Anticholinergika erhöhen Demenzrisiko |
04.02.2015 09:40 Uhr |
Von Daniela Hüttemann / Die Einnahme anticholinerger Arzneimittel beeinflusst die Kognition nicht nur reversibel während der Therapiedauer, sondern erhöht auch langfristig das Risiko, eine Demenz wie Alzheimer zu entwickeln.
Zu diesem Schluss kommen US-amerikanische Forscher in einer prospektiven Untersuchung von 3434 Patienten ab 65 Jahren, die zu Studienbeginn keine Anzeichen einer Demenz zeigten. Das Team um die Pharmazeutin Professor Dr. Shelly L. Gray von der School of Pharmacy an der Universität Washington in Seattle beobachtete die geistige Entwicklung der Probanden im Schnitt über 7,3 Jahre.
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Dann werteten die Forscher die Dispensierdaten der beteiligten Apotheken inklusive OTC-Arzneimittel aus und ermittelten für jeden Probanden die kumulative Anticholinergika-Exposition der vorangegangenen zehn Jahre.
Fast jeder vierte Proband (23,2 Prozent) erkrankte im Verlauf der Studie an einer Demenz, davon 79,9 Prozent an Alzheimer, schreiben die Forscher im Fachjournal »JAMA Internal Medicine«. Die Wahrscheinlichkeit stieg mit der kumulativen Anticholinergika-Dosis. Hatten die Patienten 91 bis 365 standardisierte Tagesdosen eingenommen, erhöhte sich das Demenzrisiko um 19 Prozent; bei ein- bis dreijähriger Einnahme um 23 Prozent und bei einer Einnahme länger als drei Jahre um 54 Prozent (DOI: 10.1001/jamainternmed.2014.7663). Zu den am häufigsten angewendeten anticholinergen Arzneistoffen gehörten trizyklische Antidepressiva wie Doxepin, Antihistaminika der ersten Generation wie Diphenhydramin und Muscarin-Antagonisten wie Oxybutynin.
Diese Studie ist die erste, die eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zeigt, was einen kausalen Zusammenhang nahelegt, jedoch nicht beweist. Zudem konnten die Autoren erstmals zeigen, dass kognitive Einschränkungen unter Anticholinergika nicht unbedingt reversibel sind. Die Methodik erlaubt allerdings keine Aussage darüber, ob das erhöhte Demenzrisiko durch ständige Einnahme über einen langen Zeitraum zustande kommt, oder ob auch mehrmalige kurzfristige Anticholinergika-Therapien in höherer Dosis beziehungsweise mit verschiedenen Medikamenten das Risiko steigen lassen. /