,
  • die Peakflow-Variabilität groß ist oder eine bronchiale Hyperreagibilität nachweisbar war,
  • die Therapie gut anschlägt.

Unwahrscheinlich ist ein Asthma, wenn die Symptome untypisch sind, nie eine obstruktive Ventilationsstörung zu finden war und keine Reversibilität oder bronchiale Hyperreagibilität nachzuweisen ist. Chronischer Husten mit Auswurf, inspiratorische Luftnot, reine Belastungsatemnot oder aktives Rauchen sprechen eher für eine COPD.

 

Therapieziel: ­Asthmakontrolle

Weil ein typisches Asthma gut auf eine inhalative Therapie anspricht, ist die Einteilung in Schweregrade »out« und es wird nur noch von Asthmakontrolle gesprochen. Für folgende Kriterien vergibt man gegebenenfalls je einen Score-Punkt:

 

  • Gibt es Symptome tagsüber: ≤ 2x pro Woche oder > 2x pro Woche?
  • Treten nachts Symptome auf?
  • Ist eine Bedarfsmedikation erforderlich: ≤ 2x pro Woche oder > 2x pro Woche?
  • Gibt es Aktivitätseinschränkungen?
  • Ist das FEV1 vermindert?
  • Gab es länger zurückliegend eine ­Exazerbation? Gibt es eine aktuelle Exazerbation?

Bei null Punkten spricht man von kon­trolliertem Asthma, bei einem bis zwei Punkten von teilweise kontrolliertem Asthma. Wer drei oder vier Punkte erreicht, hat ein unkontrolliertes Asthma. Therapieziel ist das kontrollierte Asthma. Entsprechend wird die Therapie­intensität stufenweise gesteigert oder gesenkt.

 

Die typische COPD

Eine COPD wird heute so definiert (2): »Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist charakterisiert durch eine persistierende und üblicherweise progrediente Atemwegsobstruktion. Die COPD ist assoziiert mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion in den Atemwegen, die durch die langjährige Inhalation von Partikeln und Gasen ausgelöst wird. Exazerbationen und Komorbiditäten können den Schweregrad der Erkrankung mitbestimmen.«

 

Man schätzt die Prävalenz in Deutschland auf etwa 5 bis 10 Prozent der Erwachsenen; damit sind zwischen 3,6 und 7,2 Millionen Menschen an COPD erkrankt.

 

Sichere genetische Faktoren gibt es nur beim sehr seltenen α1-Proteinase-Inhibitormangel. Womöglich besteht eine genetische Komponente bei der oft vorhandenen leichten bronchialen Hyperreagibilität. Die rasche Entwicklung des Lungenemphysems könnte durch eine genetische Störung des ­Lungenwachstums befördert werden. Exogene Faktoren sind inhalativer Tabak­konsum, berufliche Noxen, Umweltschadstoffe, Störungen der intrauterinen und frühkindlichen Entwicklung, häufige Atemwegsinfekte in der Kindheit und ein geringer sozioökonomischer Status.

 

Diagnostik: Anamnese weist den Weg

 

An eine COPD denkt man bei einem Patienten nach zehn Packyears (PY) oder bei beruflicher Belastung, wenn er öfter im Jahr und länger als je drei Wochen über Husten mit Auswurf und Belastungsatemnot klagt. In der Anamnese findet man meist Tabak­konsum. Ein Packyear bedeutet den Konsum von 365 Päckchen im Jahr. Werden zwei Päckchen Zigaretten pro Tag geraucht, erreicht man 1 PY schon nach sechs Monaten. Wie Nikotinverdampfer (E-Zigaretten) einzustufen sind, ist noch nicht entschieden.

 

Es gibt auch viele berufliche Schadstoffe, zum Beispiel organische und anorganische Stäube, Gase oder Dämpfe. Eine Frühgeburt oder häufige Atemwegsinfekte in der Kindheit sind Risikofaktoren. Bekannte Allergien könnten eher für ein Asthma sprechen. Wichtig ist es, die Komorbiditäten zu erkennen, weil sie oftmals den Verlauf der Erkrankung bestimmen. Körperliche Aktivität und Sport verzögern den ungünstigen Verlauf. Zuletzt erkundigt sich der Arzt nach der aktuellen Medikation.

