Die Unruhe nimmt zu |
10.06.2008 16:54 Uhr |
Die Unruhe nimmt zu
Von Daniel Rücker, Bad Homburg
Ein sich verschärfender Wettbewerb zwischen den Apotheken ist politisch gewollt. Gleichzeitig nehmen aber auch die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu. Damit sind die Apotheken nicht allein. Die Schlecker-Versandapotheke Vitalsana brauchte nur wenige Monate, sich bei den Wettbewerbshütern unbeliebt zu machen.
Wettbewerb hat unbestritten auch seine Schattenseite. Er beschert den Verbrauchern zwar in der Regel günstige Preise, doch setzt der daraus resultierende Margenverfall die Anbieter unter Druck. Nicht jeder hält dem Stand und versucht deshalb, seine Marktposition mit unlauteren Mitteln zu verbessern.
Das trifft zurzeit wohl verstärkt auf die Apotheker zu. »Die Unruhe in der Branche nimmt zu«, stellte Rechtsanwältin Christiane Körber, Geschäftsführungsmitglied der Wettbewerbszentrale Bad Homburg, bei der Jahrespressekonferenz der Organisation fest. Mehr als 280 Mal musste sich die Wettbewerbszentrale im vergangenen Jahr mit dem Marktverhalten von Apotheken beschäftigen, deutlich häufiger als im Vorjahr. In diesem Jahr dürfte es eine weitere deutliche Steigerung geben. Von Januar bis Juni wurden Körber und ihre Kollegen bereits 180 Mal eingeschaltet. Häufig sind es die Apothekerkammern, die ein Fehlverhalten abmahnen wollen. Für Körber ein deutliches Zeichen dafür, dass »die Selbstkontrolle bei den Apothekern funktioniert.
Häufig gehe es bei den Verstößen der Apotheker um das Nebensortiment. Sinkende Gewinne ließen die Apotheker nach neuen Ertragsquellen suchen, sagte Körber. Dabei kommen manche auf ungewöhnliche Ideen. So konnten die Kunden einer Apotheke in Norddeutschland neben Medikamenten oder Pflegeprodukten dort auch Weihnachtsdekoration kaufen. Der Besitzer wurde abgemahnt, doch er gewann. Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte kein Problem mit dem ungewöhnlichen Angebot. Der Apotheker durfte weiter Christbaumkugeln verkaufen. Allerdings wohl nur, weil sein Umsatz mit Weihnachtsdeko am Ende der Aktion bei lediglich 400 Euro lag. Angesichts des geringen Volumens schlossen die Richter aus, dass ihn die Aktion von seinen eigentlichen Aufgaben abgehalten habe.
Anders erging es dagegen den Linda-Apotheken, die »Gesundheitsreisen aus der Apotheke« anbieten wollten. Bei Abschluss einer Reise winkten 5 bis 10 Prozent Provision. Allerdings waren es laut Köber keineswegs nur Gesundheits-, sondern auch ganz gewöhnliche Urlaubsreisen, die in den Apotheken angeboten wurden. Das geht nicht, sagte die Wettbewerbszentrale und klagte mit Erfolg beim Landgericht Köln, das die Vermittlung von Reisen auch nicht als eine originäre Aufgabe der Apotheker ansah. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Verstöße gibt es freilich nicht nur in öffentlichen Apotheken, diejenigen die in den Markt hineinwollen sind wohl noch weitaus weniger zimperlich. So streitet sich die Wettbewerbszentrale zurzeit mit der Schlecker-Verandapotheke Vitalsana.
Mitschnitt vom Beratungsgespräch
Gleich mehrere Punkte sind es, die Köber nicht am Geschäftsgebahren des Versenders gefallen. So könne der Verbraucher kaum erkennen, dass er nicht bei Schlecker, sondern bei einer niederländischen Versandapotheke bestelle. Dies sei aber wichtig bei der Durchsetzung eventueller Schadensansprüche. Zudem hält es die Rechtsanwältin für indiskutabel, dass es bei der Versandapotheke Beratung nur gegen Gebühr gebe und der Kunde auch noch einwilligen müsse, dass das Beratungsgespräch aufgezeichnet werde. Bemerkenswert ist auch, dass es sich bei diesen Verstößen keinesfalls um Versehen handelte. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fällen, lenkte Schlecker nicht ein. Jetzt muss ein Gericht klären, ob Beratungs-Mitschnitte mit Vertraulichkeit in Einklang zu bringen sind.