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Hautkrebs

Schonende Therapieverfahren im Trend

05.03.2007  11:19 Uhr

Hautkrebs

Schonende Therapieverfahren im Trend

Von Roland Kaufmann

 

Hautkrebs ist als häufigste Krebsform des Menschen in der hellhäutigen Bevölkerung weltweit auf dem Vormarsch. Unter den unterschiedlichen Typen überwiegen solche, die in oberflächlichen Stadien mit einfachen Mitteln zu diagnostizieren sind.

 

Früherkennung lohnt, denn früh erkannt ist Hautkrebs heilbar. Zudem sind heute in Anfangsstadien aufgrund moderner lokaltherapeutischer Möglichkeiten operative Behandlungen meist verzichtbar. Im Gegensatz dazu sind die kurativen Möglichkeiten in metastasierten Stadien begrenzt.

 

Steigender Handlungsbedarf

 

Unstrittig zählt die Prävention und Therapie des weltweit in Zunahme befindlichen Hautkrebses zu den aktuellen Herausforderungen der Medizin. Am drastischsten betroffen ist die hellhäutige Bevölkerung sonnenreicher Staaten wie Queensland in Australien, da neben genetisch-ethnischen Faktoren in erster Linie die UV-Strahlenbelastung für die Hautkrebsentstehung verantwortlich ist (1).

 

Jährlich werden in der Welt etwa 130.000 Fälle an Melanomen diagnostiziert, von denen 40.000 tödlich enden (2). Zum anderen ist es aber gerade der zehnmal häufigere und auch bei Jüngeren zunehmende »helle Hautkrebs« der Oberhaut, der heute die Schlagzeilen bestimmt (3). 

 

Dessen Vorstufen und In-situ-Varianten (aktinische Keratosen) zählen mit Abstand zu den häufigsten Folgeerkrankungen chronisch lichtgeschädigter Haut. Zwar gehen nicht alle Vorstufen in Karzinome über, bei steigender Lebenserwartung steigt aber auch die Gefahr, den Hautkrebs im höheren Alter irgendwann »zu erleben«. Obgleich das Ersterkrankungsalter sinkt, sind es daher immer mehr ältere Menschen, die heute in ihren sonnengeschädigten Hautpartien mit einer kumulierenden Zahl an Hautkrebs oder dessen Vorstufen konfrontiert werden.

 

Hinzu kommt die dank der modernen Medizin wachsende Zahl Langzeit-Immunsupprimierter, vor allem organtransplantierter Menschen, bei denen wir bereits nach drei bis fünf Jahren eine Häufung an Hautkrebs feststellen und wo die Rolle des Immunsystems neben den Einflüssen der UV-Schädigung für die Krebsentstehung an der Haut besonders deutlich wird.

 

Die häufigsten Formen des Hautkrebses sind Tumore der Oberhaut (so genannter heller Hautkrebs) und der pigmentbildenden Melanozyten (so genannter schwarzer Hautkrebs). Sowohl die epithelialen als auch die melanozytären Neoplasien des Hautorgans zeigen klinisch und feingeweblich ein breites Spektrum an Wuchsformen. Hinzu kommt, dass neben diesen Formen und den zahlreichen gutartigen Neu- und Fehlbildungen eine Vielzahl möglicher Hauttumore aus den unterschiedlichen Zellsystemen des Epithels, der Lederhaut, des Fettgewebes und der Hautanhangsgebilde (Haarfollikel, Drüsen) entstehen kann.

 

So stellt die Differentialdiagnose pigmentierter und nicht-pigmentierter  Neubildungen besondere Ansprüche, um einerseits unnötige Entfernungen harmloser Veränderungen zu vermeiden, andererseits aber auch Hautkrebs rechtzeitig zu erkennen. Tabelle 1 zeigt Beispiele wichtiger bösartiger Hauttumore im Überblick.