 

Bei der körperlichen Untersuchung findet der Arzt über der Lunge beidseits fast immer exspiratorische Rasselgeräusche (Giemen, Pfeifen, Brummen); das Zwerchfell steht tief bei ­reduzierter Beweglichkeit. Spät im Verlauf der COPD besteht eine Zyanose, die sich beim Gehen in der Ebene verstärkt.

 

Eine Thorax-Röntgenaufnahme dient gegebenenfalls dem Ausschluss einer Pneumonie. Ein beginnendes ­Lungenemphysem ist nur im hoch ­auflösenden Computertomogramm zu ­erkennen. Wichtiger ist eine Lungenfunktionsprüfung. Mit den Messwerten Vitalkapazität (VC), Einsekundenkapazität (FEV1) und dem mittleren Fluss bei 50 Prozent der VC (MEF50) ist die Atemwegsobstruktion gut zu erkennen.

 

Typisch für die COPD ist das sehr langsame Ansprechen auf inhalative Bronchospasmolytika, das heißt der übliche Bronchospasmolysetest innerhalb von 15 Minuten verläuft negativ – im Gegensatz zum Asthma.

 

Aufschluss über das Lungenemphysem kann die ganzkörperplethysmographisch bestimmte funktionelle Residualkapazität (FRC-pleth) geben. Dass beim Emphysem der Gasaustausch der Lunge reduziert ist, kann eine Diffu­sionsmessung mit Kohlenmonoxid (DLCO) nachweisen. Sehr hilfreich ist dabei auch die Messung der Sauerstoffsättigung (SpO2) mit dem Pulsoximeter unter leichter Belastung. Im ­Serum sollte einmal die Konzentration des α1-Proteinase-Inhibitors bestimmt werden.

Tabelle 1: Einteilung der COPD-Grade nach Exazerbationsrate und Einschränkung/Belastbarkeit

Grad Symptome Exazerbationen
A mMRC ≤ 1 CAT < 10 CCQ < 1 ≤ 1/Jahr, ambulant behandelt
B mMRC ≥ 2 CAT ≥ 10 CCQ ≥ 1 ≤ 1/Jahr, ambulant behandelt
C mMRC ≤ 1 CAT < 10 CCQ < 1 ≥ 2/Jahr oder Krankenhaus-Behandlung
D mMRC ≥ 2 CAT ≥ 10 CCQ ≥ 1 ≥ 2/Jahr oder Krankenhaus-Behandlung

mMRC: modifizierter Score nach Medical Research Council (4); CAT: COPD Assessment Test (5); CCO: COPD Control Questionaire (6)

Neue Schweregrade

 

Die lange bekannte Schweregradeinteilung der Global Initiative on Ob­structive Lung Disease (GOLD) anhand der FEV1 wird nicht mehr empfohlen, weil der Bezug zu Krankheitsverlauf und Prognose nicht sehr zuverlässig ist. Jetzt sollte man den Schweregrad nach A, B, C und D einteilen (Tabelle 1).

 

Ein Patient mit COPD-Grad A hat sehr selten Exazerbationen und ist kaum eingeschränkt. Ein Patient mit COPD-Grad D hat häufig Exazerbationen und ist massiv durch die Erkrankung behindert: Er hat eine schlechte Überlebensprognose.

 

Exazerbationen

 

Die aktuelle Definition lautet (2): »Eine COPD-Exazerbation ist eine akute, über mindestens zwei Tage anhaltende Verschlechterung der respiratorischen Symptome mit der Notwendigkeit einer Intensivierung der Therapie.« Die Patienten haben meist mehr Atemnot, mehr Husten, größeres Auswurfvolumen und eine Gelbverfärbung des Sputums.

Es ist wichtig, Exazerbationen schnell zu erkennen und zu behandeln. Bei den kränkeren Patienten ab COPD-Grad C führen die Exa­zerbationen stufenweise zur Ver­schlimmer­ung. Viele Todesfälle finden während einer Exazerbation statt.

 

Leichte Exazerbationen können die Patienten mit einer zusätzlichen Gabe von kurz wirksamen Bronchodilatatoren selbst behandeln. Mittel­schwere Episoden erfordern systemische Corticosteroide und Antibiotika. Schwere Exazerbationen machen eine Krankenhaus­be­hand­lung notwendig. Sehr schwere Exa­zerba­tionen werden auf Intensivstationen oder Inter­mediate-Care-Stationen behandelt, weil zum Beispiel eine nicht-invasive Beatmung erforderlich wird.

