Problemlöser Apotheker |
12.02.2014 10:13 Uhr |
Einschränkungen des Sehens, Hörens und der Feinmotorik treten bei älteren Menschen häufig auf. Doch gerade diese Fähigkeiten sind zur richtigen Applikation vieler Arzneimittel nötig. Schnell wird die kindergesicherte Verpackung dann auch zur Senioren- Sicherung. Dr. Wolfgang Kircher, Apotheker aus Peißenberg, präsentierte Problemlösungen durch den Apotheker.
Wenn Patienten nicht genug Kraft aufbringen können, um die Arznei richtig anzuwenden, ist der Therapieerfolg naturgemäß gefährdet. Hierfür stellte Kircher einige Beispiele vor: So ist zur Perforation einer Hartkapsel in einem Inhalator eine bestimmte Kraft erforderlich.
Wenn Augentropfen vor der Anwendung auf Körpertemperatur erwärmt werden, braucht man zum Herausdrücken der Tropfen im Vergleich zur Kühlschranktemperatur nur halb so viel Kraft.
Foto: Petra Steinkuehler-Nitschke
Bringt der Patient diese nicht auf, so wird nur eine oder gar keine Seite der Kapsel perforiert, was mit großer Wahrscheinlich zu einem therapierelevanten Abfall der freigesetzten Wirkstoffmenge führt. Kirchers Rat: »Lassen Sie die Patienten nach der Inhalation kontrollieren, ob die Kapsel vollständig geleert ist.« Zudem könne das pharmazeutische Personal Senioren raten, bei der Betätigung der Druckknöpfe am Inhalator anstelle des Spitzgriffs den Schlüsselgriff anzuwenden. Dabei greift man mit der Innenseite des Daumenendgliedes und dem Zeigefingergrundglied – wie beim Greifen eines Schlüssels. Auch das Ausweichen auf einen ergonomisch weniger anspruchsvollen Inhalator ist unter Umständen möglich. Am Beispiel von Formoterol-Präparaten zeigte der Referent, dass die benötigte Kraft zur Perforation der Kapsel von Firma zu Firma unterschiedlich ist.
Ebenso wie die Bedienung von Pulver-Inhalatoren und das Auslösen von Sprühstößen bei einem Dosieraerosol kann auch die Anwendung von Insulinpens Senioren Probleme bereiten. Auch hier ist Kircher zufolge die zur Freisetzung des Insulins erforderliche Kraft sehr unterschiedlich. Ein Ratschlag aus der Apotheke könnte sein, auf den halbautomatischen Autopen® zu wechseln. Die Insulin-Abgabe erfordert damit weniger Kraft. Laut Kircher hat dieser Pen eine Zulassung für alle Insuline, die auf dem deutschen Markt verfügbar sind.
Bei Tropfflaschen Präparate vergleichen
Auch am Öffnen von Schraubkappen können Patienten scheitern. Das erste Problem stellt dabei mitunter die Erstöffnungs-Sicherung dar. So bestehen Aufreißlaschen manchmal aus klar-transparenten Folien, die optisch schwer zu erkennen sind. Teilweise sind auch die Laschen-Enden kurz und eng anliegend, sodass sie schwer zu greifen sind. »Bieten Sie Ihren Patienten an, die Erstöffnungs-Sicherung für sie zu entfernen«, riet Kircher. Das trage zum Therapieerfolg bei. Viele Apotheken empfehlen auch Hilfsmittel zum einfacheren Öffnen von Schraubverschlüssen. Kircher gab zu bedenken, dass man den Patienten dazu immer auch Anti-Rutsch-Folien anbieten sollte, damit das zu öffnende Gefäß fest stehenbleibt.
Tropfflaschen können noch andere Hürden für den Patienten aufweisen. So fallen unter Umständen die Tropfen zu schnell ab. »Die Flasche dann schräg zu halten, ist keine Lösung, «, so Kircher. Dann sei zwar die Tropfgeschwindigkeit reduziert, die Masse des abfallenden Tropfens aber auch kleiner, was eine Unterdosierung zur Folge haben kann. Wie Kircher am Beispiel von Haloperidol-Tropfen zeigte, lohnt es sich, wenn Apotheker die Präparate unterschiedlicher Firmen vergleichen. Denn es gibt auch Medikamente, bei denen die Tropfgeschwindigkeit durch Drücken steuerbar ist oder die durch einen anderen technologischen Kniff per se eine langsame Tropfgeschwindigkeit aufweisen.
Tipps für die Eintropftechnik
Ein Paradebeispiel für eine Arzneiform, die häufig bei der Applikation Probleme bereitet, sind Augentropfen. Die erforderliche Fingerkraft zur Freisetzung des Tropfens ist je nach Präparat sehr unterschiedlich, so Kircher. Apotheker können Patienten zwei Ratschläge geben: Erstens ist es sinnvoll, die Augentropfen – Flaschen oder Einzeldosenbehälter – auf Körpertemperatur zu erwärmen. Dann lässt sich der Tropfen mit halbierter Kraft gegenüber der Kühlschranktemperatur entnehmen. Der zweite Ratschlag betrifft die Eintropf-Technik. So erleichtere der Wechsel von der konjunktivalen zur kanthalen Variante vielen Patienten die Verabreichung der Augentropfen. Dabei greift der flach auf dem Rücken liegende Patient das Behältnis mit beiden Händen und tropft in den inneren Winkel des teilweise oder vollständig geschlossenen Auges. Beim weiten Öffnen der Lider läuft die Lösung dann spontan auf Horn- und Bindehaut ab.