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Schon geringes Übergewicht fördert Herz-Kreislauf-Risiko

21.03.2018  10:45 Uhr

dpa / Schon geringes Übergewicht erhöht einer großen Studie zufolge das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die schottische Untersuchung zeigt, dass übermäßige Pfunde das Risiko für einen Herzinfarkt, für Herzschwäche und Schlaganfall steigerm. Das widerspreche dem sogenannten Adipositas-Paradoxon, betonen die Forscher im »European Heart Journal«.

Dieses besagt, dass Übergewicht und sogar Fettleibigkeit unter Umständen vorteilhaft sein können. »Je weniger Fett, insbesondere um den Bauch, desto geringer das Risiko für spätere Herzerkrankungen«, sagt dagegen Erstautorin Dr. Stamatina Iliodromiti von der Universität Glasgow.

Das Team um Iliodromiti schloss 296 535 Menschen in die Analyse ein, die zu Beginn der Studie 40 bis 69 Jahre alt und gesund waren. Die Forscher verfolgten dann das Schicksal der Teilnehmer über zwei Jahre. Der Analyse zufolge, hatten Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 22 und 23 kg/m2, also Normalgewicht, das geringste Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Übergewicht beginnt laut Definition der Weltgesundheitsorganisation bei einem BMI von 25, Fettleibigkeit ab dem BMI 30.

 

Die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stieg linear: Ein Anstieg des BMI um 5,2 Punkte ging bei Frauen mit einem um 13 Prozent erhöhten Risiko einher. Bei Männern reichte ein BMI-Unterschied von 4,3 Punkten für den gleichen Risikoanstieg. Eine wichtige Rolle spielt vor allem der Taillenumfang: Das geringste Risiko fanden die Forscher bei Frauen mit einem Umfang von 74 cm, bei Männern mit 83 cm. Bei Frauen stieg die Gefahr für kardiovaskuläre Probleme für jeden Zuwachs um 12,6 Zentimeter um 16 Prozent. Bei Männern stieg das Risiko pro 11,4 Zentimeter um 10 Prozent. Bauchfett gilt als besonders problematisch, weil es im Gegensatz zu Fettpolstern direkt unter der Haut verstärkt entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt, die die Blutgefäße schädigen.

 

»Das ist die größte Studie, die dem Adipositas-Paradoxon bei gesunden Menschen widerspricht«, resümiert Iliodromiti. Möglicherweise könne das aber bei Menschen mit bestimmten Erkrankungen, etwa Krebs wegen des Gewichtsverlusts, anders sein.

 

»Die Studie greift einen Aspekt auf, der seit Jahren durch die Literatur geistert«, sagt Professor Dr. Nikolaus Marx, Leiter der Kardiologie am Uniklinikum Aachen gegenüber der Deutschen Presseagentur. »Anhand dieser Daten kann man das Adipositas-Paradoxon so nicht mehr stehen lassen.« Um es endgültig zu widerlegen, müsse das Resultat jedoch in großen Studien bestätigt werden. »Die wird es geben, und dann ist die Behauptung vom Tisch«, sagt Marx. Der Experte betont, dass Übergewicht nicht nur auf das Herz-Kreislauf-System schlägt, sondern auch das Risiko für Stoffwechselstörungen wie Typ-2-Diabetes und für Probleme des Bewegungsapparates steigern kann. /

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