 

Viele Komorbiditäten

 

Die großen Studien zur Medikamentenwirkung in den 1990er-Jahren haben unter anderem gezeigt, dass COPD-Patienten keineswegs immer an der Bronchienverengung oder am ­Lungenemphysem sterben. Es sind vorwiegend die Begleitkrankheiten, die die Prognose verschlechtern.

 

Tabakrauchen fördert eine Arteriosklerose. Dies ist die gemeinsame ­Ursache von Lungenemphysem und koronarer Herzkrankheit, von Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Links­herzinsuffizienz, peripherer arterieller Verschlusserkrankung der Beine, Hirndurchblutungsstörungen und Apoplex. COPD-Patienten erleiden häufiger Lungenkrebs.

 

Durch einen katabolen Stoffwechsel entstehen Anämie, Osteoporose und Muskeldysfunktion, was vor allem am Zwerchfell dramatische Folgen hat. Viele COPD-Patienten sind depressiv, nehmen dadurch ihre Medikamente nur unregelmäßig und sind körperlich weitgehend inaktiv. Offensichtlich kommt ein metabolisches Syndrom häufiger vor.

Tabelle 2: Wichtige Merkmale zur Differenzierung von Asthma und COPD

Merkmale typisches Asthma typische COPD
Alter bei Erstdiagnose Kindheit, Jugend > 50. Lebensjahr
Tabakrauchen selten aktiv, Verschlimmerung bei ­Passivrauchen aktiver Raucher, andere inhalative Noxen
Hauptsymptom Atemnotanfall Belastungsdyspnoe
Verlauf episodisch, variabel, oft symptomfrei immer symptomatisch, progredient trotz Behandlung
Allergie häufig eher selten, nie kausal
Atemwegsobstruktion variabel, auch episodisch immer nachweisbar
Reversibilität oft voll reversibel nie voll reversibel
DLCO unauffällig oft reduziert
bronchiale Hyperreagibilität meist nachweisbar eher selten
FeNO oft erhöht normal bis niedrig
Bluteosinophilie oft nachweisbar nur bei Exazerbation
Ansprechen auf Corticosteroide regelhaft nur bei Exazerbation

Differenzialdiagnose ­Asthma versus COPD

 

Bislang wurden die typischen Krankheitsbilder dargestellt, Asthma und COPD haben aber sehr bunte Ausprägungen und zumindest Asthma verschiedene Phänotypen. Das ist bei solchen Gegenüberstellungen immer zu berücksichtigen. Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Unterschiede zwischen typischem Asthma und typischer COPD.

 

Asthma wird meist im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert. Eine COPD entwickelt sich nach jahrelanger Schadstoffbelastung, sie trifft also nur Erwachsene. Nur wenige Asthmatiker rauchen, COPD-Patienten fast immer. Typisch für das Asthma sind Atemnot- und Hustenanfälle, typisch für die COPD ist die exspiratorische Belastungsatemnot. Asthma kann völlig symptomfreie Episoden aufweisen, die COPD macht immer Symptome. Allergien sind typisch für das allergische Asthma, COPD-Patienten haben selten Allergien.

 

Bei der Untersuchung findet man bei Asthma keineswegs immer eine obstruktive Ventilationsstörung, bei COPD ist sie konstant nachweisbar und darüber hinaus progredient. Der positive Reversibilitätstest ist typisch für Asthma, ebenso der positive Test auf bronchiale Hyperreagibilität. Der positive FeNO-Test gehört zum hoch entzündlichen eosinophilen oder Type-2-high-Asthma. Eine Blut-Eosinophilie ist bei COPD nur ausnahmsweise oder bei Exazerbationen zu finden. Asthma spricht fast immer sehr gut auf inhalative Corticosteroide an, die COPD kaum.

 

Asthma-COPD-Overlap

Es gibt aber immer wieder Patienten mit einer obstruktiven Atemwegserkrankung, die nicht sicher einem Asthma oder einer COPD zuzuordnen ist. Manche haben Symptome und Befunde beider Krankheiten. Sie fallen zwischen den üblichen Definitionen durch.

