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Dermopharmazie

Wohltuende Pflege für Babyhaut

05.03.2007  13:45 Uhr

Dermopharmazie

Wohltuende Pflege für Babyhaut

Von Michaela Arens-Corell

 

Säuglingshaut ist wunderbar zart, warm, weich und voller Duft - aber auch besonders empfindlich. Sie ist fünfmal dünner als die Haut von Erwachsenen und kann Keimen und Umwelteinflüssen noch wenig entgegensetzen. Deshalb ist es in den ersten Monaten besonders wichtig, sie richtig zu pflegen.

 

Zwar sind bei der Geburt schon alle Hautschichten und Hautdrüsen vollständig ausgebildet, die Haut ist jedoch noch nicht im vollen Maß funktionsfähig. So ist die Lederhaut bei Babys dünner und die Oberhaut ebenso wie die Hornschicht lockerer strukturiert als bei Erwachsenen. Auch die Regulation der Schweißbildung funktioniert in den ersten Lebensjahren noch nicht vollständig. Erst ab dem dritten Lebensjahr kann der Körper den Temperaturhaushalt regulieren.

 

Das Immunsystem der Haut ist bei der Geburt noch unreif und ihr Abwehrvermögen noch nicht voll entwickelt. Dazu trägt auch der noch instabile Säureschutzmantel der Haut bei. Der pH-Wert der Hautoberfläche des Neugeborenen liegt bei 6,5 und sinkt in den ersten Lebenswochen auf den später weiter bestehenden Wert um 5,5 ab. Dieser trägt zur Abwehr von Krankheitserregern bei, indem er an das saure Milieu angepasste apathogene Mikroorganismen gegenüber pathogenen Keimen, die einen neutralen pH-Wert bevorzugen, begünstigt. Zudem ist Babyhaut durchlässiger für Wasser und damit meist trockener. Von außen einwirkende Reizstoffe und Allergene dringen leichter ein.

 

Baden nur einmal pro Woche

 

Babys müssen höchstens einmal täglich von Kopf bis Fuß gewaschen werden, Mund, Hände und Po öfter. Baden ist nur dann nötig, wenn das Kind rundum »eingesaut« ist oder zum Aufwärmen, Erfrischen oder Wohlfühlen. In den ersten Lebensmonaten und bei trockener Haut sollte höchstens zweimal pro Woche, möglichst kurz (maximal zehn Minuten) bei Temperaturen zwischen 35 und 37°C gebadet werden. Nach dem Baden ist Eincremen sinnvoll.

 

Milde, seifenfreie Badezusätze können,  sparsam dosiert, verwendet werden. In der Regel reicht bei Babys klares Wasser. Spreitende Ölbäder, Oliven- oder Süßmandelöl im Wasser sind Pflegemittel, die für die Reinigung wenig bringen. Da das Öl auf der Haut bleiben soll, müsste die Haut nach dem Baden an der Luft trocknen, was praktisch kaum umzusetzen ist. Vergleichbare Effekte lassen sich mit emulgierenden Bädern oder Eincremen erreichen.

 

Alle emulgierenden Hautreinigungsprodukte, ob Seife, Waschstück, Waschgel oder Badeschaum, enthalten Tenside, die Schmutz und Fett emulgieren. Wegen des geringen Fett- und Talganteils und der Empfindlichkeit der Babyhaut sollte die Tensidmenge möglichst gering und die Zusammensetzung möglichst mild sein. Dies schließt die Verwendung von Seifen aus.

 

Seifen als Alkalisalze langkettiger Fettsäuren sind immer alkalisch und stören den Säureschutzmantel der Haut. Dessen normalerweise innerhalb von zwei bis drei Stunden abgeschlossene Regeneration erfolgt bei Babys verzögert. Dadurch können sich negative Auswirkungen auf die Barrierefunktion und die Mikroflora ergeben, was mit einem erhöhten Risiko für Austrocknung, Reizungen und Infektionen der Haut einhergeht.

