Extremes Übergewicht durch Leptin-Mutation |
20.01.2015 16:25 Uhr |
dpa / Eine bislang unbekannte, homozygote Mutation des Leptin-Gens, die zu starkem Übergewicht führt, haben Mediziner des Universitätsklinikums Ulm entdeckt. Aufgefallen ist sie bei einem Kind, das mit drei Jahren schon mehr als 40 Kilo wog.
Das Kind war einfach nie satt, was die Ulmer Forscher durch einen Zufall auf ein biologisch inaktives Sättigungshormon zurückführen konnten. Seit das Kind ein rekombinant hergestelltes Leptin-Analogon (Metreleptin) bekomme, esse es weniger und habe abgenommen, berichten die Mediziner um Professor Dr. Martin Wabitsch im »New England Journal of Medicine« (DOI: 10.1056/NEJMoa1406653).
Kleiner Fehler, große Wirkung: Eine Punktmutation im Leptin-Gen führt zu extremer Adipositas.
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Das Leptin-Analogon ist in der EU als Orphan Drug zugelassen. Bereits nach wenigen Tagen sei die Wirkung bei dem Kind zu erkennen gewesen, sagte Wabitsch. »Es ist davon auszugehen, dass dies kein Einzelfall ist. Wir haben bereits weitere Patienten mit dieser Diagnose identifiziert.«
Das Uniklinikum Ulm spricht von einer »neuen Krankheit«, wird da jedoch von Experten der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin (DGIM) gebremst: »Eine solche Mutation ist natürlich extrem selten«, sagte Petra-Maria Schumm-Draeger vom DGIM-Vorstand der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Erkenntnisse aus Ulm seien für die Wissenschaft »hochinteressant« und von hoher Qualität, klinisch gesehen sei die entdeckte Mutation aber eine »absolute Rarität«. Heißt: Dass man weiteren Übergewichtigen auf diesem Wege helfen kann, ist recht unwahrscheinlich.
Die Funktionsweise von Leptin ist seit 20 Jahren bekannt. Das Hormon wird im Fettgewebe produziert und hemmt im Gehirn die Nahrungsaufnahme. »Sind die Energiespeicher gut gefüllt, wird viel Leptin produziert, und der Appetit wird gezügelt, wodurch die Fettspeicher wieder leerer werden«, heißt es in einer Mitteilung des Klinikums. Kann das Hormon nicht produziert werden, erhält das Gehirn kein Sättigungssignal. Mit der Folge, dass ungebremst Nahrung aufgenommen wird. Fettleibigkeit aus Leptinmangel ist bereits bekannt. /