 

Dazu schreiben die Global Initiative for Asthma (GINA) und die Global ­Initiave for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD): »Die globalen Initiativen für Asthma und COPD haben für Patienten mit einer obstruktiven Atemwegserkrankung, die nicht sicher einer der beiden Entitäten zuzuordnen ist, die initiale Diagnose eines ACO (Asthma-COPD-Overlap) vorgeschlagen. Bei Patienten, die diagnostische Kriterien für Asthma und COPD aufweisen, sollten beide Diagnosen gestellt (und nach ICD kodiert) werden. Als typisches ­Beispiel hierfür gilt der allergische Asthmapatient mit Atembeschwerden seit der Kindheit, der Jahrzehnte lang geraucht und eine nicht mehr reversible Bronch­­ial­obstruktion und Emphysem entwickelt hat. Zur Differentialdiagnostik müssen gegebenenfalls weiterführende Unter­suchungsmethoden zur Anwendung kommen.«

 

Die deutsche S2k-Leitlinie äußert sich distanzierter (1): »Wenn auf einen ­Patienten ähnlich viele Kriterien für Asthma beziehungsweise für COPD zutreffen, so sollte die Bezeichnung »Asthma-COPD-Overlap« (ACO) in Erwägung gezogen werden. Der Ansatz wird kritisch diskutiert, da der Begriff unscharf definiert ist, sodass sich die Diagnose ACO auf eine Vielzahl von Patienten mit unterschiedlichem Phänotyp anwenden lässt. Es handelt sich beim ACO um keine eigenständige Krankheitsentität.«

 

Ob es wissenschaftlich hilfreich ist, all diese undefinierbaren Krankheitsbilder in einen Topf zu werfen, ist eher unwahrscheinlich. Man kann davon ausgehen, dass es weitere unerkannte Phänotypen bei Asthma oder COPD gibt. Deren Unterscheidung wäre klinisch sinnvoll, wenn ­daraus konkrete Therapieansätze zu entwickeln wären. /

Auf einen Blick

Es ist wichtig, früh an die obstruktiven Atemwegserkrankungen zu denken, schnell die richtige Diagnostik vorzunehmen und die typischen Erkrankungen zu benennen. Sowohl die Therapie als auch die Prognose sind inzwischen völlig unterschiedlich.

 

Ein typisches Asthma spricht gut auf inhalative Corticosteroide und Bronchospasmolytika an. Die Prognose ist gut, ebenso die Lebensqualität der Patienten.

 

Eine typische COPD hingegen ist bei fortgesetztem Tabakrauchen pro­gredient. Die verfügbare Therapie kann das Fortschreiten allenfalls verlangsamen, und Raucherentwöhnung ist nicht so erfolgreich, wie man sich wünschen möchte. Die Prognose der COPD ist ungünstig, die Lebensqualität deutlich eingeschränkt.

 

Zum Sammeltopf ACO sind noch keine abschließenden Aussagen möglich. Je nach Symptomatik wird man eher eine Asthma- oder COPD-Therapie wählen. Die Prognose einiger ACO-Patienten scheint noch ungünstiger zu sein als bei COPD.

Literatur 

  1. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. 29. Nov. 2017. AWMF online, www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-009.html
  2. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) 21. Jan. 2018. AWMF online, www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-006.html
  3. Groot, J.C. de, Brinke, A. ten, Bel, E., Management of the patient with eosinophilic asthma: a new era beginns. Eur Res J Open Research 2015; 1: 00024-2015. DOI 10.1183/23120541.00024-2015.
  4. https://doi.org/10.1093/occmed/kqm162
  5. https://mdspiro.com/image/data/articles/COPD Prozent20Pocket Prozent20Consultant.pdf
  6. http://ccq.nl/?page_id=4

Der Autor

Michael Schmidtstudierte zunächst Botanik und Zoologie, bevor er das Medizinstudium an der Julius-Maximilians-Universität, Würzburg, aufnahm und 1977 mit Approbation und Promotion abschloss. In der Folge erwarb er die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin, für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie die Zusatzbezeichnung Allergologie und habilitierte sich im Fach Innere Medizin. Nach Studienaufenthalten am Brompton Hospital London war ­Professor Schmidt langjähriger Leitender Arzt des Schwerpunkts Pneumologie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik 1, Universitätsklinikum Würzburg. Er gründete und leitete das Klinische Ethikkomitee, gründete das interdisziplinäre Thoraxzentrum Mainfranken sowie das Sarkoidose-Zentrum am Universitätsklinikum. Seit seinem Ruhestand 2015 ist ­Professor Schmidt noch als Dozent und Referent, unter anderem am Uniklinikum Würzburg tätig.

 

Apl. Professor Dr. Michael Schmidt
Albrecht-Dürer-Straße 91
97204 Höchberg
E-Mail: michael.schmidt.hexenbruch@t-online.de

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