Zwei ungleiche Geschwister |
20.07.2015 11:20 Uhr |
Von Hermann Feldmeier / Das Hepatitis-A- und das Hepatitis-E-Virus sind häufige Verursacher einer infektiösen Leberentzündung. Obwohl die beiden Erreger eng miteinander verwandt sind, unterscheiden sie sich in den infektionsepidemiologischen Merkmalen und in ihrem pathogenen Potenzial. Unter reisemedizinischen Aspekten haben beide eine hohe Relevanz.
Das Hepatitis-A-Virus (HAV) gehört zur Familie der Picornaviren und ist der einzige Vertreter der Gattung Hepatovirus (Tabelle 1). Es ist relativ unempfindlich für pH-Wert- und Temperaturschwankungen und bleibt in der Außenwelt lange Zeit infektiös, insbesondere wenn das Virus mit organischem Material vermischt ist (1). Das erklärt die Übertragung über mit Fäkalien kontaminiertes Trinkwasser und Lebensmittel.
Jedes Jahr infizieren sich in Afrika und Asien schätzungsweise 20 Millionen Menschen mit Hepatitis-E-Viren. Die Komplikationsrate ist bei Schwangeren besonders hoch.
Foto: Shutterstock/Quick Shot(links), DAHW
Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt bereits drei bis zehn Tage vor Beginn der Krankheitszeichen und hält etwa zwei Wochen nach Auftreten der Gelbsucht (Ikterus) an. Bei Kindern und immunsupprimierten Personen kann die Virusausscheidung mehrere Monate andauern, selbst wenn die Patienten keine Symptome haben. In dieser Zeit sind sie hoch infektiös.
Dagegen gehört das Hepatitis-E-Virus (HEV) zur Familie der Hepeviridae (Tabelle 1). Es werden vier Genotypen unterschieden. Die Genotypen 1 und 2 kommen vorwiegend in Ländern mit subtropischem oder tropischem Klima vor und werden meist fäkal-oral übertragen. Reservoir dieser beiden Genotypen ist der Mensch. Die Genotypen 3 und 4 sind weltweit (außer in Afrika) verbreitet. Haustiere, insbesondere Schweine, und zahlreiche Wildtiere sind das Reservoir. Die Übertragung der Erreger vom Tier auf den Menschen erfolgt ebenfalls fäkal-oral oder über Fleischprodukte.
HAV-Infektion: Kinderkrankheit des Südens
Nach Angaben der WHO gibt es jährlich weltweit rund 1,5 Millionen HAV-Infektionen. Andere Schätzungen sind um einen Faktor 10 höher. Allerdings schwankt die Inzidenz (Anzahl von Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner pro Jahr) erheblich von Region zu Region und von Land zu Land.
In den Ländern des globalen Südens ist die HAV-Infektion eine klassische Kinderkrankheit. Bis zum Alter von 14 Jahren hatten nahezu alle Kinder Kontakt mit dem Erreger (nachweisbar an der Präsenz von IgG-Antikörpern im Blut); die Durchseuchung mit HAV in der jeweiligen Bevölkerung beträgt also fast 100 Prozent.
In Ländern mit hohem Hygienestandard ist die Zahl der HAV-Infektionen seit Jahrzehnten rückläufig. In der Europäischen Union beträgt die Inzidenz derzeit weniger als 3 Erkrankungen/ 100 000 Einwohner/Jahr; in Deutschland ist die Maßzahl 1,5 (2).
Daten des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass 44 Prozent der HAV-Infektionen reiseassoziiert sind (2). Allerdings wurde nur etwa ein Fünftel der Erkrankungen auf Urlaubs- oder Geschäftsreisen erworben, vier Fünftel dagegen nach dem Besuch von Familienangehörigen oder Freunden in der Türkei, den Balkanstaaten, Ägypten oder Spanien. Die importierten HAV-Infektionen traten im Wesentlichen bei Kindern und Jugendlichen auf. Das deutet darauf hin, dass in Deutschland die Zirkulation von HAV in der Umwelt weitgehend unterbrochen ist – die Kinder also keinen Kontakt mehr mit dem Erreger haben und deshalb auch keine Immunität entwickeln. In den Reiseländern dagegen zirkuliert HAV nach wie vor in großem Maß in der Bevölkerung.
