Der andere Weg |
24.04.2008 09:35 Uhr |
Der andere Weg
Von Ulrike Abel-Wanek, Mannheim
Aderlässe, Blutegel und Klistiere: Im 18. Jahrhundert hatten Kranke nichts zu lachen. Samuel Hahnemann suchte nach anderen Methoden - und fand die Homöopathie. Eine Ausstellung im Mannheimer Luisenpark präsentiert eindrucksvoll die wichtigsten Stationen der sanften Heilmethode.
»Gehen Sie nach Hause, ich kann Ihnen nicht helfen, ich bringe Sie nur um Ihr Geld.« Diese Worte hingen zeitweise an der Praxistür des Arztes, Apothekers und Chemikers Hahnemann und zeugen davon, wie entschieden er die medizinischen Behandlungsmethoden seiner Zeit ablehnte. Häufig hatte er beobachtet, wie die zum Teil drastischen Maßnahmen seiner Kollegen die Patienten schwächten, manche starben sogar. Er suchte nach einer Heilkunde, die den Organismus stärkte, anstatt ihn zu schwächen.
Bei der Übersetzung einer Arzneimittellehre stieß Hahnemann 1790 auf die Beschreibung der Chinarinde. Im Selbstversuch nahm er die Substanz ein und entdeckt, dass sie beim Gesunden die Symptome des »Wechselfiebers«, der Malaria, auslöste. Beim Malariakranken selber bekämpfte und linderte sie jedoch das Fieber. »Similia similibus curentur«: Der Gedanke »Ähnliches mit Ähnlichem« zu heilen, war geboren. Die Ähnlichkeitsregel besagt, dass im Krankheitsfall ein Arzneimittel gewählt wird, das beim Gesunden ähnliche Symptome hervorbringt. Dabei handelt es sich um eine Regulationstherapie, die die Selbstheilungskräfte des Menschen aktiviert und ihm hilft, seine Krankheit zu überwinden.
Die jetzt im Pflanzenschauhaus des Mannheimer Luisenparks präsentierte Ausstellung »beleuchtet« im wahrsten Wortsinn die Geschichte und Prinzipien der Homöopathie. 16 hell strahlende Stelen im ansonsten abgedunkelten Raum informieren über die Anwendung der sanften Heilkunst von früher bis heute und geben Einblick in das Werk, aber auch das persönliche Leben ihres Begründers. Der aus armen Verhältnissen stammende Hahnemann unterhielt ein herzliches Verhältnis zu seiner großen Familie (er hatte elf Kinder) das belegen die privaten Briefe, die in verschiedenen Vitrinen ausgestellt sind.
1796 fasste Hahnemann, nach jahrelangen Selbstversuchen an sich, aber auch an seiner Frau und den Kindern, seine Erkenntnisse »über die Auffindung der Heilkräfte« in einem ersten Grundsatzwerk zusammen. Zeit seines Lebens kämpfte er dafür, die Homöopathie zu etablieren, dokumentierte seine Behandlungen genau und befasste sich sorgfältig mit der Dosierung der Mittel. Dabei entdeckte er eine weitere Grundsäule der Homöopathie: Weniger ist mehr. Hahnemann verdünnte die anfänglich überdosierten Mittel immer mehr und beobachtete ihre zunehmende Wirksamkeit. Die Erfahrungen des Arztes stellten dabei die Logik des Naturwissenschaftlers auf den Kopf, der bis dahin annahm, dass weniger Wirkstoff eigentlich auch weniger Wirkung erzielte. Mit seinem Hauptwerk, dem »Organon der rationellen Heilkunde«, manifestierte Hahnemann 1810 die damals revolutionäre Medizin-Auffassung. Mit 88 Jahren starb der Begründer der Homöopathie in Paris, wo er bis zuletzt eine Praxis unterhielt.
Die Ausstellung präsentiert historische Haus- und Reiseapotheken, die zeigen, mit welchen Mitteln Hahnemann und seine Kollegen ihre Patienten therapierten. Aber auch moderne, heute häufig eingesetzte Arzneimittel werden vorgestellt, ihre Auswahl und Herstellung erläutert und die Möglichkeiten der Selbstbehandlung dargestellt. Während der Besichtigung hören die Besucher Musik des Violinvirtuosen und Komponisten Nicolò Paganini, der Patient Hahnemanns war. Heute, nach über 200 Jahren Homöopathie, halten 76 Prozent der Deutschen die sanfte Heilkunde für eine wirksame Therapie. Jeder fünfte lässt sich homöopathisch behandeln, 33 Prozent haben bereits gute Erfahrung mit dieser Behandlungsmethode gemacht. Rund 5000 Ärzte tragen die Zusatzbezeichnung »Homöopathie«. Eine aktuelle Studie der Charité Berlin an 4000 chronisch kranken Patienten zeigte, dass sich im Laufe von drei Monaten die Symptome während einer homöopathischen Behandlung deutlich besserten, kostengünstig und nebenwirkungsarm.
Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Homöopathie-Union, Karlsruhe, und des Luisenparks Mannheim. Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18.30 Uhr.
7. Mai 2008
Dr. Markus Wiesenauer: Faszination Homöopathie. Die Kraft der weißen Kügelchen. Beginn: 19.30 Uhr, Festhalle Baumhain im Luisenpark.
23. Mai 2008
Dr. Andreas Wacker: Homöopathie für Kinder, 14.30 Uhr, Festzelt an der Festhalle Baumhain.
Wer die Homöopathie-Vorträge besucht, muss keinen Eintritt in den Luisenpark bezahlen. Wer den Eintritt in den Luisenpark bezahlt hat, kann kostenlos die Ausstellung im Pflanzenschauhaus besuchen und an einer Führung teilnehmen. Auch der Besuch der Vorträge ist kostenfrei.
Führungen durch die Ausstellung finden am 9., 13., 27. und 30. Mai statt. Beginn ist jeweils um 15 und 16 Uhr. Treffpunkt ist der Eingang zur Ausstellungshalle.
Wichtige Pflanzen, die zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel verwendet werden, können sich Besucher des Luisenparks im dortigen Heilpflanzengarten fachkundig erklären lassen. Termine: 13., 27. und 30. Mai. Beginn ist jeweils um 17 Uhr, Treffpunkt ist der Pavillon im Heilpflanzengarten.
Zu den Führungen bitte vormittags anmelden beim Luisenpark, Telefon 06521 4100523-24. Weitere Informationen zum Luisenpark unter www.stadtpark-mannheim.de.