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Grauer Star

Augentropfen lösen Trübung auf

29.07.2015  10:01 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Eine neue Therapie gegen Grauen Star hat ein Forscherteam entwickelt: Lanosterol-haltige Augentropfen verbessern die Transparenz der Linsen in Versuchen mit Hunden. Dies ist der erste Schritt hin zu einer medikamentösen Behandlung der weltweit häufigsten Erblindungsursache.

Die Funktion der Linse ist es, Licht durchzulassen und auf der Netzhaut zu bündeln. Sie besteht aus nur einer Zellart, die verschiedene Besonderheiten aufweist, die die Transparenz gewährleistet. So verlieren die Zellen ihre Zellorganellen, erhöhen die Dichte ihrer Zellmembran und minimieren den Extra­zellularraum. Zudem besitzt sie einen hohen Anteil einer bestimmten Proteinart, der Kristalline.

In der menschlichen Linse können diese in mehrere Familien aufgeteilt werden: α-, β- und γ-Kristalline. Diese machen zusammen 90 Prozent der löslichen Proteine aus. Kristalline sind transparent, ausgesprochen stabil und fügen sich zu einer hoch geordneten Makrostruktur zusammen und sorgen so für einen relativ konstanten Brechungsindex.

 

Da ausdifferenzierte Zellen der Linse keine Zellorganellen mehr besitzen und daher keine Proteine produzieren können, bleiben die Kristalline ein Leben lang erhalten. Die Funktion und Struktur dieser Proteine zu bewahren, ist entscheidend für die Sehfähigkeit. Im Auge existieren daher Mechanismen, die die Linsenzellen vor schädlichen Einflüssen schützen.

 

Geschädigte Kristalline

 

Bei Patienten mit Grauem Star (Katarakt) kommt es trotz dieser Schutz­mechanismen zu einer fortschreitenden Denaturierung der Kristalline. Geschädigte βγ-Kristalline werden von α-Kristallinen gebunden und aufgelöst. Bei zu starken Schäden entstehen Komplexe von α- und gebundenen βγ-Kristallinen, die ausfallen und die Linse trüben. Bei Patienten mit angeborenem Katarakt führen Mutationen in bestimmten für diese Prozesse – Bildung und Erhalt der Kristalline – verantwortlichen Genen zu einer frühen Trübung der Linse. Forscher um Ling Zhao von der Sichuan Universität in Chengdu, China, und Kollegen von der University of California (UC) San Diego haben bei zwei Familien mit angeborenem Katarakt eine Mutation in einem Gen als Ursache der Erkrankung entdeckt, das an der Synthese von Lanosterol beteiligt ist. Das amphipathische Molekül ist ein Steroid, das in der Linse in hoher Konzentration vorkommt. Es scheint dort die Aggregation der Linsenproteine zu verhindern, schreiben die Forscher in »Nature« (DOI: 10.1038/nature14650).

Lanosterol kann auch bestehende Aggregate auflösen und die Linsen­trübung reduzieren, wie Versuche an Hunden zeigen. Bei Tieren mit natür­lichem Katarakt konnte eine sechs­wöchige Therapie mit Lanosterol-haltigen Augentropfen, die zweimal täglich appliziert wurden, die Klarheit der Linse deutlich verbessern. Auch in Kulturen von humanen Linsenzellen, die aufgrund verschiedener Mutationen Katarakte aufwiesen, ließen sich die Aggregate durch Lanosterol beseitigen.

 

Das Team bereite nun klinische Untersuchungen vor, berichtet der Seniorautor der Studie, Dr. Kang Zhang von der UC San Diego, laut einer Pressemitteilung. Mit einer hohen Toxizität sei nicht zu rechnen, da die Substanz ja im Auge selbst produziert werde. Die Augentropfen seien aber eher für die Behandlung oder Prävention von altersbedingtem Grauem Star als für die angeborene Variante geeignet. Hier sei die Schädigung vermutlich zu schwerwiegend.

 

Lanosterol-haltige Augetropfen könnten in einigen Jahren die erste medikamentöse Katarakt-Therapie darstellen, hoffen die Forscher. Bislang lässt sich die Trübung nur operativ durch Austausch der Linse beheben. Die Kataraktoperation zählt zu den häufigsten Operationen überhaupt. Jedes Jahr werden laut Angaben der Deutschen Ophthalmo­logischen Gesellschaft in Deutschland etwa 600 000 Eingriffe dieser Art vorgenommen. /

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