Wirkstoffabbau in Kapselhüllen aus Gelatine |
27.02.2018 10:49 Uhr |
Von Hanna Bröckelmann, Iska Krüger, Holger Latsch und Mona Tawab / Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) hat die Stabilität von Captopril-Kapseln unter Verwendung von verschiedenen Kapselhüllen und -füllmitteln untersucht. Insbesondere bei Einsatz der Füllstoffe Mannitol und Mikrokristalliner Cellulose sind Instabilitäten und Inkompatibilitäten des Wirkstoffs zu beachten.
Instabilitäten und Inkompatibilitäten des Wirkstoffs Captopril mit verschiedenen Füllmitteln sind bereits seit längerem bekannt. Laut dem DAC/NRF-Rezepturhinweis »Captopril« ist bei der Verarbeitung mit den Füllstoffen Mannitol und Mikrokristalliner Cellulose die Aufbrauchsfrist zu begrenzen. Bisher mangelte es jedoch an validen Daten zum Ausmaß der Stabilitätsprobleme und damit auch zur Festlegung der jeweiligen Aufbrauchsfrist.
Kapseln mit Kapselhüllen aus Gelatine (weiß und farblos) und aus Hypromellose (Cellulose-Kapseln)
Foto: ZL
Studiendesign
In einer vergleichenden Studie wurden Captopril-Kapseln in einer Dosierung von 2 mg mit verschiedenen Kombinationen an Kapselhüllen und -füllmitteln hergestellt. Verwendet wurden Kapselhüllen der Größe 1 aus Hypromellose (Hydroxypropylmethylcellulose, Cellulose-Kapseln) in opaker/weißer Farbe sowie aus Gelatine in opaker/weißer Farbe und farbloser Gelatine. Als Kapselfüllmittel wurden 0,5%-ige Aerosil®-Mischungen der Füllstoffe Mannitol 35 (der Firma Caelo, im Folgenden Mannitol bezeichnet), Lactose-Monohydrat (der Firma Caelo, im Folgenden als Lactose bezeichnet) und Mikrokristalliner Cellulose (der Firma Fagron) verwendet. Pro Kombination wurden drei Kapselansätze à 120 Stück gefertigt und die Kapseln in Weithalsgläsern bei 25 °C und 60 Prozent relativer Feuchte über einen Zeitraum von sechs Monaten gelagert.
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Die Kapseln mit dem Füllmittel Mannitol/Aerosil® wurden mittels der gravimetrischen Methode zur Ansatzmengenfestlegung (massenbasierte Methode), die mit Lactose/Aerosil® und Mikrokristalliner Cellulose/Aerosil®mittels volumetrischer Ansatzmengenfestlegung (Messzylindermethode) hergestellt.
Füllmittel: Mannitol/Aerosil® (99,5%/0,5%) | Startzeitpunkt | 28 Tage (4 Wochen) | 90 Tage (3 Monate) | 180 Tage (6 Monate) |
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Kapselhülle: Hypromellose | 103,7 % | 105,7 % | 101,9 % | 97,9 % |
Kapselhülle: Gelatine weiß | 105,2 % | 101,0 % | 89,9 % | 64,0 % |
Kapselhülle: Gelatine farblos | 104,7 % | 102,1 % | 88,3 % | 66,9 % |
Es wurde jeweils ein Zuschlag von 10 Prozent als Produktionszuschlag für den Wirkstoff bei der Herstellung zugrundegelegt. Zu jedem Prüfzeitpunkt wurden zehn Kapseln pro Probe geöffnet und mit der Kapselhülle analysiert. Hierzu wurde eine ZL-validierte HPLC-UV-Analytik genutzt. Die Homogenität wurde über die Bestimmung des Akzeptanzwert (AV-Wertes) gemäß den Vorgaben des Europäischen Arzneibuch sichergestellt (siehe Ph. Eur. 9, 2.9.40 Gleichförmigkeit einzeldosierter Arzneiformen).
Füllmittel: Lactose/Aerosil® (99,5%/0,5%) | Startzeitpunkt | 28 Tage (4 Wochen) | 90 Tage (3 Monate) | 180 Tage (6 Monate) |
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Kapselhülle: Hypromellose | 102,0 % | 102,9 % | 103,6 % | 100,7 % |
Kapselhülle: Gelatine weiß | 102,9 % | 104,6 % | 102,1 % | 93,2 % |
Kapselhülle: Gelatine farblos | 105,0 % | 102,9 % | 99,2 % | 90,9 % |
Ein AV-Wert unter oder gleich 15 und ein Wirkstoffgehalt zwischen 90 und 110 Prozent wurden als Spezifikationsgrenzen festgelegt. Der ermittelte Wirkstoffgehalt (bezogen auf den deklarierten Wirkstoffgehalt) wurde dabei als Mittelwert aus insgesamt 30 geprüften Kapseln pro Kombination (je zehn Kapseln aus drei Proben) aus Kapselhülle und -füllmittel gewonnen (siehe Tabelle 1 bis 3). Die analytische Untersuchung erfolgte über sechs Monate.