Merkmal | Hepatitis-A-Virus | Hepatitis-E-Virus |
---|---|---|
Virusfamilie | Picornaviridae (Genus Hepatovirus) | Hepeviridae (Genus Hepevirus) |
Genomgröße (KB) | 7,5 | 7,3 |
Aufbau | RNA + Strukturproteine | RNA + Strukturproteine |
Inkubationszeit (Tage) | 15 bis 50 | 15 bis 60 |
Krankheitsverlauf | < 0,1 Prozent schwer | abhängig vom Genotyp; bei Schwangeren Komplikationsrate bis 20 Prozent |
Chronifizierung | keine | bei Patienten mit Immunsuppression möglich |
meldepflichtig bei Verdacht, Erkrankung und Tod | ja | ja |
HEV auf dem Vormarsch
HEV ist in nahezu allen Ländern des globalen Südens endemisch (3). Das Virus ist in Asien, Afrika, Mittelamerika und im Mittleren Osten ein häufiger Verursacher einer infektiösen Gelbsucht. In Venezuela beispielsweise geht etwa ein Drittel aller Fälle von akuter Gelbsucht auf das Konto von HEV. Weltweit ist die HEV-Infektion die häufigste Ursache akuter viraler Hepatitiden (4). In vielen Ländern ist die Infektion dort besonders häufig, wo die Menschen ihr Trinkwasser aus Flüssen entnehmen (Tabelle 2). Jährlich infizieren sich in Afrika, vor allem aber in Asien schätzungsweise 20 Millionen Personen mit den HEV-Genotypen 1 und 2 (4).
Nach Schätzungen des Center for Disease Control der amerikanischen Gesundheitsbehörde gibt es jährlich weltweit mehr als drei Millionen HEV-Erkrankungen und mehr als 70 000 Todesfälle (5). Die Erkrankung tritt sowohl sporadisch (also in Einzelfällen) und endemisch als auch in Epidemien auf. Die in den Ländern des globalen Südens häufigen Überschwemmungen führen regelmäßig zur Kontamination von Brunnen und Trinkwasserspeichern mit HEV. Dann entwickeln sich häufig Epidemien mit mehreren Hundert oder Tausend Patienten.
In Europa hat sich das infektionsepidemiologische Bild in den letzten Jahren dramatisch gewandelt (6). Während man früher eine HEV-Infektion nur als extrem seltene, von einer Tropenreise mitgebrachte Erkrankung kannte, ist mittlerweile gesichert, dass der Erreger auch hier vorkommt (7). Querschnittsuntersuchungen in Deutschland zeigen, dass etwa 17 Prozent der Erwachsenen eine HEV-Infektion (meist Genotyp 3) durchgemacht haben (8). Die dem Robert-Koch-Institut gemeldeten Fälle – 458 im Jahr 2013 und 670 im letzten Jahr (4) – sind also nur die Spitze des Eisbergs.
Es mehren sich Hinweise, dass in Europa die Mehrzahl der Fälle durch den Kontakt mit Schweinen beziehungsweise durch Produkte aus Schweinefleisch oder Schweineorganen verursacht wird, zum Beispiel durch bestimmte Wurstsorten (Kasten) (9-11). Dementsprechend infizieren sich Personen, die berufsbedingt Kontakt zu Schweinen haben, überproportional häufig mit HEV (12). Ob der Erreger durch Schweinerassen aus Südostasien, die in Europa als exotische Haustiere gehalten werden, nach Europa gelangt ist oder schon immer in hiesigen Schweinen verbreitet war, ist unklar. Blutprodukte und Organspenden sind dagegen äußerst selten für eine HEV-Infektion verantwortlich (8).
Hepatitis durch HAV
Die durch eine HAV-Infektion induzierte Leberentzündung kann sehr unterschiedlich verlaufen. 70 Prozent der Kinder unter sechs Jahren zeigen keinerlei Krankheitszeichen, entwickeln also auch keinen Ikterus (Gelbsucht). Dagegen verläuft die HAV-Infektion bei Erwachsenen in zwei Drittel aller Fälle symptomatisch.
Schweine bringen Glück – aber manchmal auch HEV.
Foto: Fotolia/Eugene Chernetsov
Als Frühzeichen können unspezifische Magen-Darm-Beschwerden, allgemeines Krankheitsgefühl oder gelegentlich Fieber auftreten (13). Daran kann sich die ikterische Phase anschließen, die wenige Tage bis mehrere Wochen dauert. Es besteht eine Lebervergrößerung; bei etwa einem Viertel der Patienten ist auch die Milz vergrößert. Häufig juckt die Haut, gelegentlich können flüchtige Exantheme auftreten.