 

Seifenfreie Präparate sind auf den physiologischen pH-Wert von 5,5 eingestellt. Angaben wie »pH-hautfreundlich« oder »pH-hautneutral« geben keinen Aufschluss über den tatsächlichen Wert. Seifenfrei sind zum Beispiel Zuckertenside wie Decyl Polyglucose und Aminosäuretenside wie Sodium Lauroyl Sarcosinate oder Glutamate.

 

Tenside mit geringer Reinigungswirkung werden auch als Schaumbildner eingesetzt. Ein reichhaltiger Schaum ist oft Anzeichen für einen hohen Gesamttensidgehalt im Produkt, kann aber nicht als Maß für die Güte des Produktes gelten.

 

Mit oder ohne Parfüm?

 

Neben Tensiden sind bei Bade- und Waschprodukten oft pflegende Zusätze enthalten. Dazu gehören beispielsweise Rückfetter: Einige von ihnen erzeugen kurzfristig ein glattes Hautgefühl, das aber auf einer Hautquellung und damit einhergehender Barriereschädigung beruht. Außerdem verringern sie die Reinigungswirkung des Produkts. Feuchthaltestoffe haben diesen Nebeneffekt nicht. Sie reduzieren die Austrocknung der Haut, indem sie ergänzend zu den hauteigenen Feuchthaltestoffen (NMF) deren Wasserbindungskapazität erhöhen. Neben klassischen Feuchthaltestoffen wie Glycerin haben sich vor allem Bestandteile des NMF und Polysaccharide bewährt.

 

Sonstige Zusätze wie Verdicker und Emulgatoren verhalten sich auf der Haut weitgehend neutral. Zwar werden Polyethylenglycole zum Teil pauschal als penetrationsfördernd deklariert, doch gibt es nur für einzelne, in Kosmetika nicht übliche Vertreter dieser heterogenen Stoffgruppe Hinweise auf solche Effekte. Entscheidend für die Beurteilung eines Produktes ist seine Verträglichkeit in dermatologischen Tests.

 

Der Einsatz von Konservierungsstoffen wird wegen ihres Allergiepotenzials häufig kritisiert. Bei Hautreinigungsprodukten ist das Risiko durch den kurzen Hautkontakt niedrig und kann durch Beschränkung auf Stoffe mit geringer allergener Potenz weiter minimiert werden. Vorsicht ist allerdings geboten bei empfindlicher oder vorgeschädigter Haut. Ebenfalls nicht unumstritten ist der Zusatz von Parfümstoffen. Aber auch hier besteht bei Verzicht auf Komponenten mit bekannt hohem Risiko und niedriger Einsatzmenge ein geringes Risiko gegenüber dem subjektiven Nutzen eines angenehmen Geruchs. Unparfümierte Hautreinigungsprodukte werden oft wegen eines leicht stechenden, chemischen Geruchs abgelehnt oder verändern mit der Lagerzeit ihren Geruch.

 

Eincremen: Bei Babys kein Luxus

 

Regelmäßiges Eincremen beeinträchtigt die Fähigkeit der Haut zu eigener Fett- und Feuchtigkeitsproduktion nicht. Da Babys und Kinder kaum Talg produzieren und ihre Barrierefunktion schwächer ist als bei Erwachsenen, ist eine Ergänzung der hauteigenen Schutzfunktionen durch Hautpflege sinnvoll.

 

Liegen keine Hautprobleme vor, müssen Kinder nicht täglich eingecremt werden. Anzeichen für einen Pflegebedarf sind Rauigkeit, Juckreiz und Schuppung der Haut. Entsprechende Hautstellen sollten täglich mindestens einmal nach der Hautreinigung und dem Abtrocknen eingecremt werden. Nach dem Baden oder dem Schwimmbadbesuch sollte Pflege auf jeden Fall sein, um einer Austrocknung vorzubeugen. Wichtig im Winter ist eine fettreiche Creme, auch als Kälteschutz für das Gesicht.

