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Sturzprävention

Im Gleichgewicht bleiben

18.06.2007  10:59 Uhr

Sturzprävention

Im Gleichgewicht bleiben

Von Uta Grossmann

 

Die Zahl der Oberschenkelbrüche nach Stürzen steigt stetig. Ältere Menschen über 65 Jahren sterben häufiger an Sturzfolgen als bei Verkehrsunfällen. Das europäische Netzwerk ProFaNE hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Sturzunfälle in Europa innerhalb von fünf bis acht Jahren um 25 Prozent zu senken.

 

Die nackten Zahlen signalisieren Handlungsbedarf: 1995 wurden 100.000 Menschen mit gebrochenem Oberschenkel ins Krankenhaus eingewiesen, 2005 waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 120.000. Allein der Anstieg der Sturzunfälle mit Oberschenkelbrüchen zog Mehrausgaben von 200 Millionen Euro nach sich. Die Kosten verteilen sich zu je einem Drittel auf chirurgische Eingriffe, Rehabilitation und Pflege. Häufig können die Patienten nach dem Knochenbruch nicht mehr zu Hause wohnen und müssen in ein Pflegeheim umziehen. Vor allem Menschen über 75 Jahre sind gefährdet, und die Zahl alter Männer, die eine Oberschenkelfraktur erleiden, steigt.

 

Die europäische Organisation zur Sturzprävention alter Menschen ProFaNE (Prevention of Falls Network Europe) hat sich zum Ziel gesetzt, innerhalb von fünf bis acht Jahren die Zahl der sturzbedingten Oberschenkelbrüche in Europa um 25 Prozent zu senken. Dabei setzt das Netzwerk ganz stark auf Prävention, erläuterte Privatdozent Dr. Clemens Becker, Arbeitsgruppenleiter bei ProFaNE, am Rande einer Tagung in Kooperation mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Berlin. Dort stellten Mitglieder von ProFaNE die Ergebnisse des seit 2003 von der Europäischen Union mit mehr als zwei Millionen Euro geförderten Projekts der Öffentlichkeit vor. In dem Netz haben sich Fachleute aus 13 europäischen Ländern zusammengeschlossen.

 

Deutschland habe in der Prävention sturzbedingter Knochenbrüche eine Vorreiterfunktion erreicht, sagte Marion Caspers-Merk, Parlamentarische Staatssekretärin im BMG. Mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums wurde in den vergangenen Jahren erstmalig in Europa ein flächendeckendes Programm zur Prävention von sturzbedingten Verletzungen in Pflegeheimen auf den Weg gebracht. Nicht ganz so gut sieht es in Deutschland bei der Prävention in häuslicher Umgebung aus. Da hofft Caspers-Merk, dass das Wissen aus den europäischen Nachbarländern genutzt werde, die hier schon weiter seien.

 

Sinnvolle Prävention sollte Hausärzte und Familie einbeziehen und das Augenmerk auch auf die Medikation der alten Menschen richten. Studien haben ergeben, dass etwa die Einnahme von Psychopharmaka die Gefahr zu stürzen erhöht (PZ 23/07).

 

Becker von ProFaNE fordert, stärker mit Sportvereinen zusammenzuarbeiten. Sie sollen gezielte Gymnastikübungen zur Kräftigung und Verbesserung des Balancegefühls anbieten. Stolpergründe im Haus wie Telefonkabel, schlechte Beleuchtung oder fehlende Rutschmatten im Bad müssten beseitigt werden, so Becker. Sogar die falsche Brille kann Ursache für einen Sturz werden: Wer eine Gleitsichtbrille trägt, riskiert unter Umständen den entscheidenden Fehltritt.

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