Apotheken mit Profil |
22.04.2015 10:11 Uhr |
Von Verena Arzbach, Christina Hohmann-Jeddi, Daniela Hüttemann und Daniel Rücker, Palma de Mallorca / Das Kerngeschäft in allen rund 20 500 deutschen Apotheken ist im Großen und Ganzen das Gleiche. Trotzdem sind die einen erfolgreicher als die anderen – auch dank ihrer Positionierung. Wie das gelingen kann, erfuhren die Teilnehmer des 17. PZ-Management-Kongresses vergangene Woche in Palma de Mallorca.
Auch in diesem Jahr unterstützten Awinta, VSA, Bionorica sowie die Deutsche Apotheker- und Ärztebank den Managementkongress als Kooperationspartner. Apotheken sollten sich ein Gesicht geben, um erfolgreich zu sein, sagte Hans-Erik Meyer, Inhaber der Beeke-Apotheke in Scheeßel. Eine Positionierung ist wichtig, da Apotheken weder im Sortiment, noch in der Optik oder in der fachlichen Kompetenz große Unterschiede aufweisen.
Fotos: PZ/Müller
Zielgruppe definieren
Apotheker Hans-Erik Meyer
Auch der Preis sei nicht als Unterscheidungsmerkmal geeignet. Wichtig sei es daher, eine Hauptkompetenz und ein Image für die eigene Apotheke zu bestimmen. »Wer sich nicht selbst positioniert, wird positioniert«, sagte Meyer. »Wer nichts macht, ist die Apotheke, die nichts macht.« Für eine Positionierung ist es unerlässlich, eine Zielgruppenanalyse zu machen. Der Apotheker müsse sich fragen, welche Kunden er in der Apotheke haben wolle, so Meyer. Entsprechend dieser Analyse sollte der Apothekenleiter Inhalte und Kompetenzen festlegen, die der Kunde in anderen Betrieben nicht findet.
Meyer selbst hat seine Apotheke auf die Schwerpunktthemen Mutter und Kind sowie Phytotherapie ausgerichtet. »Durch unsere Apotheke läuft ein Faden – und der ist grün«, sagte der Pharmazeut. Die Positionierung müsse bei jedem Mitarbeiter verankert und auch nach außen klar erkennbar sein. »Es hat einen Zauber, zu wissen, wer man ist.« Dies begeistere nicht nur die Kunden, sondern beeinflusse auch die Motivation der Mitarbeiter positiv. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Positionierung sei, dass das gesamte Team gut geschult ist und in den Schwerpunktthemen hohe fachliche Kompetenz aufweist, nicht nur einzelne Mitarbeiter.
Einheitliche Empfehlungen
Apothekerin Anna Laven
Eine klare, gemeinsame Position sollte das Apothekenteam auch bei der Auswahl der empfohlenen OTC-Präparate für bestimmte Selbstmedikations-Indikationen einnehmen. Denn eine einheitliche, strukturierte Beratung steigere nicht nur die Kompetenz und erhöhe die Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS), sie spare auch Zeit und bringe Geld, sagte Anna Laven, Apothekerin und geschäftsführende Gesellschafterin des Fortbildungsanbieters Pharmabrain.
»Konzentrieren Sie sich zunächst auf die drei wichtigsten Indikationen in der Selbstmedikation: Kopfschmerzen, Erkältung und Magen-Darm«, schlug Laven vor. Das verspricht guten Umsatz, denn eins von vier abgegebenen Medikamenten ist ein OTC.
Bei der Auswahl der empfohlenen Präparate sollte das Team drei Aspekte berücksichtigen: Evidenz, Erfahrung und Kundenerwartung. Im Sinne einer evidenzbasierten Pharmazie sollten die Arzneimittel für die jeweilige Indikation und das Alter zugelassen sowie ihre Wirksamkeit mit Daten ausreichend belegt sein. Zudem müsse das Nutzen-Risiko-Verhältnis angemessen stimmen, so Laven. Ein weiteres Kriterium seien die Erfahrungen des Teams mit dem Präparat – nicht bei der eigenen Anwendung, sondern mit Blick auf das Feedback der Patienten. Natürlich sei auch der Wunsch des Patienten, zum Beispiel nach einem pflanzlichen Präparat, entscheidend.
