Diskussion über Liberalisierung |
04.02.2015 09:40 Uhr |
Von Yuki Schubert, Berlin / Einige SPD-Politiker können sich eine Entkriminalisierung von Cannabis bei kontrollierter Abgabe und Produktion der Droge vorstellen. Das wurde vergangene Woche bei einer Veranstaltung der Berliner SPD-Fraktion deutlich. Suchtexperten, Bürger und Politiker diskutierten dabei über neue Ansätze in der Drogenpolitik
Bei der Veranstaltung zeigte sich schnell, dass dieses Thema emotionsgeladen ist. Türen knallten und eine verärgerte Bürgerin kritisierte, dass es bei einer Legalisierung von Cannabis vor allem um mögliche Steuereinnahmen gehe. Diese Gelder müssten unbedingt den Suchtkranken zugutekommen, forderte sie.
Der Anbau von Cannabis ist in Deutschland nur mit Sondergenehmigung erlaubt.
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Schwarzmarkt
Für Burkhard Blienert, Berichterstatter für Drogen und Sucht der SPD-Bundestagsfraktion, birgt die Illegalität von Cannabis eine große Gefahr. Schließlich würden damit Schwarzmarkt und organisierte Kriminalität toleriert. »Das kann nicht das Interesse des Staates sein«, sagte Blienert. Vielmehr könnten durch einen regulierten Zugang diejenigen besser erreicht werden, die Hilfe benötigten. Außer Frage stand für ihn jedoch, dass strafrechtliche Maßnahmen in der Drogenpolitik unerlässlich seien. Es müsse aber Abstufungen und unterschiedliche Antworten geben, so Blienert.
Sebastian Sperling von der Friedrich-Ebert-Stiftung sprach sich für eine kontrollierte Freigabe von Cannabis wie in Uruguay aus. Dort gibt es laut Sperling genaue Vorschriften. So dürfe Cannabis nicht an Ausländer verkauft werden, es gebe ein striktes Werbeverbot und während der Arbeitszeit oder am Steuer dürfe die Droge nicht konsumiert werden. Trotzdem könnten zusätzliche Steuereinnahmen in Millionenhöhe erzielt werden.
Darüber hinaus forderte Sperling die Bundesregierung auf, die Mittel für repressive Regelungen in ihrem Drogenbericht künftig genau aufzulisten und Ressourcen freizustellen, um Drogenkartelle besser bekämpfen zu können.
In der Diskussion kam auch die Frage auf, ob das Betäubungsmittelgesetz unter Umständen bereits veraltet ist und ob es den aktuellen Gegebenheiten überhaupt noch gerecht wird. Blienert zufolge hat das Gesetz kaum Veränderung durchlaufen. Tatsächlich stammt die letzte umfangreiche Neufassung aus den 1980er-Jahren.
Das Gesetz lasse gewisse Probleme offen, wie beispielsweise die Frage, ob es bereits als Drogenbesitz gelte, wenn Analysestellen Drogen annehmen, sagte Tibor Harrach, Sprecher der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik der Grünen. Der Apotheker hob die Bedeutung von Drugchecking hervor, bei dem gefährliche Bestandteile in Drogen möglichst schnell aufgedeckt werden können. Er wies in diesem Zusammenhang unter anderem auf Bleiintoxikationen durch gestrecktes Marihuana in Leipzig im Jahr 2007 hin.
Jugend schützen
Trotz der vielen Stimmen für eine regulierte Freigabe gab es aus dem Plenum auch einige Gegenstimmen. Besonders der Jugendschutz sei gefährdet, hieß es. Thomas Isenberg, Sprecher für Gesundheit der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, sagte abschließend, dass er sich über den regen Austausch freue. Drogen gehörten zu einer Gesellschaft dazu. Es dürfe daher weder eine Politik geben, die repressiver vorgehe als bislang, noch einen zu liberalen Umgang mit Drogen, der den Cannabis-Konsum verharmlose. /