Nischenangebot |
08.04.2015 10:25 Uhr |
Seit rund zehn Jahren dürfen Apotheken Arzneimittel an Patienten versenden. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte mit dem GKV-Modernisierungsgesetz 2004 den bis dahin verbotenen Arzneimittelversand erlaubt – für verschreibungspflichtige und OTC-Arzneimittel gleichermaßen. Die Reaktionen der Beteiligten fielen sehr unterschiedlich aus. Die Apotheker fürchteten einen Qualitätsverlust in der Arzneimittelversorgung und sinkende Erträge in den Apotheken. Die Bundesregierung wollte sich als marktorientierte Modernisiererin darstellen. Manche Verbraucherschützer hofften auf niedrigere Preise für die aus der Preisbindung entlassenen OTC-Arzneimittel.
Eine Dekade später haben sich die Wogen geglättet. Die Erwartungen an den Versandhandel haben sich zwar in der Tendenz zumindest teilweise bestätigt, die Auswirkungen fielen aber insgesamt deutlich moderater aus als befürchtet. Das belegen auch aktuelle Zahlen des Informationsdienstleisters IMS-Health zum Arzneimittelmarkt 2014 (lesen Sie dazu OTC-Präparate: Versender steigern Absatz trotz Flaute). Danach werden etwa 11 Prozent der OTC-Produkte über den Versandweg gekauft. 1,2 Milliarden Euro haben die Versender 2014 mit rezeptfreien Präparaten umgesetzt, drei Viertel davon entfallen auf Arzneimittel. Keine Frage: Den Apotheken tut das weh, rund 60 000 Euro Umsatz pro Jahr gingen so verloren.
Die aktuellen IMS-Zahlen belegen aber auch, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln bis auf Weiteres ein Nischenangeb0t bleibt. Das liegt vor allem am extrem schwachen RX-Geschäft der Versender. Seitdem sie sich an die Preisbindung halten müssen, verlieren sie von Jahr zu Jahr mehr Marktanteile. Nach IMS-Angaben hatten Versandapotheken 2014 einen Anteil von 3 Prozent am Arzneimittelmarkt. Das ist sehr überschaubar.
Damit ist auch eine These von Marktderegulierern aus den frühen 2000er-Jahren widerlegt. Der regulatorische Rahmen der Arzneimittelversorgung ist kein Geschenk für die Apotheken. Er schützt die Patienten. Präsenzapotheken brauchen keinen Schutzzaun. Trotz Versandhandel haben sie immer noch einen Marktanteil von 97 Prozent. Den meisten Patienten ist die persönliche Beratung in der Apothele eben wichtiger als ein Preisnachlass.
Daniel Rücker
Chefredakteur