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Pflegereform

Opposition warnt vor Vorsorgefonds

09.07.2014  10:13 Uhr

Von Stephanie Schersch / In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Bundestag über den ersten Teil der Pflegereform beraten, den die Große Koalition Anfang 2015 an den Start bringen will. Die Opposition hält das Vorhaben für ideenlos und nahm vor allem den geplanten Vorsorgefonds in die Kritik.

Ein »klares Signals für eine gute Pflege« sieht der Bundesgesundheitsminister in seiner eigenen Reform. »Wir sorgen dafür, dass notwendige Leistungsverbesserungen jetzt schnell bei den Menschen ankommen«, sagte Hermann Gröhe (CDU) vergangene Woche am Rande der Plenarsitzung.

 

Mit der Reform sollen Pflegebedürftigen ab kommendem Jahr höhere Beträge aus der Pflegeversicherung zustehen. Mehr Unterstützung ist zudem für Angehörige vorgesehen. Sie sollen sich künftig einfacher ausklinken und ihre Angehörigen vorübergehend etwa in einem Heim betreuen lassen können, wenn Überlastung droht. Langfristig soll es in Pflegeeinrichtungen darüber hinaus mehr Personal geben. Bis zu 20 000 zusätzliche Kräfte sind Gröhe zufolge geplant. »Das schafft mehr Zeit für die Pflege und wird den Pflegealltag spürbar verbessern«, so der Minister.

 

Steigende Beiträge

 

Zur Finanzierung der Reform soll der Beitrag zur Pflegeversicherung 2015 zunächst um 0,3 Prozentpunkte steigen. 2,4 Milliarden Euro sollen damit allein im kommenden Jahr für verbesserte Leistungen zusammenkommen. Weitere rund 1,2 Milliarden Euro sollen direkt in einen Vorsorgefonds fließen, der steigende Kosten mit Blick auf den demografischen Wandel dämpfen soll.

 

Bis 2017 ist dann die zweite Stufe der Reform geplant, die insbesondere einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff bringen soll. Er bestimmt, wer Anspruch auf welche Leistungen aus der Pflegeversicherung hat. Bislang spielen bei dieser Festlegung vor allem körperliche Gebrechen eine Rolle, in Zukunft sollen auch Menschen mit geistigen Einschränkungen offiziell als pflegebedürftig gelten. Profitieren würden davon vor allem die Demenzkranken, deren Zahl stetig steigt.

 

Der Opposition gehen die Vorhaben der Koalition nicht weit genug. Linken-Pflegeexpertin Pia Zimmermann kritisierte die geplante Anhebung der Leistungsbeträge um 4 Prozent als völlig unzureichend. In Zukunft sollten die Leistungen stattdessen nach einem gesetzlich vorgegebenen Schlüssel automatisch steigen, forderte sie. Elisabeth Scharfenberg (Grüne) warf Union und SPD vor, die wirklich drängenden Probleme nicht in Angriff zu nehmen. »Sie setzen den Pflegezug auf die Schiene und lassen ihn in die falsche Richtung fahren«, so Scharfenberg.

 

Auch von dem geplanten Vorsorgefonds halten Grüne und Linkspartei nichts. Die Koalition will die Rücklagen im Fonds bis zur ersten Ausschüttung im Jahr 2035 anlegen. Das Geld sei dabei alles andere als sicher, sagte Kathrin Vogler (Linke) mit Blick auf die Erfahrungen aus der Finanzkrise. Die Koalition sollte das Geld besser sofort in unmittelbare Leistungsverbesserungen investieren. Ähnlich äußerte sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink. Der Fonds sei »ein teures Symbolprojekt, das bei niemandem irgendwelche Probleme löst«, sagte sie.

 

Teure Reform

 

Anfangs war eigentlich auch die SPD kein Freund der geplanten Rücklage. Sie hatte das Vorhaben im Rahmen der Koalitionsverhandlungen letztlich jedoch geschluckt. Im Bundestag nannte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die Vorsorgefonds nun »nicht falsch«. Er betonte zudem, stolz darauf zu sein, dass die Reform langfristig 6 Milliarden Euro mehr für die Pflege bringe. »Das ist eine teure Reform, aber genau das, was wir brauchen«, so Lauterbach. /

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