Mehr als nur Business-Etikette |
03.04.2018 09:31 Uhr |
Von Carolin Antropov / Sei es beim Vorstellungsgespräch, dem Geschäftsessen oder im alltäglichen Umgang miteinander: Um gutes Benehmen kommt niemand herum. Wer die wichtigsten Knigge-Regeln kennt, muss sich vor dem Handschlag nicht fürchten.
Trotz guter Erziehung bringen einen manche Situationen ins Schwitzen. Welche Kleidung erscheint angemessen? Wie stelle ich mich richtig vor? Und wie war das noch gleich mit dem Handschlag? Patzer in den Umgangsformen fallen nicht nur im Privatleben negativ auf, sondern können auch der Karriere im Weg stehen. Es lohnt sich also, sich mit den wichtigsten Benimmregeln vertraut zu machen. Denn souveränes Auftreten kann man lernen.
Ein kräftiger Handschlag ist bei einem Bewerbungs- gespräch nicht zu unterschätzen. Idealerweise sollte er ein bis zwei Sekunden dauern und Augenkontakt darf dabei nicht fehlen.
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Kein Wunder also, dass der Begriff »Knigge« in aller Munde ist. Er geht zurück auf das Werk »Über den Umgang mit Menschen« des Schriftstellers Adolph Freiherr Knigge aus dem Jahr 1788. Er thematisierte soziologische Aspekte des höflichen Umgangs miteinander, beispielsweise unter Eheleuten, mit Kindern oder auch mit sich selbst. Nach Knigges Tod ergänzten verschiedene Herausgeber die bekannten Benimmregeln und aktualisieren diese seither.
Gut gegrüßt ist halb gewonnen
Der erste Eindruck beginnt mit der richtigen Begrüßung. Hierbei gilt die Grundregel: Wer reinkommt, der grüßt. »Wenn Sie sich das antrainieren, wird sich Ihr Leben kolossal ändern«, so Knigge-Expertin Vera Reich bei einem Workshop in Frankfurt am Main. Dabei sei es völlig unerheblich, ob es um den Arbeitsplatz, einen Buchladen, die Hotelrezeption oder gar den Bus geht. Sogar ob der Busfahrer den Gruß erwidert oder nicht, ist irrelevant. Denn man werde anders wahrgenommen.Natürlich grüßt der Apotheker auch dann, wenn ein Kunde stumm bleibt. Dabei sollte man sich antrainieren, zumindest einmal den Namen des Gesprächspartners zu nennen. Schließlich hört jeder seinen eigenen Namen am liebsten. Das gilt nicht nur im professionellen Umgang mit Kunden oder Kollegen, sondern ebenso im Privaten mit Freunden.
Im Businessalltag sind die Rollen meist klar verteilt: Der Gastgeber öffnet die Tür und bietet dem Gast dann den Handschlag an. Hierdurch kann er dem Besucher mit Gesten zeigen, dass er willkommen ist. »Sie ziehen ihn mit dem Handschlag in Ihr Terrain«, sagt Reich. Es wäre als Gast ein Fehler, selbst den Handschlag anzubieten oder gar die Tür zu schließen.
Als einzige Berührung im Geschäftskontakt ist der Handschlag nicht zu unterschätzen. »Im Business müssen wir einen kräftigen Handschlag haben, um wahrgenommen zu werden«, erklärt Reich. Aufstehen ist dabei unerlässlich, ebenso wird zunächst der oberste Knopf vom Jackett geschlossen. Beides zeugt von Respekt. Der ideale Handschlag dauert nur ein bis zwei Sekunden und Augenkontakt darf nicht fehlen. Gerade dann, wenn reihenweise Hände geschüttelt werden, passiert es allerdings immer wieder, dass der Blick schon zum Nächsten wandert. Ein absolutes No-Go! Auch Tätscheln an Arm oder Schulter hat im Berufsleben nichts zu suchen. »Begrüßen Sie in Gruppen jeden gleichermaßen«, empfiehlt Reich. So fühle sich jeder respektiert und niemand ausgeschlossen. Am besten werden die Unterlagen oder die Tasche in der linken Hand getragen, um die rechte Hand freizuhalten. Unabhängig vom Gastgeber gilt ansonsten die Regel, dass der Handschlag stets vom Ranghöheren angeboten wird.
Als Gast bedienen lassen
Wird der Bewerber oder Kunde durch das Unternehmen geführt oder zum Büro begleitet, geht er üblicherweise rechts vom Gastgeber. Es herrscht sozusagen »Rechtsverkehr«. Diese Regelung stammt noch aus dem Mittelalter, als Leib und Leben des Besuchers mit einem Schwert beschützt wurden. Wieder gilt die klassische Rollenverteilung, in der der Gastgeber nicht nur Türen öffnet, sondern beispielsweise auch den Fahrstuhl betätigt. Deshalb sollte der Gast darin am besten gegenüber der Schaltfläche stehen.
Small Talk stellt ebenfalls eine Hürde dar. Strittige Themen wie Religion und Politik, aber auch Geschäftliches, das in geschlossenen Räumen besprochen werden sollte, haben während der Warm-up-Phase auf Fluren nichts zu suchen. Bewährt hat sich der Plausch über das Wetter, die Anreise oder neutrale Themen wie die Stadt, in der der Termin stattfindet. Grundsätzlich sollte alles vermieden werden, was in irgendeiner Form negativ besetzt sein könnte. Bei prekärer Parksituation ist es also ungeschickt. danach zu fragen. Wird doch einmal geschimpft, kann eine positive Suggestivfrage die Situation oft retten: »Aber sonst hat alles gut geklappt?«
Neben Small Talk wird auch die Frage nach einem Getränk bei keinem Termin fehlen. Selbst ohne Durst wäre es unhöflich, dieses Angebot abzulehnen. Sonderwünsche wie eine »Coke Zero« oder Maracujasaft machen keinen guten Eindruck und können der Sekretärin Schweißperlen auf der Stirn bereiten. Reich empfiehlt, eine schlichte Tasse Kaffee oder Tee zu wählen. Falls sie im Gespräch nicht getrunken wird, ist dies aus ihrer Sicht kein Problem. Denn der Geschäftspartner wird es auf ein lebendiges Gespräch beziehen, in dem der Gast schlichtweg nicht dazu gekommen ist.
Werden schließlich Visitenkarten ausgetauscht, dann stets von Hand zu Hand. Selbst am Empfang gilt es als unschicklich, sie über den Tresen zu schieben. Zudem sollte eine Visitenkarte niemals abgelehnt, zurückgegeben oder gar zurückgefordert werden –ohne Ausnahme! Falls die Pharmavertreterin bereits mehrfach ihr Kärtchen in der Apotheke abgegeben hat, ist sie trotzdem auch ein zehntes Mal wertschätzend anzunehmen. Respekt im Umgang miteinander ist in diesem Fall wichtiger als Umweltschutz.
Beim Verabschieden gilt dann wieder die bekannte Regel: Der Gastgeber öffnet die Tür und fordert damit höflich zum Gehen auf. Wer diese schlichte Rollenverteilung konsequent umsetzt, wird die unangenehme Situation nicht mehr erleben, in der Gast und Gastgeber noch zwanzig Minuten an der geschlossenen Tür stehen. Zähe Verabschiedungen gehören so auch im Privatleben der Vergangenheit an. /