Tabelle 1: Wichtige Formen von Hautkrebs

Epitheliale Tumore
(»Heller Hautkrebs«)
Melanozytäre Tumore
(»Schwarzer Hautkrebs«)
Sonstige
In-situ-Vorstufen
(aktinische Keratosen,
Cheilitis actinica,
Morbus Bowen)
Basalzellkarzinom
Plattenepithelkarzinom
Malignes Melanom maligne Lymphome der Haut, zum Beispiel
Mycosis fungoides
Kaposi-Sarkom und Angiosarkome
Fibrosarkome
Merkelzellkarzinom
Schweißdrüsenkarzinome

Der helle Hautkrebs

 

Das von den basalen Zellen des Epithels ausgehende Basalzellkarzinom stellt mit Abstand den häufigsten Hautkrebs dar. Es wächst meist im Mittelgesichtsbereich als knotige, wachsartig transparente und von feinen Teleangiektasien durchzogene Variante.

 

Einfach zu behandeln sind auch die bevorzugt am Rumpf auftretenden superfiziellen Basaliome. Heimtückisch hingegen sind die therapeutisch problematischen sklerodermiformen Typen, die klinisch schwer abgrenzbar an eine Narbenplatte erinnern und tief in unterliegende Strukturen penetrieren können. Basalzellkarzinome wachsen destruktiv, aber in der Regel nicht metastasierend.

 

Das Plattenepithelkarzinom der Haut und der Übergangsschleimhäute entwickelt sich in der Regel auf dem Boden aktinischer Keratosen, die histologisch betrachtet In-situ-Karzinome sind (4). Aktinische Keratosen und Plattenepithelkarzinome manifestieren sich bevorzugt an den »Sonnenterassen« der Haut, also Stirn, Glatze, Ohrhelix, Unterlippe und Handrücken.

 

Das Plattenepithelkarzinom metastasiert selten und meist erst spät. Eine Sonderform stellt das Bowen-Karzinom dar, das ebenfalls aus einer entsprechenden In-situ-Variante (Morbus Bowen) hervorgeht.  Klinisch imponiert es oft als entzündlich geröteter Herd, sodass es mit vermeintlich therapierefraktären Ekzemen oder Tineaerkrankungen verwechselt werden kann.

 

Seltenere Karzinome entwickeln sich zum Beispiel aus den Merkelzellen der Oberhaut (Merkelzellkarzinom mit hoher Metastasierungstendenz) oder aus den verschiedenen Zellelementen der Hautanhangsgebilde (zum Beispiel extramammäres Paget-Karzinom).

 

Der schwarze Hautkrebs

 

Das gefürchtete maligne Melanom der Haut tritt bevorzugt im Erwachsenenalter auf und besitzt eine in Abhängigkeit von der Dicke des Primärtumors steigende Metastasierungswahrscheinlichkeit, die bei dünnen Melanomen (< 1mm) unter 10 Prozent und bei dickeren Formen über 50 Prozent liegen kann. Insofern kommt gerade hier der Frühdiagnose eine schicksalhafte Bedeutung zu.

 

Meist entwickeln sich Melanome auf unveränderter Haut und nicht auf dem Boden vorbestehender Muttermale (Nävuszellnävi), können aber anfangs mit diesen und hier insbesondere mit so genannten dysplastischen oder atypischen Nävi verwechselt werden.

 

Neben der häufigsten Wuchsform des so genannten superfiziell spreitenden Melanoms (SSM) entwickeln sich an Händen und Füssen akrolentiginöse Melanome (ALM) und in sonnengeschädigter Gesichtshaut älterer Personen das zunächst jahrelang als in-situ Variante (Lentigo maligna, LM) in Form eines inhomogen pigmentierten Flecks bestehende Lentigo maligna Melanom (LMM). 

 

Heimtückisch ist das schwierig zu erkennende noduläre maligne Melanom (NMM), das auch amelanotisch, also ohne Pigmentbildung, als rötlicher Knoten wachsen kann. 

 

Unter den eher seltenen Tumoren, zu denen auch Hautmetastasen interner Malignome zählen können, sind im klinischen Alltag neben den Neoplasien der Gefäße (Kaposi-Sarkom, Angiosarkom) vor allem kutane Lymphome von Bedeutung.

