Neue Methoden gegen Cellulite |
19.01.2010 15:09 Uhr |
Von Tatjana Pavicic / Cellulite ist aus heutiger Sicht zwar keine Krankheit, aber ein schwerwiegendes kosmetisches Problem. Die Betroffenen, Mehrzahl der Frauen ab dem mittleren Lebensalter, haben einen hohen Leidensdruck, der ihre eigene Wahrnehmung und ihr psychosoziales Leben beeinträchtigt. Inzwischen sind einzelne, vielversprechende Ansätze zur Intervention erkennbar.
Schätzungen zufolge werden auf dem stark wachsenden Cellulite-Markt weltweit rund sechs Milliarden US-Dollar ausgegeben. Allein zwischen 1997 und 2004 ist er um über 100 Prozent gestiegen. Daher ist es umso wichtiger, immer wieder zu verdeutlichen, dass es sich bei Cellulite nicht um eine Krankheit, sondern um eine kosmetisch störende Erscheinung handelt.
Je nach Studie sind 85 bis 98 Prozent der Frauen über 20 Jahren von Cellulite betroffen – also fast alle.
Foto: MIT-SCHMIDT
Ein kosmetischer Makel, der allerdings 80 bis 90 Prozent aller Frauen nach dem 20. Lebensjahr betrifft. Männer kennen dieses Problem fast nicht, höchstens als Begleiterscheinung bei bestimmten Krankheitsbildern, die mit einem Androgendefizit einhergehen.
Übergewicht nicht ursächlich
Auch wenn Cellulite regelmäßig an Körperstellen mit übermäßiger Fettablagerung gefunden werden kann, stellt das Übergewicht keine Voraussetzung für ihr Auftreten dar. Im Gegenteil: Auch viele schlanke Frauen haben ausgeprägte Cellulite-Erscheinungen. Richtig ist: Übergewicht, Stress, ungesunde Lebensführung, hormonelle Kontrazeptiva verstärken lediglich jene Veränderungen, die sowieso schon da sind. Entsprechend zeigt der Schweregrad der Cellulite eine positive Korrelation mit dem Body-Mass-Index (BMI) und dem prozentualen Fettanteil im Gewebe.
Nach ihrem klinischen Erscheinungsbild kann Cellulite in vier Schweregrade eingeteilt werden:
Grad 0: glatte Hautoberfläche im Liegen und Stehen; beim Kneifen zeigen sich Falten und Furchen, aber kein typisches Matratzenphänomen.
Grad 1: glatte Hautoberfläche im Liegen und Stehen; beim Kneifen zeigt sich das typische Matratzenphänomen.
Grad 2: glatte Hautoberfläche im Liegen, im Stehen zeigt sich spontan das typische Matratzenphänomen.
Grad 3: das typische Matratzenphänomen zeigt sich spontan im Liegen und Stehen.
Im 20 MHz-Ultraschall stellt sich bei einer Frau mit Cellulite die Grenze zwischen der Dermis und Subkutis unregelmäßig mit charakteristischen Vorwölbungen (sogenannten Papillae adiposae) des Fettgewebes in die Dermis dar.
Schwache Cutis-Subcutis-Grenze
Trotz der hohen Prävalenz gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen über die Pathophysiologie der Cellulite. In den letzten Jahrzehnten haben sich vor allem drei Theorien zur Ätiopathogenese durchgesetzt. Diese bevorzugen jeweils folgende Ursachen des Problems Cellulite:
Ödem, resultierend aus exzessiver Hydrophilie der interzellulären Matrix.
Mikrozirkulatorische Veränderungen.
Unterschiedliche Anatomie des subkutanen Fettgewebes zwischen Frauen und Männern mit lokaler Fettakkumulation.
Durch histologische und bildgebende Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass bei allen Frauen, mit und ohne Cellulite, die Cutis-Subcutis-Grenzlamelle nur schwach ausgebildet ist. Auch Widerstand bietende, parallel dazu verlaufende Bindegewebssepten fehlen, sodass sich das subkutane Fettgewebe leicht in die Dermis durchdrücken kann. So finden sich bei den Frauen dünne, größtenteils senkrecht zur Hautoberfläche verlaufende Septen, die große Fettgewebsläppchen voneinander abgrenzen.