Strukturierte Beratung
Stehen die Top-Empfehlungen des Teams, sollte es die strukturierte Beratung nach immer gleichem Ablauf üben – das trainiert am besten und schützt davor, wichtige Fragen und Hinweise zu vergessen. »Sie müssen wissen, wo in der Beratung die Probleme liegen, Maßnahmen dagegen planen und deren Wirksamkeit bewerten und auch festlegen, über was, wann, mit wem und wie kommuniziert werden soll«, riet Laven.
»Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Apotheke sind die Mitarbeiter«, sagte Professor Andreas Kaapke, Hochschullehrer und Inhaber der Firma Professor Kaapke Projekte. Ehrliches Lob und Anerkennung seien daher wichtige Anreize, um Mitarbeiter zu motivieren. Aber auch wenn der Apothekenleiter sachliche, gerechtfertigte Kritik äußert, zeige dies, dass er die Arbeit seines Mitarbeiters wertschätzt, erklärte der Ökonom. Ein weiterer wichtiger immaterieller Motivationsfaktor ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für rund 90 Prozent aller Beschäftigten mit Kindern sei dies ebenso wichtig wie das Gehalt und damit entscheidend für die Wahl des Arbeitgebers, berichtete Kaapke – ein Pluspunkt für viele Apotheken.
Nichtsdestotrotz wirken laut Kaapke aber auch finanzielle Anreize nach wie vor enorm motivierend. »Gute Leistung muss auch gut bezahlt werden.« Den Mitarbeitern finanzielle Anreize zu bieten, bringe jedoch auch Nachteile und Risiken mit sich. So zieht eine Gehaltserhöhung meist nur einen kurzfristigen Motivationsschub nach sich. Mehr Geld auf dem Konto werde relativ schnell als selbstverständlich angesehen, eine dauerhafte Leistungssteigerung könne auf diese Weise kaum bewirkt werden, so Kaapke.
Gleiches gilt für regelmäßige Prämien: Fällt etwa das Weihnachtsgeld aus, rufe dies bei den Mitarbeitern große Unzufriedenheit hervor. Eine variable Vergütung, die sich an der individuellen oder an der Unternehmensleistung bemisst, biete hier einige Vorteile. Der Mitarbeiter werde so zum »Unternehmer im Unternehmen« und könne direkt am Erfolg oder Misserfolg des Betriebs teilhaben.
Eine ganz ähnliche Empfehlung gab auch die Betriebswirtschaftlerin Marcella Jung von der Jung-Akademie. Mitarbeiter würden häufig zu wenig oder mangelhaft über betriebswirtschaftliche Ergebnisse informiert. Die Folge seien falsche Vorstellungen über die wirtschaftliche Situation der Apotheke und die Einnahmen des Inhabers. Dies stehe der Motivation der Mitarbeiter im Wege. »Schaffen Sie Vorurteile ab«, sagte Jung. Die Mitarbeiter müssten die elementaren Zusammenhänge im Betrieb verstehen, etwa dass im Rx-Bereich kaum Gewinn erwirtschaftet werden kann und dass der Non-Rx-Bereich daher besonderer Aufmerksamkeit bedarf. »Therapieergänzung ist hier das Stichwort«, sagte Jung.
Zu wenig Anerkennung
Für die Motivation der Mitarbeiter spielt auch das Verhalten des Chefs eine entscheidende Rolle. Ein häufig geäußerter Kritikpunkt von Angestellten sei, dass sie zu wenig Anerkennung erhalten. Jung riet dazu, regelmäßig zu loben und eine Art Lob-Controlling einzuführen. Dies soll sicherstellen, dass alle Mitarbeiter regelmäßig Wertschätzung erfahren. »Wichtig ist hierbei, nicht nur die Leistung zu loben, sondern auch den Menschen.«
Eine wichtige Art von Anerkennung sei auch, sich ausreichend Zeit für jeden einzelnen Mitarbeiter zu nehmen und regelmäßig Mitarbeitergespräche zu führen. »Einmal pro Jahr ist zu wenig«, so die Referentin. Zweimal pro Jahr sei Minimum. Das Argument »Meine Tür steht doch immer offen« ließ die Referentin nicht gelten. »Führen kostet nun mal Zeit.« Aber der Aufwand zahle sich aus.