 

Auch hier gibt es, abgesehen von den differentialdiagnostisch abzugrenzenden Formen gutartiger Pseudolymphome, gerade an der Haut eine kaum überschaubare Vielzahl verschiedener Varianten. Unter diesen wird das kutane T-Zell-Lymphom in Form der sogenannten Mycosis fungoides mit ihren verschiedenen klinischen Entwicklungsstadien (Ekzemform, Plaqueform, Tumorstadium) am häufigsten diagnostiziert.

 

Früherkennung lohnt

 

Hauttumoren sind trotz der für ungeübte Menschen kaum überschaubaren Vielfalt differentialdiagnostischer Möglichkeiten schon allein wegen der blickdiagnostisch guten Zugänglichkeit der Haut grundsätzlich einfach und in Frühstadien zu erkennen.

 

So breiten sich beim malignen Melanom die meisten Wuchsformen in heilbaren Frühstadien als Fleck im Bereich der Oberhaut horizontal aus, um erst später vertikal in die Tiefe zu wachsen. Lediglich das noduläre Melanom wächst direkt vertikal in die Tiefe und entzieht sich so der Früherkennung.

 

Frühformen des Melanoms lassen sich aufgrund bestimmter Erkennungsmerkmale von harmlosen Pigmentmalen oder Altersflecken unterscheiden. Für suspekte Läsionen sind die klinisch orientierenden Kriterien der sogenannten ABCD-Regel (A = Asymmetrie, in beliebigen Achsen, B = Begrenzung, unregelmäßig, C = Colorit, inhomogene Pigmentierung, D = Durchmesser, > 5 mm)  hilfreich.

 

Dem Dermatologen stehen zusätzlich auflichtmikroskopische Verfahren zur Verfügung. Wenngleich heute moderne Bildanalysesysteme zur Verlaufsbeurteilung bei Patienten mit zahlreichen atypischen Muttermalen, die nicht alle operativ entfernt werden können, geeignet sind, können sie den klinischen Blick und die bioptische Untersuchung in kritischen Fällen nicht ersetzen.  

 

Ebenso sind aktinische Keratosen und auch das Basalzellkarzinom für den geübten Arzt frühzeitig diagnostizierbar (5). Insofern kommt der sekundären Prävention (Früherkennung von Krebsvorstufen und heilbaren Frühformen) gerade beim Hautkrebs eine wichtige Bedeutung zu.

 

Die primäre Prävention hingegen, die in erster Linie im Meiden von Sonnenbränden bereits im Kindesalter und konsequentem UV-Schutz besteht, lässt sich zwar medial gut verbreiten, wird aber wie andere an die Vernunft und eine gesunde Lebensweise gerichteten Appelle weniger befolgt. Neben der Früherkennung sind auch die Behandlung der Frühstadien und Vorstufen an der Haut viel leichter möglich als bei anderen Krebsarten (6). Bei korrekter Indikationsstellung und rechtzeitigem Einsatz versprechen die verfügbaren Therapien Heilung und können Morbidität vermeiden und Kosten sparen.

 

Krebsvorstufen keine Bagatelle

 

Aktinische Keratosen zählen mit Abstand zu den häufigsten Folgeerkrankungen chronisch lichtgeschädigter Haut. Bereits heute sind circa 15 Prozent aller 40-Jährigen von diesen lichtinduzierten, klinisch als Verhornungsstörungen imponierenden Läsionen betroffen. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind dies allein in Deutschland mehr als 10 Millionen Menschen.

 

Selbst nach konservativer Schätzung, wonach circa fünf Prozent aller aktinischen Keratosen innerhalb von 10 Jahren in ein spinozelluläres Karzinom übergehen, muss zukünftig von einem beachtlichen Therapiebedarf ausgegangen werden. Außerdem wirkt UV-Licht als maßgeblicher Auslöser des hellen Hautkrebses nicht punktuell, sondern flächenhaft ein. Es muss deshalb von einer multifokalen Entstehung transformierter Keratinozytennester mit der Möglichkeit des Übergangs in aktinische Keratosen und Karzinome ausgegangen werden. Dieses kommt auch im vielfachen Auffinden charakteristischer histologischer Dysplasiezeichen in klinisch unauffälliger Umgebung kutaner Karzinome zum Ausdruck.

