AOK räumt Übergangsprobleme ein |
02.05.2007 09:12 Uhr |
AOK räumt Übergangsprobleme ein
Von Daniel Rücker
Die massive Kritik am Rabattvertrag zeigt langsam Wirkung. Die AOK gibt sich ein wenig zurückhaltender als noch vor wenigen Tagen. Erstmals werden sogar Startprobleme eingeräumt. Angesichts der realen Situation ist das freilich noch eine Verharmlosung.
So hatten sich das die AOK und der Generikahersteller Teva sicherlich nicht vorgestellt. Bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Frankfurt am Main schlug ihnen die geballte Kritik der Medienvertreter entgegen. Die Journalisten im Saal hatten nicht einmal im Ansatz Sympathie für die Umsetzung des AOK-Rabattvertrages.
Dabei waren die Veranstalter durchaus zu moderater Selbstkritik bereit. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, sprach von »Übergangsproblemen«, die die Kasse gemeinsam mit ihren Rabattpartnern sowie den Ärzten und Apothekern in den kommenden Wochen lösen will. Hermann verwies darauf, dass den Apothekern wegen der mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) vereinbarten Friedenspflicht bis Ende Mai keine finanziellen Nachteile entstehen könnten. Das Ausmaß der aktuellen Probleme in der Apotheke schien ihm aber entweder nicht bewusst zu sein oder er verzichtete aus gutem Grund auf weitere Ausführungen dazu.
Im Grundsatz steht Hermann jedoch wie eh und je zu dem unter seiner Federführung ausgehandelten Vertrag. Die Vereinbarung habe den Generikamarkt mächtig in Bewegung gebracht, verkündete der Kassenmanager mit sichtbarem Stolz. Auch nach den Daten von IMS haben die Rabattpartner deutlich Marktanteile hinzugewonnen. Gleichzeitig verloren die Großen der Branche, die nicht an dem Rabattvertrag beteiligt sind. Über diese Entwicklung freut sich offensichtlich auch das Bundesgesundheitsministerium. Franz Knieps, Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung im BMG, lobte, dass die AOK mit ihrem Vertrag die Marktverhältnisse in kürzester Zeit verändert habe.
Tatsächlich ist die Marktentwicklung in den vergangenen Wochen bemerkenswert. So konnte der Generikahersteller und AOK-Lieferant Teva nach Angaben seines deutschen Geschäftsführers Michael Ewers den Marktanteil bei einigen Wirkstoffen des Vertrages von knapp über 6 Prozent auf bis zu 29 Prozent steigern.
Womöglich wären die Umsätze der AOK-Vertragspartner noch größer, wenn die Unternehmen immer lieferfähig wären. Dies behauptet Ewers für Teva zwar auch mit Nachdruck. Allerdings kursiert gleichzeitig ein Schreiben des Unternehmens, nach dem einige der rabattierten Arzneimittel erst in der zweiten Maihälfte wieder geliefert werden können. Und auch bei anderen Herstellern gibt es trotz vielstimmiger Dementi weiterhin Probleme.
Eine detaillierte Antwort, wie diese Probleme zu beheben sind, blieb auch Hermann schuldig. Er lobte die Unterstützung der Apotheker und kündigte an, mit Pharmazeuten, Ärzten und den elf Generikaherstellern die Probleme zu lösen, beließ es aber bei der Absichtserklärung, ohne auf Details einzugehen. Ein Beigeschmack blieb auch deshalb, weil AOK und Teva nur Vertreter von Ärzten und Patienten aufs Podium einluden, aber nicht diejenigen, die die Arbeit mit dem Vertrag haben. Apotheker und Großhandel blieben außen vor.
Am selben Tag, allerdings gut 200 Kilometer weiter nordwestlich, stellte ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz noch einmal die Position der Spitzenorganisation vor. Grundsätzlich müssten die Apotheker die Rabattverträge unterstützen, sagte er während der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Nordrhein in Düsseldorf. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich während der Diskussion um das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vehement dafür eingesetzt hätten, dass Rabatte dort vereinbart werden, wo die Preise gemacht wurden. So habe man die Preisbildung auf der Apothekenebene stabilisieren können. Seitz machte aber auch deutlich, dass einige aktuelle Verträge »suboptimal« seien.
Verbandschef Preis wandte sich deutlich gegen Rabattverträge dieser Art. Sie machten Arzneimittel zu einer austauschbaren Ware. Apotheker würden hier zum reinen Logistiker, sagte er. Dabei sei es die originäre Aufgabe der Apotheker, gemeinsam mit dem Patienten das beste Medikament auszuwählen.
Sicherlich werden die Lieferprobleme die Apotheker weiter begleiten. Der DAV setzt sich weiter für eine praxisnähere Handhabung des Vertrages ein. Da könnte die moderate Selbstkritik der Kasse ein Indikator dafür sein, die Vorschläge der Apotheker in Zukunft noch ernster zu prüfen.