Modellprojekte im Ausland
Apotheker müssten sich künftig noch stärker im therapeutischen Team einbringen, sagte ABDA-Vorstandsmitglied Karin Graf. Modellprojekte im Ausland könnten dabei als Vorbild dienen.
Foto: PZ/Müller
Arzneimittel werden in allen europäischen Staaten als besondere Waren angesehen, die auch eine besondere Vertriebsumgebung brauchen. Die unterschiedlichen Apotheken-, Arzneimittel- und Gesundheitssysteme der europäischen Länder unterscheiden sich jedoch trotzdem in vielen Punkten, erklärte Karin Graf, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der ABDA. Das mache es so schwierig, gute pharmazeutische Projekte aus anderen Staaten einfach in Deutschland zu übernehmen.
Der Beruf des Apothekers sei europaweit im Wandel. »Wir müssen uns zukünftig viel stärker im therapeutischen Team einbringen, um überleben zu können«, sagte Graf. Wie dies aussehen könnte, zeigen Modellprojekte verschiedener Staaten. In Großbritannien etwa listet der zuvor geschulte Apotheker im Rahmen eines Medication Use Reviews die gesamte Medikation des Patienten auf und berät zu Handhabung, Nebenwirkungen und Interaktionen. So soll die Therapie chronisch kranker Patienten verbessert werden. Der Apotheker darf hierbei Dosierungen eigenmächtig verändern oder nach Rücksprache die vom Arzt verordnete Darreichungsform austauschen. Dem Apotheker steht dafür jedes Jahr eine Vergütung von 28 Pfund (etwa 39 Euro) pro Patient zu.
Ein anderes Modell gibt es in Irland: Im Rahmen eines Impfprogramms darf der Apotheker hier nach einer Schulung bestimmte Risikogruppen gegen Grippe impfen. Der Apotheker bekommt für diese Leistung 15 Euro vom staatlichen Gesundheitsdienst, am Impfstoff selbst verdient er nicht. Ähnliche Impfprogramme seien auch in anderen europäischen Ländern, beispielsweise der Schweiz, sehr erfolgreich, sagte Graf. »Die Patienten nehmen diese Möglichkeit sehr gut an.« Denn der Zugang zu Apotheken ist niedrigschwellig, ein Termin wie beim Arzt ist nicht nötig. /
Unter dem Titel »Richtig abstürzen – die Apotheke bin ich« zeigte der österreichische Wirtschaftskabarettist Christian Pongratz den schnellen Weg zur Unternehmenszerstörung. Grundvoraussetzung für einen erfolglosen Tag im Unternehmen sei ein gesunder »Anzipf«, das österreichische Wort für die unterste Motivationsstufe. Mit diesem sollte man möglichst morgens schon aufstehen, was einiger Übung bedürfe, und dann in den Betrieb mitnehmen, um ihn dort in alle Ebenen bis hin zu den Kunden weiterzureichen.
Ein Betriebsdesaster stelle sich nur dort ein, wo die Grundeinstellung stimme. Daher seien die vier Arten der Grundmotivation Stolz, Sicherheit, Spaß und Profit die Hauptfeinde. Besonders Spaß an der Arbeit sei gefährlich, weil unter dieser Voraussetzung kein ordentlicher Anzipf aufkommen könne. Allein mit Mitarbeitern, die vom Profit angetrieben werden, ließe sich arbeiten, weil hier die Grundloyalität fehle, erklärte der promovierte Betriebswirt und Gründer des Kärtner Büros für Unternehmungszerstörung. Herzstück des Betriebsdesasters seien Fehler. Diese müsse man nicht nur machen, sondern auch wiederholen, unter den Teppich kehren, wo sie sich vermehren können, bis es irgendwann zur Explosion kommt.
Ein wichtiger Faktor sei auch die korrekte Kommunikation im Unternehmen. So gilt: Lauter ist immer besser. Wer seine Mitarbeiter wertschätzend anspreche, habe schon verloren. Es sei klarzustellen, dass bei Missverständnissen zwischen Unternehmensleitern und Mitarbeitern grundsätzlich die Ursache bei den Mitarbeitern liegt: Entweder sie erklärten schlecht oder sie würden die Erklärungen der Unternehmensführung nicht richtig verstehen. /