Rendezvous mit der Globalisierung |
24.01.2018 10:02 Uhr |
Von Christina Hohmann-Jeddi, Schladming / Die freien Demokratien dieser Welt sind in den vergangenen Jahren ein Stück instabiler geworden. Dies machte Roland Koch, ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen und langjähriger Vorsitzender der hessischen CDU, beim Pharmacon in Schladming deutlich. Schuld ist demnach unter anderem die Globalisierung.
Koch, aktuell Professor an der Frankfurt School of Finance & Management, sprach von einem »Rendezvous mit der Globalisierung«. Früher habe Globalisierung bedeutet, dass der »Club der reichen Länder« über Handelsbedingungen Absprachen trifft, so Koch. Inzwischen aber hätten einige der nicht zu diesem Club gehörenden Länder, vor allem China und Indien, stark aufgeholt und könnten große Erfolge bei Bildung, Infrastruktur und Wirtschaftsleistung vorweisen. Damit sei ein neuer, härterer Wettbewerb weltweit entstanden.
Der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch war Gastredner in Schladming
Foto: PZ/Mueller
Während die Eliten der entwickelten Länder die Globalisierung und deren Vorzüge genössen, bringe diese für große Teile der Bevölkerung vor allem Instabilität, so Koch weiter. Die Fragen, ob es den eigenen Kindern einmal besser als einem selbst gehen wird und ob man den Lebensstandard im Alter wird halten können, würden in entwickelten Nationen in den vergangenen zehn Jahren zunehmend mit Nein beantwortet. Ein Rückschritt drohe.
»In bedrohlichen Situationen reagieren Kinder damit, ins Haus zu laufen und die Tür zuzuschlagen«, verdeutlichte Koch. Vergleichbares sei derzeit weltweit zu erkennen, führte er aus: Auf Wirtschaftsebene nenne man das Phänomen Protektionismus, in den USA heiße es »America first« und in Europa Europaskepsis. »Und in diese Situation herein kommt die Flüchtlingskrise«, so Koch.
Da ein Teil der Bevölkerung das Gefühl habe, die Politik habe auf drängende Fragen keine richtigen Antworten hat, werde nach Alternativen gesucht, auch indem neue Parteien entstünden. Durch die Koalition der beiden großen Parteien CDU und SPD komme bei den Wählern zudem das Gefühl auf, nicht wirklich eine Wahl zu haben – ein Mechanismus, der die neuen Parteien wiederum stärke.
Koch bezeichnete es als richtig, dass sich die SPD zunächst gegen eine Fortführung der Großen Koalition entschieden hatte. Das wäre sowohl für die Partei als auch für Deutschland der richtige Weg gewesen, so Koch. Er selbst hätte die Bildung einer Jamaika-Koalition begrüßt, weil diese Konstellation neue Ideen in den politischen Diskurs hätte bringen können, sagte er.
Koch zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass die großen Parteien in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der Welt die Probleme erkannt haben und darauf reagieren werden. Nationalistische Tendenzen seien aber nicht die richtige Antwort. Vielmehr komme es auf mehr Zusammenhalt an. »Für eine Renationalisierung sind wir zu klein.« Aus dem Grund, schloss Koch, betrachte er die proeuropäische Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Zukunft Europas und Deutschlands als existenziell. /