Impfen ohne Nadel |
29.03.2017 09:37 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Ein neuer Weg der nadelfreien Impfung ist die epidermale Pulverimmunisierung (EPI). Dabei wird ein trockener Impfstoff auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt, um die Pulverpartikel in die Epidermis einzubringen.
»Da hier Nervenendigungen und Blutgefäße fehlen, ist die Applikation schmerzfrei und könnte eine Alternative zu Nadel und Spritze sein«, sagte Privatdozentin Dr. Julia Engert, Ludwig-Maximilians-Universität, bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie in München.
Die teils gefürchtete Nadel könnte zukünftig überflüssig werden. Zumindest im Tierversuch überzeugte eine nadelfreie Impfung.
Foto: iStock/BernardaSv
Mit einem neuen Applikator könne man ein Vakzinepulver mit Partikelgrößen von 20 bis 80 µm mit ausreichend hoher Antigen-Beladung auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigen, so die pharmazeutische Technologin. Für das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt entwickelte die Firma PyroGlobe einen pyrotechnisch betriebenen Applikator. Die Vakzinepartikel werden mithilfe öliger Adjuvanzien auf eine Membran des Applikators so aufgebracht, dass sie erst bei der Auslösung des Applikators losgerissen werden.
Engert verglich die erreichbaren Geschwindigkeiten: »Ein Gepard läuft etwa 25 m/sec, ein Flugzeug Typ A380 circa 265 m/sec. Mit unserem Applikator sind bis 650 m/sec erreichbar«. Versuche an exzidierter Schweinehaut hätten gezeigt, dass die Partikel das Stratum corneum durchbrechen und tatsächlich in der Epidermis ankommen.
Die Technologin stellte eine In-vivo-Studie mit Schweinen vor. Dazu wurde der flüssige Influenza-Impfstoff Pandemrix® aufkonzentriert, mit Hilfsstoffen formuliert und via Kollaps-Gefriertrockung getrocknet. Die kollabierten Lyophilisate wurden kryovermahlen. An anästhesierten Ferkeln, die H1N1-negativ waren, überprüfte die Arbeitsgruppe die Antigenität der Vakzine. Die Tiere erhielten zweimal eine Dosis entweder durch intramuskuläre Injektion oder mit dem pyrotechnischen Applikator.
Blutproben der Tiere wurden zu verschiedenen Zeitpunkten gesammelt und die Antigen-spezifischen Antikörpertiter bestimmt. »Etwa ein Viertel der EPI-Dosis erreichte die Epidermis der Ferkel«, berichtete Engert. An Tag 28 seien messbare Anti-H1N1-Antikörpertiter gefunden worden. Als nächste Schritte sind eine Erhöhung der Beladungsdosis und ein verlängerter Beobachtungszeitraum geplant. /