Rezeptur ist Goldstandard |
09.06.2008 14:32 Uhr |
Rezeptur ist Goldstandard
Der orale Lichen planus (Knötchenflechte) ist eine der häufigsten Erkrankungen der Schleimhaut.
Die Inzidenz liegt bei 0,3 Prozent, allerdings sei die Dunkelziffer hoch, sagte Dr. Petra Staubach von der Hautklinik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Der farnkrautartige Belag vor allem in der Zahnleiste hat allerdings nichts mit Moosen und Flechten zu tun, erklärte Staubach. Wie die Krankheit zustande kommt, ist noch unklar. Viren, Medikamente, Autoimmunerkrankungen – vieles gilt als potenzieller Auslöser.
Während Aphthen eher gestanzt aussehen, bildet die Knötchenflechte einen netzartigen Belag im Mundraum. Die gestreuten Knötchen, die nicht nur die Mundschleimhaut betreffen können, sondern auch Wangen, Zunge, Speiseröhre oder Genitaltrakt, bleiben oft monatelang bestehen. Es können sich Geschwüre und Karzinome daraus entwickeln. Die Betroffenen leiden unter massivem Juckreiz, Brennen und Schmerzen. Lokal reizende Stoffe wie scharfe Speisen, Gewürze, Alkohol und Nicotin sollten sie vermeiden.
»Es gibt wenig potente Fertigarzneimittel zur Applikation auf der Mundschleimhaut«, sagte die Referentin. Für die individuelle und stadiengerechte Behandlung sind daher Rezepturen unerlässlich. Zur Protektion der Mundschleimhaut können zum Beispiel eine Dexpanthenol-Lösung (NRF 7.3) oder zusammenziehende Mittel wie Ratanhia-Myrrhe- oder Tormentill-Myrrhe-Adstringens (NRF 7.1) hergestellt werden. Auch Spülungen mit Oliven- oder Sonnenblumenöl sind hilfreich. Wirkstofffreie Haftpasten wie die Hypromellose-Haftpaste 40 Prozent (NRF 7.8) können als Protektiva eingesetzt werden, aber auch als Therapeutika. Denn es besteht die Möglichkeit, Arzneistoffe wie Tretinoin, Triamcinolonacetonid oder Betamethasonvalerat einzuarbeiten (NRF 7.9 bis 7.11). Diese können je nach Krankheitsstadium gewechselt werden. Staubach betonte: »Magistralrezepturen sind zurzeit der Goldstandard in der Therapie.«
Liegt eine Entzündung vor, lindern Antiseptika wie Chlorhexidindigluconat- (NRF 7.2), Polihexanid- (NRF 11.128) oder Triclosan-Mundspüllösung die Beschwerden. Lokalanästhetika wie Lidocain sind vor allem vor dem Essen wichtig, da mechanische Reize die Schmerzen verschlimmern. Staubach empfahl, diese nicht mit den Antiseptika zu kombinieren.
»Die Verlaufskontrolle ist obligat«, sagte die Referentin, da Entartungsrisiko besteht. Auch müssen Mykosen und bakterielle Superinfektionen bekämpft werden. Hier ist die Differenzialdiagnose wichtig, denn oft bleibt ein Lichen planus unerkannt. Kommt ein Patient mit Beschwerden wie Mundtrockenheit und Brennen in die Apotheke, sollte sich der Apotheker immer die Mühe machen, einmal in den Mund zu schauen, forderte Staubach.