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Arzneimittelinformation

Recherchetipps für Apotheker

05.02.2013  15:33 Uhr

Von Hannelore Gießen, Köln / »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.« Dieser Satz aus dem Heilmittelwerbegesetz ist allgemein bekannt. Doch wen fragen Arzt und Apotheker? Tipps gab es beim Kongress für Arzneimittelinformation Mitte Januar in Köln.

Eine möglichst optimale Arzneimitteltherapie für alle Patienten ist erklärtes Ziel des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker, der den Kongress ausrichtete. Bei 25 000 medizinischen Fachzeitschriften und 677 Millionen Websites stellt die Suche nach validen Arzneimittelinformationen jedoch eine Herausforderung dar.

Im Workshop »Informationsquellen für die Apothekenpraxis« bahnte Dr. Ralf Goebel, Leiter der Geschäftsstelle der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, einen Pfad durch das Dickicht.

 

Gezielt fragen, mehr wissen

 

»Der erste Schritt einer erfolgreichen Recherche ist, die Frage hinter der Frage zu erkennen«, erklärte Goebel. Vor allem müsse geklärt werden, ob eine allgemeine Frage vorliegt oder ob es um einen individuellen Patienten geht. Mit der Kenntnis des Krankheitsbildes und der Komedikation lassen sich recherchierte Informationen besser einordnen. Neben Arzneimitteln müssen auch Nahrungsergän­zungsmittel, Medizinprodukte und bilanzierte Diäten erfragt werden. Gerade bei Vitaminen, Mineralien oder Phytotherapeutika rechnen Patienten häufig nicht damit, dass sie ihre Therapie beeinflussen könnten. Unterbleiben diese Hintergrundfragen aber, kann eine langwierige Recherche zu irrelevanten Informationen führen und die eigentliche Frage unbeantwortet lassen.

 

In der Apotheke beziehen sich viele Fragen auf Nebenwirkungen eines Arzneimittels. Dabei sind laut Goebel drei Aspekte zu beachten: Erscheint eine durch das Arzneimittel verursachte Nebenwirkung zeitlich plausibel? Kann es für die Nebenwirkung einen pharmakologischen Grund geben? Und was wurde bisher gegen die vermutete Nebenwirkung unternommen?

 

Mit Google, Yahoo oder Bing zu suchen, ist einfach, benötigt jedoch viel Zeit und führt nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen. Oft ist die Trefferzahl zu groß, und die Suche lässt sich nicht sinnvoll thematisch begrenzen. Eine Recherche mit Suchmaschinen, die auf wissenschaftliche Literatur spezialisiert sind, kann Zeit und Nerven sparen. Als wichtigste Suchmaschinen empfahl der Referent Pubmed, Google Scholar sowie Scirus. Über eine verfeinerte Suche kann dabei der Zeitraum festgelegt, das Format des gesuchten Dokuments ein­gegrenzt oder die Suche auf eine bestimmte Website beschränkt werden.

 

Gezielt suchen, mehr finden

 

Goebel riet dazu, Internetseiten gründlich auf ihre Validität zu untersuchen. Dafür gebe es Gütesiegel für vertrauensvolle Gesundheitsinformationen im Netz, etwa den Health-On-the-Net-Code (HON). Sucht man über www.hon.ch, findet man nur Seiten, die sich dem HON-Code verpflichtet haben. Um zu erfahren, wer eine Internetseite finanziert, offenbart eine Suche unter www. denic.de den Inhaber einer Domain.

 

Umfassende Informationen zu Arzneimitteln bietet die Pharmaziebibliothek 2.0, erstellt vom Fachbereich Evidenzbasierte Pharmazie des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM). Diese Übersicht bietet nicht nur eine Zusammenstellung von Links, sondern auch eine differenzierte Bewertung, weshalb diese Quellen ausgewertet wurden (www.ebm-netzwerk.de/pharmaziebibliothek).

 

Laut Goebel ist es ratsam, sich bei der Recherche auf maximal drei Quellen zu beschränken. Da manche Fragen immer wieder gestellt werden, sollte der Recherche-Pfad festgehalten werden, um später auch die Vorgehensweise zurückverfolgen zu können. Er empfahl, in der Apotheke eine Liste anzulegen, die Quelle, Benutzername, Passwort und URL umfasst. Abhängig vom Fragenspektrum lohne sich eine eigene Bookmark-Liste mit Adressen, die man als qualitativ gut und schnell nutzbar kennt.

 

Studien unter der Lupe

 

Um ein Arzneimittel genau einschätzen zu können, müssen neben Datenbanken, Übersichten und Monographien auch Originalarbeiten als Primärliteratur herangezogen werden. Wie klinische Studien bewertet werden, erläuterte Dr. Judith Günther, Sprecherin des Fachbereichs EbPharm im DNEbM. Goldstandard für alle experimentellen Studien ist das randomisierte, doppelblinde kontrollierte Design.

 

Dabei bedeutet Randomisierung, dass die Zuordnung zu den Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip erfolgt. Kontrolliert heißt eine Studie, in der die Ergebnisse einer Behandlungsgruppe mit denen einer Kontrollgruppe verglichen werden. Als Kontrollintervention wird entweder eine Placebo- oder die bisherige Standardtherapie herangezogen. Weder Arzt noch Patient dürfen wissen, zu welchem Studienarm der Patient gehört, und diese Verblindung muss während des gesamten Studienzeitraums bestehen bleiben. Um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen, muss schließlich gewährleistet sein, dass ein vollständiges Follow-up vorliegt: Alle anfangs randomisierten Patienten müssen bei der Auswertung erfasst werden, auch solche, die schon früher aus der Studie ausgeschieden sind.

 

Randomisierung, Verblindung und Follow-up bilden das Bollwerk gegen mögliche Verzerrungen. Wie sich eine Verzerrung auswirken kann, zeigte Günther anhand der Nurses Health Study. In dieser großen Beobachtungsstudie an amerikanischen Krankenschwestern war für Frauen, die in der Menopause eine Hormontherapie erhielten, ein geringeres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen ermittelt worden. Weltweit wurden da­raufhin Millionen Frauen oft Jahrzehnte lang mit Hormonen behandelt. Erst eine randomisierte, kontrollierte Studie, die Women’s Health Study, habe Jahre später Klarheit über den Stellenwert einer Hormontherapie gebracht und zu geänderten Leitlinien geführt, hob die Apothekerin hervor. In der Nurses Health Study waren Risikofaktoren wie Rauchen oder Diabetes nicht gleichmäßig auf die beiden Gruppen verteilt und hatten so das Ergebnis verfälscht.

 

Suchergebnisse einordnen

 

Bei der Bewertung einer Studie sei es sinnvoll, Checklisten zu nutzen und in der Literatur noch nach Editorials und Kommentaren zu suchen, riet Günther. Wer Studien regelmäßig lese, sammle darin einige Erfahrungen und komme dadurch mit der Zeit schneller und sicherer zu einer Einschätzung, ermutigte die Apothekerin ihre Kollegen. / 

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