 

Dieses Phänomen der sogenannten Feldkanzerisierung hat unmittelbare therapeutische Implikationen. Prädisponierte Patienten mit hellem Hautkrebs bedürfen zusätzlich auch der Behandlung klinisch okkulter Veränderungen. Daher sind sowohl neuere chemopräventive Ansätze, aber auch der Einsatz von Therapiemodalitäten, die großflächig angewendet werden können, sinnvoll (7).

 

Neue Perspektiven der Vorbeugung

 

Neben dem rechtzeitigen Erkennen von Frühformen und der primären Prävention durch Sonnenbrand vermeidendes Verhalten stellt die Strategie der Chemoprävention an der Haut ein besonders faszinierendes Konzept zur Vermeidung krebsauslösender Zellschädigungen dar. Hierbei soll das UV-Licht vermittelte Fortschreiten von klinisch noch okkulten Vorläuferläsionen in invasive Karzinome verhindert werden.

 

Pharmakologisch kann an verschiedenen Stellen in den mehrschrittigen Prozess der Karzinogenese eingegriffen werden, in dessen Verlauf sich schließlich neoplastische Veränderungen als Folge der Akkumulierung somatischer Mutationen ausbilden. Experimentelle Daten und klinische Studien zeigen, dass die Chemoprävention besonders zur Verhinderung von hellem Hautkrebs zukünftig eine rationale Strategie für Risikopopulationen darstellen könnte.

 

Vor allem Retinoide und nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) sind hierfür aussichtsreiche Kandidaten (8, 9, 10). Retinoide bewirken eine Verzögerung im Zell-Zyklus, der es betroffenen Zellen besser erlaubt, mutagene Schäden in der genomischen DNA zu reparieren.

 

Studien mit Etretinat und Retinol haben gezeigt, dass Patienten in Frühstadien am meisten von der chemopräventiven Retinoid-Wirkung profitieren. In den Untersuchungen wurde allerdings auch deutlich, dass sich der präventive Effekt nur auf die Entstehung von spinozellulären Karzinomen, nicht jedoch von Basalzellkarzinomen erstreckt.

 

Die Einnahme von Acetylsalicylsäure und anderer nicht-steroidaler Antiphlogistika ist mit einem signifikant geringeren Risiko assoziiert, an verschiedenen malignen Tumorentitäten zu erkranken. Vieles weist darauf hin, dass chemopräventive Wirkungen dieser Substanzgruppe vorwiegend über deren Hemmung der Cyclooxygenase (COX)-2 vermittelt werden (11). Transgene Überexpression von COX-2 kann die Entstehung epidermaler Dysplasien auslösen, zum anderen verhindert selektive COX-2 Hemmung die Ausbildung epithelialer Tumore in experimentellen Modellen (12).

 

Klinische Studien zur Chemoprävention aktinischer Keratosen und Basalzellkarzinome werden gegenwärtig durchgeführt. Indirekte Evidenzen für eine chemopräventive Wirksamkeit von COX-Inhibitoren ergeben sich bereits aus Daten zur topischen Anwendung von Diclofenac-Gel bei Patienten mit aktinischen Keratosen (13). So könnten zukünftig ergänzend zu Lichtschutzmitteln chemopräventive Substanzen bei Risikopersonen aufgetragen werden, um nicht nur einen UV-Licht-Filter zu erzeugen, sondern auch sonnenlichtinduzierter Krebsentstehung vorzubeugen.

 

Vielfältige Therapieoptionen

 

So vielfältig wie das Spektrum der Hautkrebsformen sind auch die Optionen für deren Therapie (Tabelle 2). Ein leitlinienkonformes Vorgehen bietet hierbei verschiedene effiziente und evidenzbasierte Wege, die im Einzelfall tumor- wie patientenspezifische Besonderheiten, aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen sollen (14, 15).