Die Erkrankung dauert in der Regel vier bis acht Wochen und heilt komplikationslos aus (14). Bei etwa 10 Prozent dauert die Heilung bis zu sechs Monaten. Chronische Infektionen kommen nicht vor. Einen schweren Verlauf mit Leberversagen, der zum Tod führen kann, erleiden 0,01 bis 0,1 Prozent der Patienten. Bei diesen Patienten bestand häufig bereits eine chronische Lebererkrankung, beispielsweise durch andere Hepatitis-Viren.
HAV selbst ist nicht zytopathisch und vermehrt sich nur in den Leberzellen, ohne diese zu schädigen. Erst mit dem Einsetzen einer spezifischen Immunreaktion werden die Zellen durch zytotoxische T-Lymphozyten und natürliche Killerzellen zerstört, was durch den Anstieg der Serum-Aminotransferasen, der alkalischen Phosphatase und des Bilirubins im Blut angezeigt wird. Die Leberentzündung ist sozusagen ein infektionsabwehrbedingter »Kollateralschaden«.
Der Anstieg der Transaminasen im Blut ist zwar deutlich, aber unspezifisch. Gesichert wird die Verdachtsdiagnose durch den Nachweis von spezifischen IgM-Antikörpern, die bei 99 Prozent aller Patienten mit Beginn der klinischen Symptomatik nachweisbar sind. HAV kann auch im Stuhl, im Blut oder in Lebergewebe mittels ELISA oder PCR nachgewiesen werden. Diese Methoden sind jedoch deutlich teurer und nur sinnvoll, wenn keine IgM-Antikörper vorhanden sind. IgG-Antikörper erscheinen im Blut parallel zur Genesung und bleiben über Jahrzehnte nachweisbar. Sie vermitteln eine lebenslange Immunität.
Übertragungsweg | HAV | HEV |
---|---|---|
Fäkal-oral: Trinkwasser und Erfrischungsgetränke kontaminierte Lebensmittel Meeresfrüchte**) | +++ +/+++ *) + | +++ (Genotyp 1 – 4) +++ (Genotyp 1 – 4) ++ |
von Person zu Person: direkt oder indirekt (über mit Fäkalien verunreinigte Finger oder Oberflächen) | +/+++ | (+) |
Tierkontakt, vor allem mit Schweinen | - | ++ (Genotyp 3 + 4) |
Schweinefleisch und -wurst | - | +++ (Genotyp 3 + 4) |
Parenteral: Blutprodukte, Organspende | - | (+) |
*) Häufigkeit hängt vom Ort ab; in Ländern des globalen Südens deutlich häufiger als in Ländern mit guten Hygienestandards
**) Muscheln reichern Viren aus dem Meerwasser an; Risiko besonders hoch bei Muscheln in Flussmündungen oder Buchten, in die Abwässer ungeklärt eingeleitet werden
HEV-Infektion gefährdet Schwangere
Der Krankheitsverlauf bei einer HEV-Infektion reicht von symptomlos (bei 99 Prozent der Fälle) bis zu einem meist tödlich verlaufenden, akuten Leberversagen (8). Klinisch ist die Hepatitis E kaum von anderen akuten Leberentzündungen, zum Beispiel durch HAV, zu unterscheiden. Es scheint, dass die Genotypen 1 und 2 häufig für schwerere Krankheitsverläufe verantwortlich sind. Bei bis zu 3 Prozent der Patienten verursachen diese Genotypen eine lebensbedrohliche Erkrankung.
In Entwicklungsländern ist die Komplikationsrate bei Schwangeren besonders hoch. In Bangladesch beispielsweise werden rund 10 Prozent aller Schwangerschafts-assoziierten Todesfälle dem HE-Virus zugeschrieben (15). Ob das mit einer im Lauf der Schwangerschaft entstehenden Immunsuppression zusammenhängt oder damit, dass Schwangere in HEV-endemischen Ländern häufig auch mit anderen Hepatitis-Viren infiziert sind, ist unbekannt.
In Europa treten chronische Krankheitsverläufe mit Leberzirrhose und daraus resultierenden lebensgefährlichen Komplikationen vor allem bei immunsupprimierten Patienten auf (8, 14). Weitere Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf sind Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht oder eine koronare Herzerkrankung.
