Praxisbeispiel Teil 3 – Rezepturarzneimittel |
17.07.2012 14:23 Uhr |
Von Holger Reimann / In den kommenden Wochen wird die DAC/NRF-Kommission in der Pharmazeutischen Zeitung Rezepturverordnungen und eine sinnvolle Defekturherstellung vor dem Hintergrund der neuen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) diskutieren. Im dritten Praxisbeispiel geht es um eine Kaliumiodid-Lösung zum Einnehmen.
Eine Mutter legt in der Apotheke das Rezept über eine Lösung für ein zwölfjähriges Mädchen vor. Nachdem ihr die PTA erklärt, die Rezeptur müsse in der Apotheke angefertigt werden, ist sie erleichtert, dass die Herstellung bis zum Abend zugesagt wird. Denn ihre Tochter soll am nächsten Morgen mit der Behandlung beginnen und hat in der Woche darauf eine Operation.
Das Praxisbeispiel 3 in PZ 29/2012 enthält zwei bedauerliche Fehler:
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Im Widerspruch zur Haltbarkeitsdiskussion für die unkonservierte Rezeptur fehlt der Hinweis auf die Kühlschranklagerung bei der Etikettierung.
Die Addition der Einwaagen ergibt nicht 157,2 g, sondern nur 157,02 g.
Die im PDF abgebildeten Formulare gemäß neuer ApBetrO entstammen dem Rezeptur-Ordner aus dem Ordnerset »Dokumentation in der Apotheke«. Sie erhalten den Ordner Rezeptur (mit Herstellungsanweisung/-protokoll für Rezeptur (1 Block mit 50 Blatt), Plausibilitätsprüfung (1 Block mit 50 Blatt), Rückenschild, Deckblatt und 5 Trennstreifen mit Klebeetiketten, 2 Kunststoffregister A-Z) unter der ISBN 978-3-7741-1197-4 beim Govi-Verlag unter Telefon 06196 928-250 oder unter www.govi.de.
Die Zusammensetzung ist einfach, und die PTA weiß, dass Kaliumiodid in der Apotheke vorhanden ist. Allerdings kann sie sich an eine ähnliche Verordnung nicht erinnern. Sie beginnt schon einmal, die unkritischen Angaben in die Dokumentationshilfen einzutragen (siehe Abbildungen), bis der Chef Zeit hat, mit ihr die Herstellungsanweisung durchzugehen. Das gedruckte Rezept ist eindeutig, wenngleich die Maßeinheiten fehlen. Bei der Volumendosierung ist aber klar, dass 10,0 g Kaliumiodid und 150,0 ml Gesamtmenge gemeint sind. Der Teelöffel ist als 5 ml zu interpretieren. Zur Frage der therapeutisch üblichen Wirkstoffdosierung muss auch der Apotheker zunächst passen. Er bittet die PTA, im NRF nachzuschauen. Unter der Ziffer 28.1. findet sie Kaliumiodid-Lösung 50 %. Das sind zwar konzentrierte Tropfen, jedoch kleinvolumig anzuwenden. Im Erläuterungsteil der Monographie werden 250 mg Iodid dreimal am Tag an zehn Tagen vor der Schilddrüsenoperation bei Hyperthyreose empfohlen. Nachrechnen ergibt 333 mg Kaliumiodid pro 5 ml der verschriebenen Lösung, entsprechend 255 mg Iodid. Im Gegensatz zur konzentrierten NRF- Rezeptur ist nicht von mikrobiologischer Stabilität auszugehen. Der Apotheker beschließt, wegen der kurzen Reichdauer auf Konservierung und Stabilisierung mit Natriumthiosulfat zu verzichten. Gemäß NRF-Tabelle I.4.-2 kann bei Aufbewahrung im Kühlschrank die zweiwöchige Aufbrauchsfrist festgesetzt werden.
Zu Applikationshilfen sieht die PTA im NRF-Kapitel I.11. unter »Flüssige Mehrdosenzubereitungen zum Einnehmen« nach. Dort bestätigt sich, dass die Teelöffel-Dosierung umzustellen ist. Anstelle der ebenfalls ungenauen Dosierlöffel überlegt der Apotheker die Anwendung mittels Einmalspritze. Da erinnert sich die PTA, dass sich der Pharmazeut im Praktikum seinerzeit mit Dosierhilfen für Oseltamivir-Lösungen beschäftigt hatte. Tatsächlich finden sich noch »Kolbenpipetten« zur Entnahme »kopfüber« aus der Flaschenmündung, und zwar kleine zu 1 ml für »Tropfflaschen« mit GL-18-Mündung und größere zu 5 ml für »Medizinflaschen« mit GL-28-Mündung. Der Apotheker bleibt bei der Lösung und spricht das Dichte-Problem an: 150 ml wiegen etwas mehr als 150 g. Die PTA soll die Lösung zunächst auf der Präzisionswaage herstellen und dann im tarierten Messzylinder auffüllen. Im Übrigen übernimmt er die einfachen Inprozessprüfungen der NRF-Rezeptur, die Lösung soll klar und farblos aussehen. Vor der Abfüllung ist der Gießring aus der Flaschenmündung zu entfernen, damit der Steckeinsatz eingedrückt werden kann. Er modifiziert die Gebrauchsanweisung der Verschreibung, ordnet an, dass der Kundin die Kolbenpipette bei der Abgabe zu zeigen ist und unterschreibt die Herstellungsanweisung.
Die PTA stellt fest, dass die Lösung 157 g wiegt und vermerkt dies im Herstellungsprotokoll. Sie legt dem Apotheker die vollständige Dokumentation mit dem fertig etikettierten Rezepturarzneimittel vor. Der Inhalt sieht unauffällig aus, die Flasche ist dicht und die Kennzeichnung gut zu lesen und vollständig. Die Kundin kennt die Entnahmetechnik bereits von Fertigarzneimitteln.
Fazit: Leicht erscheinende Rezepturen haben manchmal doch kritische Punkte, die aber mit aktuellen Informationen des DAC/NRF meist geklärt werden. Durch die Aufzeichnungen fallen Rezepturwiederholungen leichter: Da jetzt die Dichte der Lösung bekannt ist, vereinfacht sich auch die Herstellung. /