Im Gegensatz dazu stellt sich die Grenzlamelle bei Männern glatt und kontinuierlich dar. Die Bindegewebssepten sind dicker, eher parallel und schräg zur Hautoberfläche angeordnet. Als klinisches Korrelat zeigen sich typische Cellulite-Erscheinungen: Dellen und Grübchen.
Drei Therapieansätze
Fehlende krankheitsspezifische Kenntnisse verursachen Probleme bei der Wahl der richtigen Behandlungsmethode, von denen nur einige wenige in klinischen Studien geprüft und nur wenige als wirksam befunden worden sind. Eine gesunde Lebensführung mit ausgewogener Ernährung und sportlicher Aktivität ist prinzipiell hilfreich, wenn auch wissenschaftlich nicht nachgewiesen.
Die Behandlungsansätze lassen sich in drei Kategorien einteilen: Bekämpfung der aggravierenden Faktoren, physikalische Methoden sowie Anwendung stofflicher Mittel. Die Behandlungsziele sind dabei: Reduktion des interzellulären Ödems durch Steigerung des Lymphflusses und der Diurese, Steigerung der Kollagensynthese in der Dermis sowie Reduktion von Zahl und Größe der Adipozyten (Lipolyse).
Massage und Radiofrequenz
Bei den Massage-Geräten sollen durch Ausübung mechanischer Kraft eine Mobilisierung des subkutanen Fettgewebes und eine Verbesserung des Lymphflusses in den betroffenen Arealen erzielt und dadurch Cellulite-Erscheinungen reduziert werden. Die Anwendung erfolgt zweimal in der Woche über 10 bis 45 Minuten. Nur wenige Studien unterstützen die Wirksamkeit dieser kostspieligen Methode.
Bei der Radiofrequenz-Behandlung wird mit Geräten gearbeitet, die elektrische Energie in Form von Wärme durch die Haut schicken. Das Gewebe wird stärker durchblutet, Fettzellen werden zerstört sowie die Bindegewebsfasern im Fettgewebe und in der darüberliegenden Hautschicht geschädigt, weil sie auf 60 °C erwärmt werden. Dadurch sollen die körpereigenen Reparaturprozesse angeregt werden: Neue Fasern bilden sich, wodurch das Bindegewebe gestärkt wird.
Sogenannte tripolare Frequenzen erzeugen größere Energiemengen direkt in der tiefen Fettschicht. Dadurch wird der straffende Effekt verbessert. Die Risiken der früheren Generationen wie Reißen oberflächlicher Gefäße und Bildung blauer Flecke und Besenreiser werden gemindert.
Laser-Lipolyse
Von den operativen Methoden (Liposuktion, Ultraschallliposuktion, Subzision) zeigt nach den neuesten Publikationen die Laser-Lipolyse sehr gute Ergebnisse bei der Behandlung von Cellulite-Erscheinungen. Die anderen Methoden eignen sich, wenn überhaupt, nur zur Milderung der Erscheinungen bei hochgradig ausgeprägter Cellulite und Adipositas. Die sehr unterschiedlichen Inhaltsstoffe diverser Anticellulite-Präparate sind oft kaum charakterisiert. So wurden in 32 Cellulitecremes 232 verschiedene Inhaltsstoffe nachgewiesen. Ein Viertel davon ist als Allergieauslöser bekannt. Bei allen topisch anzuwendenden Mitteln ist wichtig anzumerken, dass der Wirkstoff zunächst in ausreichender Konzentration an den Zielort vordringen muss, um hier überhaupt einen Effekt erzielen zu können. Zudem sind einige Monate Behandlung erforderlich, bevor erste sichtbare Verbesserungen zu verzeichnen sind.