Auch bei einer HEV-Infektion steigen die Leberwerte an. Die sichere Diagnose gelingt durch den Nachweis von spezifischen IgM-Antikörpern im Blut. Alternativ kann HEV-RNA in Blut oder Stuhl nachgewiesen werden. IgM-Antikörper und Virus-RNA erscheinen mit dem Auftreten der Symptome. Die Virus-RNA verschwindet eine bis sechs Wochen nach Krankheitsbeginn, IgM-Antikörper bleiben über Monate vorhanden. IgG-Antikörper entstehen in der zweiten Krankheitswoche und bleiben auf Dauer nachweisbar. Ob die Immunität Genotyp-spezifisch ist, ist unbekannt.
Französische Infektionsmediziner beobachten seit Längerem, dass Infektionen durch HEV vorwiegend im Süden ihres Landes auftreten. Da sich die kulinarischen Präferenzen regional stark unterscheiden, lag die Vermutung nahe, dass die Essgewohnheiten der Südfranzosen das Risiko einer HEV-Infektion mitbestimmen.
Als im März 2014 in Marseille elf Menschen an einer durch HEV verursachten akuten Gelbsucht erkrankten, fragten die Mediziner ihre Patienten gezielt nach ihrer Ernährung. Diese berichteten von ihrer Vorliebe für Figatelli, einer lokalen Wurstsorte aus ungekochter Schweineleber, die ursprünglich aus Korsika stammt und in Südfrankreich roh gegessen wird. Die Mehrzahl der Patienten hatte mehrfach Figatelli verzehrt.
Mithilfe von molekularbiologischen Tests konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die in den Schweinewürsten identifizierten Hepatitis-E-Viren vom Genotyp 4 waren und ihre Erbsubstanz zu mehr als 99 Prozent mit dem genetischen Code der von den Patienten isolierten Erreger identisch war. Dies werteten sie als Indiz dafür, dass der Erreger vom Schwein stammte (11).
Therapie meist symptomatisch
Da eine HAV-Infektion bei mehr als 99 Prozent der Patienten komplikationslos ausheilt, ist eine medikamentöse Therapie meist nicht notwendig.
Peel it, boil it, cook it or forget it: Gut gebratene ägyptische Falafel dürften gemäß der alten Reiseregel bekömmlich sein.
Fotos: Shutterstock/Egyptian Studio
Hilfreich sind (Bett-)ruhe und die symptomatische Behandlung von Problemen wie Erbrechen oder grippeähnlichen Beschwerden (13). Potenziell lebertoxische Medikamente sowie Alkohol sind tabu. Eine strenge Diät ist nicht erforderlich; empfohlen wird in der ersten Zeit eine kohlenhydratreiche und fettarme Kost.
Zwei kleine Fallserien zeigten, dass Ribavirin antiviral gegen HEV wirkt und zur Behandlung einer akuten wie einer chronischen Infektion eingesetzt werden kann (16, 17). Die Dosis muss dem Hämoglobinwert und der Nierenfunktion angepasst werden und sollte 600 mg pro Tag nicht unterschreiten. Für die Behandlung einer chronischen HEV-Infektion muss Ribavirin mindestens drei Monate eingenommen werden.
Prophylaxe ist essenziell
Da HAV- und HEV-Infektionen im Wesentlichen fäkal-oral übertragen werden und die Erreger in vielen klassischen Reiseländern weit verbreitet sind, gilt die alte Empfehlung: Nichts essen, was nicht geschält werden kann oder nicht gekocht oder gebraten wurde (Peel it, boil it, cook it or forget it). Auf Getränke, die möglicherweise kontaminiertes Wasser enthalten (Eiswürfel!), soll man grundsätzlich verzichten. Das Apothekenteam sollte jedem Reisenden empfehlen, ein Händedesinfektionsmittel mitzunehmen – ein bakterizides und viruzides Mittel schützt überdies auch vor Erregern der Reisediarrhö.
Im Impfkalender der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Kinder und Jugendliche ist eine Impfung gegen HAV nicht vorgesehen. Nur im Freistaat Sachsen gilt die Empfehlung, Kinder gleichzeitig gegen Hepatitis-B- und -A-Viren zu impfen. Sechs bis zwölf Monate nach der Grundimmunisierung erfolgt eine Auffrischimpfung.
Salat und Sommerdrink sind nicht immer bekömmlich.
