N3 gefährlicher als N2? |
19.01.2010 15:11 Uhr |
Es ist sicher positiv zu bewerten, dass der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht auch das Gefährdungspotenzial lang auf dem Markt befindlicher, nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel einmal kritisch hinterfragt (siehe dazu Großpackungen: Analgetika sollen rezeptpflichtig werden). Besteht der begründete Verdacht auf Gefahren durch missbräuchliche Anwendung, sollte und muss er dann auch Taten folgen lassen. So kann der Gesetzgeber ein apothekenpflichtiges Arzneimittel entweder komplett oder ab einer bestimmten Packungsgröße der Rezeptpflicht unterstellen. Dies hat er zum Beispiel im vergangenen Jahr im Falle von Paracetamol getan. Nun will er es wieder tun. Und zwar sollen die Großpackungen anderer Analgetika wie Acetylsalicylsäure und Ibuprofen zukünftig verschreibungspflichtig sein. Für die 50er- und 100er-Packung ASS 500 zum Beispiel wäre fortan ein Gang zum Arzt und die Ausstellung eines Rezeptes nötig.
Offen bleibt bisher, wo bei ASS das eigentliche packungsgrößenabhängige Gefährdungpotenzial liegt. Während die Beschränkung der Packungsgröße bei Paracetamol-Präparaten wegen der möglichen Verwendung der Substanz für einen Suizid Sinn macht, leuchtet dieser Aktionismus bei ASS vielen nicht ein. So zeigen zum Beispiel apothekenbasierte Anwendungsbeobachtungen, dass rezeptfreie Arzneimittel bereits heute therapiegerecht und bedarfsorientiert eingesetzt werden. Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker und Mitglied des Ausschusses, Professor Dr. Martin Schulz, befürwortet zwar die Regelung, jedoch räumte auch er in einem Interview ein, dass es keinen klaren Hinweis dafür gebe, dass ASS aus Großpackungen häufiger missbraucht werden als aus Kleinpackungen.
Wenn es also keine packungsgrößenabhängige Gefährdung gibt, könnte man ASS konsequenterweise wegen der Risiken bei der Langzeiteinnahme komplett der Verschreibungspflicht unterstellen. Das hat aber wohl niemand ernsthaft vor.
Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geht es wohl eher darum, eine zusätzliche Hürde aufzubauen, um zu verhindern, dass Menschen bedenkenlos über einen längeren Zeitraum Analgetika ohne Rücksprache mit dem Arzt einnehmen. »Eine Möglichkeit, die Selbstmedikation zu hinterfragen«, drückt es die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, mit anderen Worten aus. Sie könne zwar mit der geplanten Packungsgrößenbeschränkung »gut leben«, akuten Bedarf sieht sie dafür aber auch nicht.
Sven Siebenand
Redakteur Pharmazie