Coffein, Liposome und grüner Tee
Methylxanthine wie Coffein führen im subkutanen Fettgewebe zu einer lokalen Adipolyse. Dadurch werden die hypertrophen Fettzellen verkleinert und die großen Fettzellklumpen aufgebrochen. In einer Studie an 49 Frauen zeigte 2-prozentiges, in Liposomen verkapseltes Coffein nach zweimal täglichem Auftragen über zwei Monate einen signifikant positiven Effekt.
Die Liposomen als Träger sollen das Eindringen in die tieferen Hautschichten ermöglichen und zudem für eine hinreichende Verfügbarkeit am Wirkort (»Targeting«) sorgen. Eine neuere Studie konnte zeigen, dass nur ein Coffeingel in Kombination mit Ultraschall (3 MHz, Intensität 0.2 W/cm2, 1 min/cm2), nicht aber das Coffeingel allein, das subkutane Fettgewebe signifikant reduzieren konnte.
Obwohl die Effekte von grünem Tee und Polyphenolen auf die Cellulite noch nicht untersucht wurden, besteht großes Interesse an den Extrakten vom grünen Tee bei der Behandlung von Übergewicht. Epigallocatechin-Granulat (EGCG) verhindert eine Gewichtszunahme bei Ratten. In vitro führt EGCG zu einer reduzierten Expression der mRNA von Fettsäuresynthase und Acetyl-CoA-Carboxylase sowie zu einer Inhibition der Adipozyten-Differenzierung. Interessanterweise führen Extrakte von grünen Tee zu einer vermehrten Expression von Peroxisomen-Proliferator-aktivierenden Rezeptoren alpha und gamma.
Kollagensynthese ankurbeln
Die Extrakte von Centella Asiatica (Indischer Wassernabel) sind pflanzlichen Ursprungs und enthalten verschiedene Triterpenderivate, zum Beispiel Asiaticanoide, die in vitro zu einer gesteigerten Synthese von Kollagen durch Fibroblastenaktivierung führen. Die perorale Gabe eines Centella-Asiatica-Extrakts (60 mg/d über 90 Tage) führte im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Reduktion des Adipozyten-Durchmessers und der Fibrose, vor allem in der gluteofemoralen (Gesäß und Oberschenkel betreffenden) Region.
Retinol führt zu einer Vermehrung der kollagenen Fasern in der sonnengeschädigten Haut. Dadurch kommt es zu einer Stärkung der schwach ausgeprägten Bindegewebsgrenzlamelle, sodass sich die subkutane Fettschicht schwerer in die Dermis vorwölben kann. In normaler Haut fördert Retinol die Synthese von Glykosaminoglykanen (GAGs), die ausgeprägt hydrophil sind und somit Wasser binden können. Dies mag zu einer Straffung der Lederhaut beitragen. Eine dickere, straffere Dermis sollte die Beweglichkeit der darunter liegenden Fettschicht einschränken und dadurch auch deren Eindrücken in die Lederhaut verhindern.
In einer Studie mit 0,3-prozentiger Retinol-haltiger Creme wurde mittels 20 MHz-Ultraschall eine Reduktion echoarmer Areale in der Subcutis von 53 auf 18 Prozent sowie eine Zunahme der Cutisdicke von 1,44 auf 1,60 mm festgestellt. Dies spricht für eine Vermehrung der kollagenen Fasern.
Die perorale Gabe konjugierter Linolsäure (PPAR-Agonist) und Decosahexaninsäure über vier Wochen führte bei Mäusen in Vergleich zu Linolsäure zu einer Abnahme der Subcutisdicke, die auf eine Reduktion der Adipozytengröße zurückzuführen war. Beim Menschen konnte bei 75 Prozent der Frauen eine Verbesserung der Cellulite-Erscheinungen durch perorale Gabe von 400 mg beziehungsweise 800 mg konjugierter Linolsäure (CLA) über 60 Tage erreicht werden. /
Anschrift für die Verfasser:
Dr. Tatjana Pavicic
Leiterin Ästhetische Dermatologie
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU
Frauenlobstr. 9-11
80337 München