Tabelle 2: Behandlungsoptionen bei Hautkrebs

Methoden Bevorzugte Indikationen
Operative Verfahren
Kürettage, Shaving

oberflächliche und In-situ-Karzinome, auch zur bioptischen Sicherung
Exzision Melanom, Karzinome
mikroskopisch kontrollierte Chirurgie Problemlokalisationen, Rezidivtumore, besondere Wuchsformen
Radiatio
Röntgenweichstrahltherapie oder schnelle Elektronen

inoperable Patienten, Lymphome, Metastasen
Kryotherapie
Flüssig-N2 oder Kontaktverfahren

aktinische Keratosen
Lokaltherapeutika
Ätzverfahren(zum Beispiel Trichloressigsäure)

aktinische Keratosen
5-Fluorouracil (5-FU) oberflächliche Basalzellkarzinome, aktinische Keratosen
Diclofenac aktinische Keratosen
Imiquimod aktinische Keratosen, Basalzellkarzinome
photodynamische Therapie (PDT) aktinische Keratosen, Basalzellkarzinome, Morbus Bowen
Andere
Photo-/Photochemotherapie

Lymphome
Chemo-/Immuntherapie adjuvant und palliativ bei fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren

Interdisziplinär erarbeitete und von der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) online verfügbar gemachte Leitlinien liegen für aktinische Keratosen, das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinom und das maligne Melanom vor.

 

Was früher die Wahl zwischen »Stahl oder Strahl«, also zwischen operativem Entfernen oder Radiatio war, ist heute eher die Wahl zwischen »Schneiden oder Cremen«, also zwischen den Möglichkeiten topischer und chirurgischer Verfahren.

 

Hierbei ist aber auch die Skalpellchirurgie selbst von einem Wandel hin zu weniger invasiven Vorgehensweisen geprägt. Insbesondere haben Studien belegt, dass die früher geforderte Radikalität mit ausgedehnten »Sicherheitsabständen« keine zunehmende Sicherheit, aber eine zunehmende Gewebeschädigung mit entsprechender Morbidität sowie ästhetischer oder gar funktioneller Einbusse verursacht. Insofern haben moderne Konzepte im Rahmen prognoseorientiert abgestufter Randzonen mit verkleinerten Exzisionsabständen die operative Behandlung bei allen Formen des Hautkrebses optimiert (16). Dies gilt  sowohl im Hinblick auf die sichergestellte Vollständigkeit der Entfernung als auch auf die Gewebeschonung.

 

Gerade an kritischen Lokalisationen und bei unklarer Tumorausdehnung wird im Rahmen der so genannten mikroskopisch kontrollierten Chirurgie gegebenenfalls in mehreren Sitzungen randwärts hin gewebesparend exzidiert, bis histologisch eine vollständige Entfernung des Tumorgewebes erwiesen ist.

 

Beim Melanom und bei den meisten invasiven Karzinomtypen der Haut bleibt auch heute die operative Entfernung des Primärtumors Methode der ersten Wahl. Ebenso sind bei allen fortgeschrittenen Fällen des Basalzellkarzinoms mit tiefer reichenden Tumoren, bei besonderen Wuchsformen und bei Rezidivtumoren operative Techniken indiziert.

 

Zum Ausschluß von Lymphknotenmikrometastasen und als zusätzliches prognostisches Verfahren wird heute bei dickeren Melanomen und bei bestimmten Karzinomformen die so genannte Schildwächterknotenbiopsie nach radioaktiver Markierung der lokoregionären Abflusswege eingesetzt.

 

Bei zahlreichen oberflächlichen Hautkrebsformen hingegen sind topische, nicht-operative Behandlungen ausreichend. Hier war es schon immer ein Wunsch, Hautkrebs »einfach weg zu cremen« anstatt aufwendig zu operieren.

