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Reiseimpfungen

Gut geschützt den Urlaub genießen

23.05.2016  16:33 Uhr

Von Christina Müller, Berlin / Sonnencreme, Mückenschutz und eine gut gefüllte Reiseapotheke dürfen bei keiner Fernreise fehlen. Aber auch ein frühzeitiger Arztbesuch ist unerlässlich. Denn je nach Destination können sich Urlauber mit den richtigen Impfungen gezielt vor schwerwiegenden Infektionen schützen.

Gut geplant ist halb gewonnen: Wer in ferne Länder reist, sollte sich mindestens zwei Monate vor Urlaubsantritt von einem Reisemediziner beraten lassen. Das empfahl Dr. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Reisemedizin CRM, auf dem diesjährigen CRM-Kongress in Berlin. »Chronisch Kranke dürfen ruhig schon etwas früher kommen«, ergänzte er.

 

In Sachen Reiseimpfung hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan – auch wenn die neu entwickelten Impfstoffe gegen Malaria und Dengue-Fieber Reisenden aufgrund der geringen Schutzrate vorerst nicht zur Verfügung stehen werden. Neues gibt es vor allem von der Gelbfiberimpfung, die »uns in den nächsten Jahren sehr beschäftigen wird«, sagte Jelinek.

 

An den Grenzen zu vielen asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Ländern ist der Nachweis einer Gelbfieber-Impfung verpflichtend. Bisher musste diese alle zehn Jahre aufgefrischt werden. Im Mai 2014 hatten die Teilnehmer der Weltgesundheitsversammlung in Genf eine Änderung der internationalen Gesundheitsvorschriften beschlossen, der zufolge künftig eine einmalige Gelbfieber-Impfung ausreicht, um lebenslangen Schutz zu gewährleisten. Sie waren damit einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation gefolgt. Die Bundesregierung erließ Anfang März 2016 eine Verordnung, die diese Regelung in deutsches Recht überführt. Sie tritt am 11. Juli in Kraft. Ob die neue Vorschrift jedoch im internationalen Reiseverkehr ab diesem Zeitpunkt ohne Weiteres anerkannt wird, bleibt laut Jelinek fraglich. Bei der Einreise in einen der betroffenen Staaten könnte es folglich kurz nach der Umstellung zu Problemen kommen, wenn diese den lebenslangen Schutz nicht akzeptierten.

 

Neues bei der Gelbfieber-Impfung

 

Das Gelbfieber-Virus gehört wie der Zika- oder Dengue-Erreger zur Familie der Flaviviren. Hauptüberträger ist die weibliche Aedes-Mücke, die den Erreger bei einem Stich von Mensch zu Mensch oder von Affe zu Mensch weitergeben kann. Die Inkubationszeit beträgt drei bis sechs Tage, dann kommt es zu einem ersten Fieberschub. Nach einer symptomfreien Periode folgt ein zweiter Schub, der eine Entzündung der Leber mit sich bringt. Etwa 20 Prozent der Patienten sterben daran. Eine medikamentöse Behandlung steht bislang nicht zur Verfügung.

 

Nach einer Impfung mit der Lebendvakzine sei bei impfnaiven Menschen nach etwa einer Woche mit einem Anstieg des Antikörper-Titers zu rechnen, so Jelinek. Bei älteren Patienten könne die Immunantwort verzögert auftreten, der Schutz werde dadurch aber letztlich nicht beeinträchtigt. »Allerdings lösen Mehrfachimpfungen bei Senioren häufiger unerwünschte andere Wirkungen aus als bei jungen Menschen«, warnte der Experte. Es könne daher sinnvoll sein, die Impfungen in bestimmten Fällen auf mehrere Wochen zu verteilen. Er gab jedoch zu bedenken, dass die Kombination verschiedener Vakzine die Immunogenität erhöhe – daher sollte nur dann ein Abstand eingehalten werden, wenn andernfalls Komplikationen zu erwarten seien.