Fotolia/Artem Rudik
In Deutschland aufgewachsene Kinder sind deshalb in der Regel nicht gegen HAV geimpft und haben auch keine schützende Immunität im Sinn einer stillen Feiung erworben. Bei Reisen in Länder, in denen Hygienestandards nicht ausreichend sind, stecken sich diese Kinder leicht an, bringen HAV sozusagen als blinden Passagier nach Deutschland zurück und setzen hier nicht selten einen Ausbruch in Gang. Beispielhaft ist der Fall eines fünfjährigen Jungen, der mit seinen pakistanischen Eltern drei Wochen Verwandte in Pakistan besuchte. Innerhalb von zweieinhalb Monaten nach Rückkehr infizierte er 14 andere Kinder in seiner Heimatstadt in Sachsen-Anhalt. Der Junge selbst hatte nur wiederholt leichten Durchfall, aber keine für eine infektiöse Gelbsucht typischen Krankheitszeichen, sodass die Ärzte nicht an eine HAV-Infektion dachten.
Kinderärzte und Reisemediziner empfehlen eine Hepatitis-A-Impfung grundsätzlich für Reisen in HAV-Endemiegebiete. Dazu gehören neben den meisten tropischen und subtropischen Gebieten bereits der gesamte Mittelmeerraum und Osteuropa. Die Empfehlung gilt für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Je nach Art der Auslandsreise und der Lebensführung während der Reise empfiehlt sich die Kombinationsimpfung gegen HAV und HBV. Laut STIKO ist eine serologische Vortestung auf Anti-HAV-Antikörper nur bei Personen sinnvoll, die längere Zeit in einem Endemiegebiet gelebt haben oder vor 1950 geboren wurden – natürlich nur, wenn sie bislang nicht nachweislich eine HAV-Infektion durchgemacht haben.
Weiterhin empfiehlt das RKI die HAV-Impfung für homosexuell aktive Männer, Personen mit substitutionspflichtiger Hämophilie, Menschen, die in psychiatrischen Einrichtungen oder bestimmten Fürsorgeeinrichtungen leben, sowie für Personen mit einer chronischen Lebererkrankung, die keine HAV-Antikörper haben (13). Auch bei erhöhtem beruflichen Risiko für eine Ansteckung ist eine Impfung indiziert.
Eine Impfung kann vor Hepatitis A und B schützen.
Foto: AOK
Verwendet der Arzt einen monovalenten Impfstoff, sind nach der ersten Impfdosis bei mindestens 95 Prozent der Geimpften HAV-Antikörper nachweisbar. Schützende Antikörper entstehen in der Regel zwölf bis 15 Tage nach der ersten Dosis. Wichtig für die Beratung: Angesichts der langen Inkubationszeit von Hepatitis A (15 bis 50 Tage) ist es mitunter sinnvoll, noch kurz vor der Reise und sogar kurz nach einer Exposition zu impfen.
Bei Gabe einer HAV/HBV-Kombi-Vakzine ist ein ausreichender Schutz in der Regel erst nach der zweiten Impfdosis gegeben. Für eine komplette Grundimmunisierung sind zwei Dosen monovalenter Impfstoff oder drei Dosen der Kombi-Vakzine nötig. Die Immunität hält bei Erwachsenen mindestens zwölf Jahre an.
Noch ein Tipp für Fernreisende: In Deutschland sind auch Kombinationsimpfstoffe gegen Hepatitis A und Typhus zugelassen.
Dagegen gibt es hier keine HEV-Vakzine. Seit 2012 ist in China eine Vakzine zugelassen, die auf dem Genotyp 1 beruht. In einer randomisierten Studie hatte der Impfstoff eine Schutzwirkung von 87 Prozent über einem Zeitraum von fünf Jahren (18, 19). Ob der Impfstoff Reisenden, die sich in China aufhalten werden, empfohlen werden kann, lässt sich derzeit nicht beurteilen. /
Hermann Feldmeier ist Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Er hat in Köln, Aachen und Paris Medizin studiert, wurde promoviert und hat Tropenmedizin im Hôpital Pitié-Salpetrière in Paris und im Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg gelernt. Er erforschte Infektionskrankheiten im Inland und Ausland. 1990 folgte die Habilitation. Feldmeier war stellvertretender Leiter des Landesinstituts für Tropenmedizin in Berlin und lehrt und forscht seit 1987 in Sachen Tropenmedizin, zuerst an der Freien Universität Berlin und seit 2002 an der Charité Universitätsmedizin in Berlin.
Professor Dr. Hermann Feldmeier
Institut für Mikrobiologie und Hygiene, Campus Benjamin Franklin, Charité Universitätsmedizin
Hindenburgdamm 27
12203 Berlin
E-Mail: hermann.feldmeier@charite.de
Literatur