Flaggschiff der Krebsforschung |
08.04.2014 16:28 Uhr |
Von Ulrike Abel-Wanek / Seit 1964 erforschen Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums die Volkskrankheit Krebs. Der Wandel vom nationalen Institut hin zu einem international renommierten Zentrum der Spitzenforschung stand anlässlich des 50-jährigen Jubiläums im Mittelpunkt einer Pressekonferenz in Berlin.
Das ursprünglich ohne klinische Anbindung konzipierte Heidelberger Zentrum hatte von Anfang an einen doppelten Auftrag: die biologischen Grundlagen von Krebs zu erforschen und diese Ergebnisse in verbesserte Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung von Krebserkrankungen umzusetzen. In 50 Jahren haben die Wissenschaftler nicht nur der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs den Weg geebnet und damit zur Krebsprävention beigetragen. Sie haben neue Verfahren zur Strahlenbehandlung von Tumoren entwickelt und mit molekularer Forschung dazu beigetragen zu verstehen, wie Krebs überhaupt entsteht. »Das DKFZ ist das Flaggschiff der deutschen Krebsforschung«, sagte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Professor Dr. Johanna Wanka zur Begrüßung der Jubiläumsgäste vergangene Woche im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin.
»Stand in den ersten Jahren die Grundlagenforschung im Vordergrund, so kann das DKFZ inzwischen auch Erfolge bei der Translation seiner Ergebnisse in klinische Anwendungen verzeichnen«, erläuterte der Vorstandsvorsitzende des DKFZ, Professor Dr. Otmar D. Wiestler. Eine stabile Brücke zur klinischen Krebsmedizin sei das vor zehn Jahren in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe gegründete Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), so Wiestler. Von hier sollen die Forschungsergebnisse aus dem Labor so schnell wie möglich ans Krankenbett gelangen und jeder Patient die Therapie erhalten, die auf seine individuelle Erkrankung abgestimmt ist. Das DKFZ betreibt eines der größten europäischen Zentren zur Genomsequenzierung, das Heidelberger Center for Personalized Oncology, kurz DKFZ-Hipo. Die Ergebnisse von Erbgutanalysen der Patienten fließen in die Behandlungsprotokolle mit ein.
Im Deutschen Konsortium für translationale Krebsforschung (DKTK) verbündet sich das DKFZ bundesweit mit sieben weiteren Universitätskliniken, um die Translation vielversprechender Forschungsergebnisse voranzubringen.
Überleben trotz Rückfällen
Mit der gerade gestarteten Inform-Studie sollen die Möglichkeiten der personalisierten Medizin speziell krebskranken Kindern helfen. Das drängendste Problem in der Krebsmedizin bei Kindern seien heute Rückfälle trotz einer intensiven Strahlen- und Chemotherapie, erläuterte der Leiter der Pädiatrischen Neuroonkologie im DKFZ, Professor Dr. Stefan Pfister. Jährlich treten etwa 1800 neu diagnostizierte Krebsfälle bei Kindern unter 15 Jahren auf. Obwohl Krebs bei Kindern heute in etwa dreiviertel aller Fälle dauerhaft heilbar sei, bestehe bei einem erneuten Rückfall nur wenig Aussicht auf Heilung. Das betrifft in Deutschland jedes Jahr etwa 500 Kinder. Zum Zeitpunkt des Rückfalls versagen die ursprünglich wirksamen Medikamente häufig, weil der Krebs mit neuen Mutationen zurückkehrt. Die Untersuchung des Tumorerbguts bei Rückfällen eröffnet nun die Möglichkeit, individuell für jeden Tumor die passenden Medikamente auszuwählen.
Auch von der erst seit 2008 am DKFZ etablierten Erforschung der Tumor-Stammzellen erwartet Wiestler in Kürze Ergebnisse, die die Behandlung bestimmter Krebsarten verbessern können. »Wir erforschen alle Aspekte der Biologie von Tumor-Stammzellen«, so Professor Dr. Andreas Trumpp, Leiter der Abteilung Stammzellen und Krebs, »welche Marker sie auszeichnen, wie sie aktiviert werden, wie ihre Mikro-Umgebung, die sogenannte Stammzell-Nische beschaffen ist, und ob und wie sie zur Entstehung von Metastasen beitragen.«
Prävention möglich
Fünf Jahrzehnte Forschung hätten auch in Sachen Prävention zahlreiche Verbesserungen hervorgebracht, so Wiestler. DKFZ-Forscher konnten schon in den 1980er-Jahren dazu beitragen, krebserregende Substanzen aus Nahrung und Umwelt zu verbannen. Und das langjährige Engagement gegen das Rauchen habe allein in Deutschland Tausende von Krebsfällen verhindert. Heute erforscht die Abteilung Präventive Onkologie am DKFZ unter Leitung von Professor Dr. Cornelia Ulrich den Einfluss von genetischen Faktoren auf die Krebsprävention, die Krebsentstehung und die Prognose einer Krebserkrankung. »Dazu analysieren wir vor allem die Interaktionen mit Ernährung, Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten«, so Ulrich. Außerdem befasst sich die Forschergruppe mit der primären und tertiären Prävention von Krebs, unter anderem im Rahmen von Studien zu Sport und Krebs. Ein weiteres Ziel der Abteilung: Lebensstilfaktoren zu identifizieren, mit denen Krebs- patienten ihre Prognose und ihr Wohlbefinden eigenständig verbessern können. /