Viele Antikörper in der Pipeline |
31.05.2017 09:31 Uhr |
Avelumab, Dupilumab und Brodalumab: Drei neue monoklonale Antikörper (MAB) für dermatologische Indikationen stellte Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe- Universität in Frankfurt am Main vor. In den USA sind sie bereits zugelassen, in Europa müssen sie diese Hürde noch nehmen. Gleiches gilt für Ocrelizumab bei Multipler Sklerose und Enasidenib für Patienten mit akuter myeloischer Leukämie.
Avelumab (Bavencio®) erhielt im März als erstes Medikament die US-Zulassung gegen das metastasierte Merkelzellkarzinom. Dabei handelt es sich um einen seltenen aggressiven Hauttumor, an dem in Deutschland weniger als 400 Menschen pro Jahr erkranken, sagte der pharmazeutische Chemiker. Der Tumor entsteht in den Merkelkörperchen, den Drucksensoren für das Vibrationsempfinden in der Haut. Er spricht zwar auf eine Chemotherapie an, rezidiviert aber rasch. Weniger als 20 Prozent der Patienten überleben länger als fünf Jahre. Checkpoint-Inhibitoren wie der Anti-PD-L1-Antikörper Avelumab verstärken die körpereigene Immunantwort gegen den Tumor und können längere Remissionen erreichen, berichtete Schubert-Zsilavecz. Derzeit werde Avelumab bei weiteren Tumoren geprüft.
Weniger Juckreiz
Zur Behandlung der atopischen Dermatitis (AD) ist Dupilumab (Dupixent®) in den USA bereits auf dem Markt. Der MAB richtet sich gegen die Interleukine IL-4 und -13, die als Schlüsselmediatoren der AD gelten, und unterbricht deren Signalkaskade. Dadurch lindert er signifikant den Juckreiz der Patienten. »Das Kratzen aufgrund des Juckreizes wird heute sogar als auslösender Faktor der AD diskutiert«, so Schubert-Zsilavecz. Wirksamkeit und Sicherheit des Antikörpers wurden in zwei Studien geprüft.
Der MAB Brodalumab (in den USA Siliq®, in Europa Kyntheum®) bindet an den Rezeptor A für IL-17 auf Keratinozyten. Dieses Interleukin werde in psoriatischer Haut überexprimiert und sei für die dermale Entzündungsreaktion von zentraler Bedeutung, so der Referent. In drei Studien mit mehr als 4300 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis wurde die gute Wirkung des MAB nachgewiesen. Kürzlich sprach der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur eine positive Empfehlung für die Zulassung von Brodalumab aus.
Ocrelizumab (Ocrevus®) ist eine Variante des Rheuma- und Tumormedikaments Rituximab, das sich selektiv gegen CD-20-positive B-Lymphozyten richtet und deren vollständigen Untergang auslöst. »Der MAB wurde in der placebokontrollierten Phase-III-Studie ORATORIO bei Patienten mit primär progredienter Multipler Sklerose geprüft, für die es bislang nur wenige Medikamente gibt«, informierte Schubert-Zsilavecz. Ocrelizumab habe das Fortschreiten der körperlichen Behinderung signifikant verlangsamt. Da zwei Studien mit Patenten mit schubförmiger MS ebenfalls günstige Ergebnisse lieferten, wurde der MAB in den USA in beiden Indikationen zugelassen.
Fortschritte bei Leukämie
Auch small Molecules können die Therapie erheblich bereichern, wie der Referent am Beispiel von Enasidenib bei fortgeschrittener oder refraktärer akuter myeloischer Leukämie (AML) zeigte. »Enasidenib ist ein oraler First-in-Class-Inhibitor der mutierten Isocitrat-Dehydrogenase 2, der auf der Basis einer einarmigen Phase-I/II-Studie von der FDA zugelassen wurde«, sagte Schubert-Zsilavecz. Mutationen der Isocitrat-Dehydrogenasen 1 und 2 (IDH) führen im Citrat-Zyklus zur Bildung von 2-Hydroxy-Glutarat. Das sei ein onkogener Metabolit, der eine Schlüsselrolle bei AML einnimmt. Die Mutanten seien aber bei weniger als 20 Prozent der AML-Patienten nachweisbar – nur dann kann Enasidenib wirken. Aktuell läuft eine Phase-III-Studie bei älteren Patienten mit fortgeschrittener AML. Da IDH-Mutationen auch bei Gliomen und vielen soliden Tumoren vorkommen, seien weitere Studien zu erwarten.