 

Cremen statt Schneiden

 

Zwar gibt es schon seit Jahrzehnten entsprechende nichtoperative Alternativen der lokalen Tumortherapie. Insbesondere das topisch verfügbare Zytostatikum 5-Fluorouracil wird auch heute noch in besonderen Fällen eingesetzt. Es führt allerdings zu erheblichen Reizungen auch der unbefallenen Haut, muss über Wochen aufgetragen werden, und die Rezidivquote ist höher als bei anderen Verfahren.

 

Ebenso stellt die Röntgenbestrahlung eine Alternative zum operativen  Vorgehen bei älteren Patienten  dar, kann aber nicht wiederholt werden und führt unter anderem zu Pigment- und Haarverlust. Weitere häufig praktizierte Möglichkeiten der Lokaltherapie umfassen unter anderem die kostengünstige und einfache Vereisungstherapie mit flüssigem Stickstoff oder verschiedene Ätztechniken.

 

In den vergangenen Jahren wurden neue Verfahren und Substanzen entwickelt, die sowohl örtlich eingesetzt werden können, in der Anwendung wiederholbar sind, das gesunde Gewebe schonen und zudem klinisch noch nicht erkennbare Krebsvorstufen erfassen, also auch dem Konzept der oben genannten Feldkanzerisierung Rechnung tragen. Diese sind sowohl für aktinische Keratosen als auch für oberflächliche Formen von hellem Hautkrebs geeignet, sodass bei rechtzeitiger Behandlung heute operative Techniken in vielen Fällen überflüssig werden. 

 

Imiquimod, Diclofenac & Co.

 

Zu diesen lokalen Methoden gehören der Einsatz topischer Immuntherapeutika und auch die photodynamische Therapie. Unter den Immuntherapeutika kommt neben Diclofenac, das in Deutschland seit 2002 zur Behandlung aktinischer Keratosen zugelassen ist, auch das ursprünglich zur Therapie von Feigwarzen eingeführte Imiquimod beim Basalzellkarzinom und ebenfalls bei aktinischen Keratosen zum Einsatz (17).

 

Die Wirkung von Imiquimod wird über verschiedene Rezeptoren auf den Tumor- und Entzündungszellen vermittelt (Toll-like Rezeptoren, Adenosinrezeptoren) (18). Sie beruht in erster Linie auf einer Zytokinfreisetzung in den Abwehrzellinfiltraten der Tumorumgebung und den ortsständigen Immunzellen der Haut, wodurch einerseits weitere Abwehrzellen rekrutiert, anderseits auch direkte Wirkungen an den Tumorzellen ausgelöst werden. So kommt zum Beispiel Interferon-alpha eine Schlüsselrolle zu, das unter anderem über eine Induktion von Fas-Liganden (FasL) und Fas-Todesrezeptoren (FasR) wie dem Zelltod auslösendem Protein und Repräsentant der TNF-Rezeptorfamilie CD95 an Tumorzellen zur Apoptose führen kann.

 

Diclofenac liegt als Hyaluronsäure-haltige Gelzubereitung vor, wodurch die transkutane Resorption verzögert und somit eine höhere Konzentration in der Epidermis erzielt werden soll. Die Wirkmechanismen, über die das nichtsteroidale Antiphlogistikum seine therapeutischen Effekte vermittelt, sind zum großen Teil durch die COX-2-Hemmung zu erklären.

 

Als Folge einer erhöhten COX-2 Expression in epithelialen Tumoren kommt es zur Ansammlung von Prostaglandinen, die über Aktivierung verschiedener Signalwege die Tumorprogression im Gewebe begünstigen, sodass deren Hemmung therapeutisch sinnvoll ist. Allerdings wird auch bei mehrmonatiger Applikation eine vollständige Rückbildung aller aktinischen Keratosen nur bei etwa 50 Prozent aller behandelten Patienten beobachtet (13). Aufgrund des Wirkmechanismus erscheint jedoch auch ein chemopräventiver Einsatz von Diclofenac zur Verhinderung der Neuentstehung von Krebsvorstufen interessant.

