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Pille danach

Regierung hält sich Vorgehen offen

26.03.2014  09:56 Uhr

Von Stephanie Schersch / Wie es im Streit um die mögliche Freigabe der Pille danach weitergehen soll, ist noch unklar. Drohende EU-Sanktionen stellen die Bundesregierung jetzt vor ein zusätzliches Problem.

Im vergangenen Herbst hatte der Bundesrat zwei Verordnungen der Regierung nicht zugestimmt. Dabei ging es zum einen um eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung, zum anderen standen Regelungen für die Anerkennung von Rezepten aus anderen europäischen Staaten zur Abstimmung. 

 

In beiden Fällen sollten EU-Vorgaben in deutsches Recht überführt werden. Die Länderkammer hatte gestört, dass in den Bestimmungen nicht auch die Freigabe von Levonorgestrel vorgesehen war. Beide Verordnungen liegen seit November auf Eis und konnten nicht wie von der EU gefordert Ende 2013 in Kraft treten.

 

Deutschland drohen damit nun Sanktionen. Ende Januar habe die Europäische Kom­mis­sion ein Vertragsverletz­ungs­ver­fah­ren gegen Deutschland eingeleitet, schreibt die parla­mentarische Staats­sek­re­tä­rin im Bun­des­minis­terium für Gesundheit, Ingrid Fischbach (CDU), in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Links­fra­ktion. Die damit verbundene Anhörungsfrist ende am 27. März, dann könne die Kommission eine Stellungnahme an Deutschland richten, in der sie den Vorwurf der Vertragsverletzung bekräftigt. Alles könnte dann auf ein Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof hinauslaufen.

 

Kein Weg aus der Bredouille

 

Einen Weg aus dieser Bredouille hat die Bundesregierung bislang offenbar nicht gefunden. Man prüfe derzeit das weitere Vorgehen mit Blick auf den Bundesratsbeschluss, schreibt Fischbach lediglich. Ob und wenn ja in welcher Form die Regierung die Verordnungen noch einmal in die Länderkammer einbringen wird, ist also offen

 

Bei der Pille danach gibt es nicht nur zwischen Bund und Ländern Meinungsverschiedenheiten. Auch die Koalition ist in diesem Punkt tief gespalten. Während die SPD für eine Freigabe ist, will die Union an der Rezeptpflicht festhalten. Dabei verweisen CDU und CSU unter anderem auf die aus ihrer Sicht notwendige Beratung durch einen Arzt. Grundsätzlich seien auch Apotheker »als Arzneimittelexperten vor allem mit der Wirkungsweise und dem Nebenwirkungsprofil unterschiedlichster Arzneimittel vertraut«, schreibt Fischbach auf Nachfrage der Linken. So befähige die Ausbildung Apotheker »zu einer ihrer Qualifikation entsprechenden Beratung für eine sachgerechte und bestimmungsgemäße Anwendung von Arzneimitteln«.

 

Die Ausbildung der Ärzte umfasse neben Fächern, »die für eine umfassende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich sind« allerdings auch spezielle gynäkologische Aspekte, so Fischbach weiter. Sie seien daher »im Allgemeinen aufgrund ihrer Ausbildung befähigt, Mädchen und Frauen in einer Notfallsituation umfassend zu beraten« und auch über Verhütungsfragen und sexuell übertragbare Krankheiten aufzuklären.

 

Unabhängig von der Debatte in Deutschland prüft die Europäische Arzneimittelagentur EMA derzeit die Freigabe von Ulipristal, das ebenfalls als Notfallverhütungsmittel zum Einsatz kommt. Eine Entscheidung ist nach Aussage der Bundesregierung noch nicht absehbar. Damit sei frühestens in diesem Sommer zu rechnen.

 

SPD in der Kritik

 

Linken-Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler kann die Haltung des Bundesgesundheitsministeriums zur Freigabe von Levonorgestrel nicht nachvollziehen. Selbstverständlich seien Apotheker in der Lage, über die vernünftige Anwendung von Notfallkontrazeptiva zu beraten, sagte sie. »Und um nichts anderes geht es.« Frauen in einer Notfallsituation benötigten schließlich keine Belehrungen über Sexualverhalten oder Geschlechtskrankheiten. Vogler forderte zudem die SPD auf, sich stärker in die Debatte einzubringen. Sie dürfe nicht länger allein den Gesundheitsminister für die Regierung sprechen lassen. »Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.« /

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