 

Beim Eincremen sollte die Haut auf keinen Fall nass sein. Feuchtigkeitsbetonte Produkte lassen sich auch auf nicht völlig getrocknete Haut auftragen, fettige Cremes und Lotionen schmieren allerdings. Am besten sollte die Haut mit dem Handtuch sorgfältig trocken getupft und danach eingecremt werden. Cremes ziehen besser ein als Öle. Hochwertige Cremes und Lotionen stehen Ölen in ihrer Pflegewirkung nicht nach. Durch ihren Gehalt an Feuchthaltestoffen erhöhen sie sofort bei Anwendung die Hydratation der Haut, während Öle diesen Effekt erst leicht verzögert durch verminderte Wasserverdunstung erzielen.

 

Fettcreme für den Windelbereich

 

Zur Reinigung des Windelbereichs verwendet man am besten warmes Wasser, gegebenenfalls unter Zusatz eines milden Hautreinigunsprodukts. Geeignet sind auch im Handel erhältliche Feucht- oder Öltücher. Wichtig ist in jedem Fall regelmäßiges Windelwechseln. Wird beim Windelwechsel zur Reinigung Öl verwendet, ist anschließendes Eincremen nicht mehr nötig. Cremes für den Windelbereich sollten ausreichend fettig sein, um einen Schutzfilm zu bilden. Allerdings sollten sie so aufgetragen werden, dass nur ein hauchdünner Schutzfilm entsteht.

 

Bei Hautpflegeprodukten ist die Grundlage für die Wirkung ebenso wichtig wie die Wirkstoffe. Die Beschränkung auf W/O-Emulsionen für trockene Haut ist durch moderne Pflegewirkstoffe und Formulierungsformen überholt. O/W-Emulsionen lassen sich besser verteilen und ziehen leichter ein.

 

Der Gesamtfettgehalt eignet sich nicht als Beurteilungskriterium, weil die Qualität der eingesetzten Lipide erheblich wichtiger als ihre Menge ist. Hautverwandte Lipide auf pflanzlicher Basis können statt einer oberflächlichen Teilokklusion der Haut, wie bei Paraffinöl oder Vaseline, die Hornschichtbarriere abdichten. Beispiel ist ein Phytosterolkonzentrat aus Rapsöl (INCI-Bezeichung; Rapesseed sterols), das nicht nur die Barrierefunktion unterstützt, sondern durch Hemmung der Leukotriensynthese auch einen antientzündlichen Effekt hat. Konzentrationen zwischen 0,5 und 3 Prozent vermitteln in Cremes und Lotionen eine Pflege- und Schutzwirkung, die selbst höheren Mengen anderer Fette überlegen ist.

 

Bei Pflegeprodukten hat der pH-Wert einen stärkeren Einfluss auf den Hautoberflächen-pH-Wert als bei Reinigungsprodukten. So zeigt eine Pflegecreme mit dem physiologischen pH-Wert 5,5 einen stärker hydratisierenden Effekt als die analog zusammengesetzte, aber pH-neutrale oder leicht alkalische Formulierung. Allerdings ist auf den handelsüblichen Babypflegeprodukten in der Regel kein pH-Wert angegeben.

 

Bewährte Pflegestoffe bevorzugen

 

Bei der Baby- und Kinderpflege stehen bewährte Wirkstoffe im Vordergrund. Ein Beispiel ist Paraffinöl, das aufgrund seiner zuverlässigen Wirkung, hohen Reinheit und konstanten Qualität zu den häufig eingesetzten Fettstoffen gehört. Die befürchtete abdeckende Wirkung ist in der Praxis durch die begrenzte Auftragsmenge und die Spreitung beim Einreiben nicht gegeben. Eine Teilokklusion als Schutz vor Austrocknung und Barriere gegen Reiz- und Schadstoffe ist dagegen erwünscht und möglich.

 

Auch Vaseline als häufig kritisierte Mineralölkomponente besitzt ein minimales Risikopotenzial für die Haut. Wollwachsalkohole und Wollwachs werden dagegen, obwohl natürlichen Ursprungs, wegen häufig beobachteter Allergien seltener eingesetzt. Pflanzliche Lipide wie Süßmandelöl, Sheabutter, Jojobaöl und Phytosterole sind wegen ihrer guten Pflege- und Schutzwirkung sehr beliebt. In Cremes und Lotionen kommen ähnliche Feuchthaltestoffe wie in Reinigungsmitteln zum Einsatz. Als reizlindernde Wirkstoffe finden sich oft Kamille, das daraus gewonnene Bisabolol sowie Ringelblumenextrakt (Calendula), bei denen jedoch das Allergierisiko beachtet werden sollte.