 

Besonders aber hat sich die photodynamische Therapie (PDT) bereits kurz nach ihrer Zulassung als schonende Behandlungsmethode etabliert (19, 20). Diese erfasst ebenfalls flächenhaft oberflächliche Hautkrebsformen und aktinische Keratosen auch in klinisch okkulten Formen. Das Prinzip beruht auf dem Auftragen einer Porphyrinvorstufe auf die Haut, wobei die erkrankten Zellen bevorzugt diese in die eigentliche lichtsensibilisierende Wirksubstanz umwandeln.

 

Photodynamische Therapie

 

Nach Bestrahlung mit entsprechend hohen Dosierungen an Licht geeigneter Wellenlänge kommt es  weitgehend selektiv im erkrankten Gewebe unter dem Zusammenwirken von Sauerstoff, Licht sowie dem Photosensibilisator als Katalysator zu einer photodynamischen Reaktion.

 

Zugelassen für die Therapie ist derzeit der Methylester der 5-Aminolävulinsäure (5-ALA), das Methyl-5-amino-4oxopentanoat, als Vorläufer von Protoporphyrin IX (PPIX). Dieser eigentliche Photosensibilisator PPIX wird normalerweise auch im Körper bei der Häm-Biosynthese gebildet und ist somit sozusagen ein körpereigener Photosensibilisator.

 

PPIX weist ein breitbandiges Absorptionsspektrum im Bereich des sichtbaren Lichtes auf. Zudem wird frei werdende Energie in Fluoreszenzlicht umgewandelt, sodass die Ausdehnung entsprechender Tumorareale und auch die Lokalisation etwaiger okkulter Vorstufen im UV-Licht sichtbar und zur Therapieplanung diagnostisch genutzt werden kann (Fluoreszenz-Diagnostik).

 

Rotlicht mit der Wellenlänge zwischen 570 und 650 nm dringt am tiefsten in die Haut ein und dient zur Therapie. Nach Lichtabsorption erfolgt die Überführung des PPIX in einen »angeregten« Zustand, die instabile Triplettform. Beim Verlassen dieses Zustandes zum Grundzustand tritt ein Energietransfer mit der Bildung freier Radikale vom Typ des Superoxydanions und Singulettsauerstoff auf. Diese beiden Radikale haben starke toxische Effekte auf die Zellmembran, führen zum Absterben behandelter Tumorzellen und zur reaktiven Entzündung.

 

Neben den für Diclofenac-Hyaluronsäure-Gel (aktinische Keratosen), Imiquimod (aktinische Keratosen, Basalzellkarzinome) oder die PDT (aktinische Keratosen, Basalzellkarzinome, Morbus Bowen) zugelassenen Indikationen eröffnen sich im Einzelfall weitere interessante Einsatzmöglichkeiten, so die Behandlung der Lentigo maligna, einer in-situ Variante des Lentigo maligna Melanoms, mit Imiquimod.

 

Allerdings haben sowohl der Einsatz von Immune-Response-Modifiern als auch die photodynamische Therapie Grenzen. Diese Grenzen werden von einem unterschiedlichen Ansprechen der verschiedenen Manifestationsvarianten epithelialer Hautkrebsformen und von praktischen Aspekten der Durchführbarkeit gesteckt, die es im Einzelfall kritisch abzuwägen gilt. Die Behandlung stellt zum Teil auch hohe Anforderungen an eine ausreichende Compliance der Patienten. So erfordert die Anwendung topischer Immuntherapeutika seine mehrwöchige konsequente Mitarbeit, außerdem können bei der Behandlung potentiell unangenehme Begleiterscheinungen auftreten.

 

So macht sich klinisch die Freisetzung entsprechender Entzündungsmediatoren nach wenigen Tagen in einer entsprechenden Rötung bis hin zur Krustenbildung und subjektiv durch Juckreiz bemerkbar. Hierbei treten die Effekte nur im Bereich der Tumore oder der Tumorvorstufen, nicht aber in gesunder Haut auf. 