Füllmittel: Mikrokristalline Cellulose/ Aerosil® (99,5%/0,5%) | Startzeitpunkt | 28 Tage (4 Wochen) | 90 Tage (3 Monate) | 180 Tage (6 Monate) |
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Kapselhülle: Hypromellose | 99,3 % | 98,9 % | 93,0 % | 89,8 % |
Kapselhülle: Gelatine weiß | 97,3 % | 98,4 % | 91,7 % | 81,0 % |
Kapselhülle: Gelatine farblos | 99,9 % | 98,1 % | 94,7 % | 84,0 % |
Ergebnisse mit Mannitol/ Aerosil®
Die erhaltenen Gehaltswerte zeigen einen deutlichen Wirkstoffabbau des Captoprils in den Kapseln, die mit dem Füllmittel aus Mannitol und mit Kapselhüllen aus Gelatine hergestellt wurden (Abbildung 1). Dagegen besteht in Cellulose-Kapselhüllen eine deutlich bessere Stabilität, hier konnte auch nach sechs Monaten noch ein konstanter Wirkstoffgehalt in den Kapseln gefunden werden. Daher sollte die Haltbarkeit von Kapseln mit dem Füllmittel aus Mannitol bei Verwendung von Gelatinehüllen deutlich reduziert oder besser auf Hypromellose-Kapselhüllen ausgewichen werden.
Füllmittel | Mannitol/ Aerosil® | Lactose/ Aerosil® | Mikrokristalline Cellulose/ Aerosil® |
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Kapselhülle: Hypromellose (Cellulose) | Ein Jahr gemäß Tabelle I.4.2.1. des DAC/NRF* | Ein Jahr gemäß Tabelle I.4.2.1. des DAC/NRF* | 4 Wochen oder Ausweichen auf alternatives Füllmittel |
Kapselhülle: Gelatine weiß | 4 Wochen oder Ausweichen auf alternatives Füllmittel | 3 Monate | 4 Wochen oder Ausweichen auf alternatives Füllmittel |
Kapselhülle: Gelatine farblos | 4 Wochen oder Ausweichen auf alternatives Füllmittel | 3 Monate | 4 Wochen oder Ausweichen auf alternatives Füllmittel |
*Auf Basis der erhaltenen Stabilitätsdaten ist von einer weitergehenden Stabilität von bis zu einem Jahr gemäß den in Tabelle I.4.2.1. des DAC/NRF empfohlenen Aufbrauchsfristen auszugehen.
Ergebnisse mit Lactose/ Aerosil®
Mit dem Füllmittel aus Lactose kann eine deutlich bessere Stabilität der Captopril-Kapseln 2 mg in den verschiedenen Hüllenmaterialien erzielt werden (Abbildung 2). Dennoch ist auch hier ein Wirkstoffabbau des Captopril über den Zeitraum von sechs Monaten in Gelatinehüllen zu beobachten.
Der Wirkstoffgehalt sank hier von durchschnittlich 103 beziehungsweise 105 Prozent (für Gelatinehüllen weiß und farblos) auf circa 93 Prozent beziehungsweise 91 Prozent. Einige Einzelwerte lagen nach sechs Monaten bereits unter 90 Prozent des deklarierten Wirkstoffgehalts, zwischen 80 und 90 Prozent. Daher sollte auch bei dem Füllmittel aus Lactose die Aufbrauchsfrist in Gelatine-Kapselhüllen auf drei Monate begrenzt werden. Bei der Verwendung von Hypromellose-Kapselhüllen zeigt sich analog zum Füllmittel aus Mannitol auch bei Lactose eine ausreichende Stabilität über sechs Monate.
Ergebnisse Mikrokristalline Cellulose/Aerosil®
Bei der Verwendung von Mikroskristalliner Cellulose konnte auch ein Wirkstoffabbau über die Lagerung von sechs Monaten beobachtet werden (Abbildung 3). Die Verringerung des Gehalts erfolgte unabhängig von der Kapselhülle. Sowohl bei Cellulose- als auch bei Gelatinehüllen lag der durchschnittliche Wirkstoffgehalt von 30 Kapseln nach sechs Monaten unter 90 Prozent. Da bereits zum Prüfzeitpunkt von drei Monaten ein reduzierter Wirkstoffgehalt festgestellt wurde, sollte die Haltbarkeit bei der Verwendung von Mikrokristalliner Cellulose auf vier Wochen begrenzt oder besser auf alternative Füllmittel zurückgegriffen werden.
Fazit
Die Aufbrauchsfrist ist bei Captopril-Kapseln 2 mg je nach verwendeter Kapselhülle und Kapselfüllmittel entsprechend anzupassen (Tabelle 4). Die höchste Stabilität wird bei der Verarbeitung von Captopril mit den Füllmitteln Mannitol und Lactose in Hypromellose-Kapselhüllen erreicht. Sofern Kapselhüllen aus Gelatine ausdrücklich vorgesehen sind, sollte möglichst Lactose als Füllmittel ausgewählt und die Haltbarkeit begrenzt werden. Auf die Verwendung von Mikrokristalliner Cellulose als Füllmittel sollte unabhängig von der Kapselhülle möglichst verzichtet oder die Haltbarkeit stark verkürzt werden.
Die erhaltenen Ergebnisse für Captopril-Kapseln in einer Dosierung von 2 mg sind nicht ohne Einschränkung auf andere pädiatrische Dosierungen übertragbar. Instabilitäten und Inkompatibilitäten sind auch bei abweichenden Dosierungen möglich. /