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Multiple Sklerose

Daclizumab HYP halbiert Schubrate

23.04.2013  12:48 Uhr

Von Ulrike Viegener / Der monoklonale Antikörper Daclizumab HYP (high-yield process) halbiert bei Multipler Sklerose (MS) die Schubfrequenz. Das hat eine im Fachmagazin »The Lancet« publizierte Phase-II-Studie gezeigt.

An der SELECT-Studie – einer internationalen Multicenterstudie unter Leitung von Professor Dr. Ralf Gold, Bochum – nahmen insgesamt 621 Patienten mit schubförmig remittierender multipler Sklerose teil (doi: 10.1016/S0140-6736 (12)62190-4). Diese wurden in der randomisierten Doppelblindstudie zu etwa gleichen Teilen drei Gruppen zugeteilt: Die Patienten der ersten Gruppe erhielten alle vier Wochen eine subkutane Injektion von 150 mg Daclizumab HYP. In der zweiten Gruppe betrug die Dosis 300 mg, und die dritte Gruppe erhielt Placebo. Die Studiendauer betrug ein Jahr. Primärer Endpunkt war die jährliche Schubrate.

 

Aktuelle Phase-III-Studie gegen Interferon-β

 

Unter Daclizumab HYP in der niedrigen Dosis lag die mittlere jährliche Schubrate bei 0,21 gegenüber 0,46 unter Placebo. Das entspricht einer Reduktion um 54 Prozent. Schubfrei blieben im Beobachtungszeitraum 81 Prozent der Patienten unter 150 mg Daclizumab HYP und 64 Prozent unter Placebo. Die Dosissteigerung brachte durchgängig keinen Zusatzeffekt.

In der Studie wurde die Medikation gut vertragen. Unerwünschte Nebenwirkungen waren selten und betrafen hauptsächlich die Rate an Infektionen sowie die Leberfunktion und Hautentzündungen. Sowohl in der 150-mg-Gruppe als auch in der Placebogruppe trat ein Fall eines malignes Melanoms auf; in der 300-mg-Gruppe waren es zwei Fälle. Zwar wird die höhere Dosierung nicht weiterverfolgt, aber da zumindest der Verdacht eines Zusammenhangs mit der Medikation besteht, werden auch im Hinblick auf die Therapiesicherheit die Ergebnisse der DECIDE-Studie interessant sein. In dieser aktuell laufenden Phase-III-Studie wird Daclizumab HYP bei schubförmig remittierender MS gegen Interferon-β-1a geprüft.

 

Daclizumab HYP ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der an den Interleukin-2-Rezeptor bindet und so das Signal dieses entzündungsfördernden Zytokins blockiert. Interleukin-2 spielt nach aktuellem Verständnis bei Autoimmunreaktionen und auch bei der MS-typischen Zerstörung von Myelinscheiden eine wichtige Rolle. Es wird vermutet, dass unter dem Einfluss des monoklonalen Antikörpers natürliche Killerzellen aktiviert werden, die dann die fehlgeleiteten Immunzellen ausschalten. Daclizumab HYP ist ein – zur Abschwächung der Zytotoxizität – gezielt veränderter Abkömmling von Daclizumab, das seit 1999 zur Prophylaxe von Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen als Teil einer Kombinationstherapie mit Ciclosporin und Corticosteroiden auf dem Markt war. 2009 wurde die europäische Zulassung auf Antrag des Herstellers aus kommerziellen Gründen zurückgenommen. /

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