 

Auch mit Blick auf die Impfungen gegen Hepatitis A und B erwartet Jelinek in absehbarer Zukunft eine Verlängerung der Schutzdauer. »Internationale Daten zeigen, dass der Zehn-Jahres-Booster bei der Hepatitis-B-Impfung eigentlich nicht nötig ist«, sagte er. Aktuell verlangten in Deutschland die Zulassungen jedoch noch eine regelmäßige Auffrischung. Für die Hepatitis-A-Impfung sei noch nicht vollständig geklärt, wie lange sie vor einer Infektion schütze, vermutlich aber auch lebenslang. Die Entscheidung, ob eine Auffrischung erfolgen sollte oder nicht, liege derzeit noch im Ermessen des behandelnden Arztes.

 

Darüber hinaus empfiehlt Jelinek allen Reisenden, deren Ziel die sogenannte Sahelzone südlich der Sahara ist, sich gegen Meningokokken immunisieren zu lassen. Kinder und Jugendliche sowie Teilnehmer an sozialen Projekten, bei denen ein enger Kontakt zu Einheimischen zu erwarten ist, sollten sich grundsätzlich vor Fernreisen impfen lassen. Dabei sei die tetravalente Vakzine zu bevorzugen – von Monoimpfstoffen rät Jelinek ab. »Die Serogruppen sind global sehr unterschiedlich verteilt«, erklärte er. Meningokokken werden durch Schmier- oder Tröpfcheninfektion übertragen und lösen häufig eitrige Hirnhautentzündungen, seltener Blutvergiftungen aus. Innerhalb weniger Stunden kann es dann zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen.

Gelbfieber-Ausbruch in Afrika

dpa / Angesichts der raschen Ausbreitung des Gelbfieberausbruchs in Zentralafrika hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zwei Millionen zusätzliche Dosen Impfstoff bestellt. Mit einer Massenimpfkampagne hoffe sie, die Tropenkrankheit unter Kontrolle zu bringen, teilte die WHO in Genf nach einer Notfallsitzung mit WHO-Experten mit. Gelbfieber ist im Dezember 2015 in Angola ausgebrochen. Bislang sind fast 300 Menschen an den Folgen gestorben. Weitere 2300 Krankenfälle sind aus dem südwestafrikanischen Land gemeldet. Stark betroffen ist die Hauptstadt Luanda, von wo aus viele nicht geimpfte Reisende die Krankheit ins benachbarte Kongo und auch nach Kenia und China gebracht haben. Uganda hat einen von Angola unabhängigen Ausbruch gemeldet. Der WHO-Komitee-Vorsitzende Oyewale Tomori nannte den Ausbruch »besorgniserregend«, aber er sei noch kein globaler Gesundheitsnotstand wie Zika oder Ebola. /

Poliomyelitis noch nicht ausgerottet

 

Auch Poliomyelitis, die sogenannte Kinderlähmung, ist wieder in den Fokus der Reisemedizin gerückt. Im Jahr 2015 flammte sie etwa in Afghanistan und Pakistan auf, 2014 meldeten Teile der arabischen Welt wie Syrien und der Irak vereinzelte Fälle. Vor der Einreise in eines der Gebiete sollte daher der Impfschutz dringend überprüft und gegebenenfalls aufgefrischt werden – im Idealfall mit einem Kombinationsimpfstoff, der neben Poliomyelitis auch vor Diphtherie, Pertussis und Tetanus schützt. Eine Immunisierung gegen Typhus und japanische Enzephalitis sei dagegen vor allem für Asien-Urlauber relevant, die sich etwa im Rahmen einer Rundreise auch in ländlichen Gegenden aufhielten.

 

Alle Impfstoffe können Jelinek zufolge auch in tätowierte Hautareale gespritzt werden. Die Einnahme von Gerinnungshemmern stelle keine Kontraindikation dar. Menschen mit einer Hühnereiweißallergie sollten zunächst 0,1 ml der Vakzine erhalten, um mögliche Reaktionen auszuschließen. Nach 24 Stunden könne der Arzt dann die Volldosis applizieren. /

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