 

Panthenol ist mit seiner gut belegten heilungsfördernden Wirkung oft in erheblichen Konzentrationen in Windelcremes enthalten. Zusätzlich wird darin häufig  noch Zinkoxid eingesetzt, das neben seiner abdeckenden Wirkung reizlindernd und heilungsfördernd wirkt. Zinkoxid ist allerdings bei saurem pH-Wert instabil. Ersatzweise können Abdeckstoffe verwendet werden, die bei pH 5,5 stabil sind. Die zusätzlichen Wirkkomponenten müssen dann aber von Bestandteilen wie Kamille oder Panthenol beigesteuert werden.

Tipps bei häufigen Hautproblemen von Babys und Kindern

Schuppen und Krusten auf der Kopfhaut: Häufig handelt es sich um eine seborrhoische Säuglingsdermatitis oder Milchschorf. Nichtmedikamentöse Maßnahme: fünf bis sieben Tage lang die Krusten jeweils über Nacht mit Öl aufweichen, den Kopf morgens mit einem milden Babyshampoo waschen. Die Krusten sollten auf keinen Fall abgekratzt werden. Medikamentöse Therapie bei Nichtabklingen oder wiederholtem Auftreten: Je nach Diagnose des Kinderarztes Einsatz von Corticosteroiden oder einem Antimykotikum.

Gerötete oder nässende Pickelchen: Möglich sind unterschiedliche Ursachen, angefangen bei zu fettigen Cremes oder Hitze bis hin zu Neurodermitis oder Hautinfektionen. Gegebenenfalls Kinderarzt aufsuchen. Ansonsten zunächst die Anwendung von fettigen Cremes aussetzen.

Weißliche oder hautfarbene, follikelgebundene Pickelchen: Möglich ist eine Keratosis pilaris, die besonders häufig im Winter auftritt und bevorzugt bei Kindern mit Ichthyosis und Atopie anzutreffen ist. Meist genügt eine gut fettende Creme, gegebenenfalls Präparate mit Harnstoff oder Milchsäure.

Nässender Ausschlag im Gesicht: Kann Symptom einer Hautinfektion oder Neurodermitis sein. In jedem Fall Besuch beim Kinderarzt.

Wunde Lippen, Rötungen um den Mund: Oft durch verstärkten Speichelfluss, zum Beispiel beim Zahnen. Abdecken mit einer fettigen Creme, wie sie auch im Windelbereich verwendet wird, oder einem Lippenfettstift. Bei dauerhaften Beschwerden: Kinderarzt.

Nässende Ekzeme an den Streckseiten der Gelenke und im Gesicht: Bei Babys und Kleinkindern mögliche Anzeichen einer Neurodermitis, die vom Kinderarzt behandelt werden muss. Ältere Kinder zeigen trockenere Ekzemformen, betroffen sind hier besonders die Gelenkbeugen und der Nacken.

Windeldermatitis: verursacht durch Schädigung der Haut im Windelbereich mit Ammoniak (durch Zersetzung von Urin); in der Folge Anstieg des pH-Werts der Haut und resultierende Quellung oder Mazeration. Enzyme aus dem Kot verstärken die Schäden. Bei gestörter Darmflora droht eine Superinfektion der Haut mit Hefen und Bakterien. Maßnahme: Häufiger Windelwechsel, gründliche, hautschonende Entfernung von Kot- und Urinresten. In leichteren Fällen Einsatz von Wundcremes, bei Infektionen der Haut Verwendung von Präparaten mit Nystatin.

 

Anschrift der Verfasserin:

Dr. Michaela Arens-Corell

Sebapharma GmbH & Co. KG

Binger Straße 80

56154 Boppard

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