HIV-Integrase-Hemmer aus Sonnenblumen |
27.02.2006 15:33 Uhr |
HIV-Integrase-Hemmer aus Sonnenblumen
von Conny Becker, Berlin
Sonnenblumen können eine Substanz produzieren, die in Zellkulturtests die Vermehrung von HI-Viren hemmt. Wie die Universität Bonn meldet, blockiert die Dicaffeoyl-Chinasäure (DCQA) die virale Integrase.
Derzeitige Angriffspunkte in der HIV-Therapie bilden die viralen Proteine Reverse Transkriptase sowie Protease. Das dritte essenzielle Enzym, die Integrase, benötigen HI-Viren, um ihre DNA in die der Wirtzelle zu integrieren, so dass diese schließlich das virale Erbmaterial produziert. Das Protein gilt daher schon länger als hoffnungsvolles Target, zumal Resistenzen und Nebenwirkungen der derzeitigen Therapie die Behandlung der Patienten erschweren. Die Forschung in diese Richtung ist bereits seit einigen Jahren im Gange. Nun haben Wissenschaftler von der Universität Bonn und des Forschungszentrums Caesar einen Integrasehemmer auch in Sonnenblumen entdeckt.
Dr. Claudio Cerboncini kam dem potenziellen HIV-Medikament eher durch Zufall auf die Spur. Der Agraringenieur wollte herausfinden, welche Substanz es einigen Sonnenblumen ermöglicht, sich gegen den Pilz Sclerotinia sclerotiorum zu wehren, der bei den Pflanzen die Weißstängeligkeit hervorruft. In Stresstests identifizierte er die Dicaffeoyl-Chinasäure als einen der Abwehrstoffe - eine Verbindung, deren In-vitro-Wirkung als Integrase-Hemmer bereits bekannt war. Ihre synthetische Herstellung ist jedoch äußerst aufwendig. Natürlich kommt sie zwar auch in der Artischocke und der Wegwarte vor, allerdings in äußerst geringen Mengen. Laut Angaben der Uni Bonn kostet daher ein Milligramm der Substanz derzeit etwa 1000 Euro.
Mit Hilfe ihrer Entdeckung hoffen die Bonner Wissenschaftler, DCQA künftig erheblich günstiger produzieren zu können. Vorerst wollen sie versuchen, Zellen von Sonnenblumen und anderen Pflanzen zusammen mit Sclerotinia sclerotiorum zu kultivieren und die Substanz aus dem Nährmedium zu gewinnen. Längerfristig soll eine Genanalyse klären, welche Gene die Pflanze für die Produktion aktiviert. Diese könnten dann in Bakterien eingeschleust werden und eine Produktion großer Mengen würde möglich.