 

Bei der PDT wird subjektiv während der Bestrahlung ein starkes Brennen empfunden. Im Anschluss kommt es ebenfalls zu örtlichen Entzündungsreaktionen in den Tumorarealen. Auch ist die Methode der photodynamischen Therapie aufgrund der begrenzten Absorption der Substanz und auch limitierten Eindringtiefe des Lichtes auf Läsionen mit einer Dicke von maximal 2 bis 3 mm begrenzt.

 

Dennoch stellen bei der wachsenden Zahl an Hautkrebspatienten und gerade dem steigenden Anteil solcher mit multiplen Frühformen, dünnen oberflächlichen Tumoren und Vorstufen auch in jüngeren Altersgruppen diese neuen Therapieoptionen eine faszinierende Möglichkeit dar, Operationen und Narben zu vermeiden oder auf ein gebotenes Minimum zu reduzieren. So kombinieren wir heute bereits bei ausgedehnten Befunden mit oberflächlichen Anteilen und tieferen Bezirken operative Techniken mit dem Verfahren der PDT, um hier möglichst schonend großflächige Operationswunden zu vermeiden und die notwendigen Eingriffe auf die histologisch kontrollierten Bezirke mit entsprechendem Tiefenwachstum zu limitieren.

 

Metastasierender Verlauf

 

Verschiedenste Bemühungen der adjuvanten Therapie (elektive Lymphknotenentfernung, Chemo-Immuntherapie und andere) zur Verhinderung einer Tumorprogression und Metastasierung bei Hochrisikopatienten haben insbesondere in den zahlreichen Studien beim malignen Melanom enttäuscht. Lediglich die Hochdosis-Interferontherapie kann in bestimmten Fällen indiziert sein. Operative Verfahren, die Strahlentherapie und lokale Formen der Immuntherapie können aber bei lokoregionärer Tumorausbreitung (zum Beispiel Lymphknoten-Metastasen) in kurativer Absicht zum Einsatz kommen.

 

Bei fernmetastasiertem Verlauf hingegen sind sowohl beim malignen Melanom als auch bei Karzinomen der Haut mit Ausnahme operabler Solitär-Metastasen die therapeutischen Möglichkeiten begrenzt und ein Langzeitüberleben nur in Ausnahmefällen zu erzielen. Zahlreiche Studien zu Chemo- und Immuntherapien inklusive der Vakzinierungsstrategien haben bisher enttäuscht (21). Somit stehen heute neben gut verträglichen Monotherapien palliative Maßnahmen (»best supportiv care«) im Vordergrund.

 

Unter den Neuentwicklungen hat sich beim malignem Melanom beispielsweise das Temozolomid dem »Goldstandard« Dacarbazin als ebenbürtig erwiesen, kann aber im Gegensatz hierzu oral verabreicht werden und ist zudem liquorgängig [22]. Insgesamt bleibt aufgrund der eingeschränkten Perspektiven aktueller »Standards« aber zu empfehlen, bei Patienten mit metastasierendem Hautkrebs zunächst die Option der Behandlung im Rahmen multizentrischer Studien unter kontrollierten Bedingungen zu erwägen.

Literatur

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Der Autor

Roland Kaufmann ist schweizerischer Staatsbürger und studierte Humanmedizin von 1973 bis 79 in Bern. Er wurde 1979 promoviert und absolvierte danach die Facharztweiterbildung zum Dermatologen mit Zusatzbezeichnungen für Allergologie und Phlebologie. Während dieser Zeit verfasste er ein Standardwerk zur operativen Dermatologie. Von 1986 bis 1994 war Kaufmann als Oberarzt am Universitätsklinikum in Ulm tätig. Nach seiner Habilitation 1990 übernahm er 1995 an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main, den C4-Lehrstuhl für Dermatologie und Venerologie. 2000 wurder er zum Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt und Vorsitzenden des Klinikumsvorstandes benannt. Der Mitherausgeber zahlreicher Fachorgane und Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft und seine Arbeitsgruppen wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Kaufmann ist Mitglied zahlreicher Vorstände, Kuratorien und Fachgremien.

 

 

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Roland Kaufmann

Zentrum der Dermatologie und Venerologie

Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

Kaufmann(at)em.uni-frankfurt.de

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