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Billigimplantate

Vorsicht, aber keine Panik

10.01.2012  16:25 Uhr

Von Annette Mende / Weil sie auffallend häufig rissen, wurden Ärzte und Behörden auf die Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) aufmerksam. Alle PIP- Implantate sollen daher jetzt vorsorglich entfernt werden.

Aufgrund ihrer minderen Qualität sind die preisgünstigen Silikonimplantate von PIP seit Ende vergangenen Jahres zunehmend in den medialen Fokus geraten. Da ungewöhnlich viele Frauen wegen gebrochener PIP-Silikonkissen nachoperiert werden mussten, waren die auch bei Schönheitsoperationen verwendeten Brustimplantate bereits im April 2010 europaweit verboten worden. Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass PIP bei der Herstellung illegal Silikonöle verwendet hatte, die nicht für die Verwendung in Brustimplantaten geeignet sind.

Reißt ein Silikonimplantat, verformt sich nicht nur die Brust, sondern das ausgetretene Silikonöl kann auch größere örtliche Entzündungen auslösen. Bei den Implantaten der Firma PIP gibt es darüber hinaus Anzeichen, dass sie verstärkt Silikon »ausschwitzen«, also durch die Hülle hindurch in den Körper abgeben.

 

Ein befürchteter Zusammenhang zwischen PIP-Implantaten und mög­lichen Krebserkrankungen der Trägerinnen konnte in einer von der franzö­sischen Gesundheitsbehörde Afssaps beauftragten Untersuchung jedoch nicht nachgewiesen werden. Dennoch gab die Afssaps Ende Dezember die Empfehlung heraus, PIP-Implantate vorsorglich zu entfernen – und zwar auch dann, wenn das Silikonkissen noch intakt ist.

 

Nach anfänglicher Zurückhaltung schloss sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am vergangenen Freitag dieser Empfehlung an. Wie dringend eine Entnahme im Einzelfall ist, hängt davon ab, wie lange die Patientin das Implantat bereits trägt, heißt es auf der Website des BfArM. Das Bundesinstitut will jetzt zusammen mit den zuständigen Landesbehörden und Fachgesellschaften sowie den Behörden im europäischen Ausland ermitteln, wie groß die Gesundheitsgefahr ist, die von den PIP-Implantaten ausgeht.

 

Das Ergebnis ist unter anderem wichtig für die Frage nach der Übernahme der Kosten für die Explantation. »Schließlich sind die Kassen in jedem Fall in der Pflicht, wenn es eine medizinische Indikation gibt«, sagte Professor Dr. Diethelm Wallwiener, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Senologie, in einer Pressemitteilung. Die Kostenträger müssten die Patienten im Anschluss entsprechend Paragraf 52 SGB V aber »angemessen« beteiligen, wenn der Ersteingriff keine Rekonstruktion, sondern ein ästhetischer Eingriff gewesen sei.

 

In Deutschland sind bislang insgesamt 19 Fälle von gerissenen PIP-Implantaten gemeldet worden, in Frankreich mehr als 1000. Insgesamt haben dort 30 000 Frauen PIP-Implantate erhalten, wie viele es hierzulande sind, ist nicht bekannt. Weltweit sollen zwischen 400 000 und 500 000 Frauen die PIP-Silikonkissen tragen. / 

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