Pharmazeutische Zeitung online
Krebspatienten

Therapie als letzte Chance

09.01.2018  13:49 Uhr

Von Maria Pues, Münster / Patienten mit einer Krebserkrankung haben andere Bedürfnisse als Patienten mit chronischen ­Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck. Sie sehen ihre ­Behandlung oft als letzte Chance. Apotheker sollten das bei der Beratung berücksichtigen.

Den Therapieverlauf zu stabilisieren und die Lebensqualität zu verbessern, sind die Ziele einer pharmazeutischen ­Betreuung ambulant versorgter onko­logischer Patienten. »Man kann sich kaum vorstellen, wie hoch der Betreuungs­bedarf der Patienten ist«, sagt Stefanie Heindel, Apothekerin mit onkologischer Weiterbildung in der ­Hohenzollern Apotheke in Münster (lesen Sie dazu auch Sichere Arzneimittel: Strukturierte Abläufe) im Gespräch mit der PZ.

Probleme ansprechen

 

Patienten mit einer Krebserkrankung unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von anderen Patientengruppen. Während zum Beispiel Betroffene mit anderen chronischen Erkrankungen zu ihrer Therapie motiviert werden müssten, sei es bei vielen Krebspatienten eher umgekehrt. Sie sehen ihre Behandlung häufig als letzte Chance. Dadurch seien viele übermotiviert; sie akzeptierten und verschwiegen Nebenwirkungen eher, als sie offen anzusprechen. Dahinter verbirgt sich häufig die Angst, dass die Therapie möglicherweise ­abgebrochen werden muss. »Daher ist es wichtig, dass Apotheker mögliche Probleme mit einer Therapie frühzeitig, offensiv und vor allem verbunden mit Unterstützungsangeboten ansprechen«, betont Heindel. Manche Supportivtherapie, etwa zum Schutz von Haut oder Schleimhäuten, könne bereits vor dem Start einer Chemotherapie begonnen werden.

 

Die Hohenzollern Apotheke hält für diesen Zweck schriftliche Informationen für ihre Patienten bereit. Bei Verordnung bestimmter Therapien, die beispielsweise als besonders emetogen, hauttoxisch oder Schleimhaut-schädigend bekannt sind, werden sie den Patienten im Beratungsgespräch gezielt angeboten. Öffentlichen Apotheken steht zur Unterstützung die Oralia-Datenbank der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) zur Verfügung (www.dgop.org). Sie bietet einen schnellen Zugriff auf die wichtigsten Informationen zu allen oral anwendbaren Zytostatika und zusätzlich die Möglichkeit, den Therapieverlauf des Patienten verschlüsselt zu dokumentieren. Beratungsgespräche und weitere Informationsangebote lassen sich so gezielt und zügig vorbereiten.

 

Bei fehlendem kompetentem Beratungsangebot bestehe die Gefahr, dass Krebspatienten sich etwa im Internet oder im Freundeskreis Rat holten, so Heindel. Doch was bei Nicht-Patienten als gesund gilt, kann möglicherweise den Therapieerfolg gefährden. So könne Sunitinib mit grünem Tee Präzipitate bilden, was zu einer Wirkungsverminderung führen kann. Hingegen können ­Folate die Blutspiegel von Fluorouracil oder Capecitabin erhöhen, da sie über über das gleiche Enzym metabolisiert werden. Schwere Hautreaktionen oder Durchfälle können die Folge sein. Als ­Folatquellen kommen etwa grüne Smoothies, Brokkoli (111 µg/100 g), Vit­aminpräparate für Haut, Haare und ­Nägel, aber auch Nimm-2-Bonbons (800 µg/100 g) infrage. Erhöhten Blutspiegeln von Lapatinib liegt häufig ein anderer Mechanismus zugrunde: Der Wirkstoff wird in Gegenwart fettreicher Nahrung besser resorbiert. Auch hier steigt das Risiko für Nebenwirkungen. Zudem sollten vom Apotheker alle ­Fragen zu komplementären Verfahren erläutert werden. Krebspatienten wollen oft selbst aktiv werden und sollten auf mögliche Gefahren im Therapie­verlauf hingewiesen werden.

 

Gewichtsverlust vermeiden

 

»Viele Patienten vermuten zudem, dass eine Gewichtsabnahme zu einer Krebserkrankung und Chemotherapie dazugehört«, ergänzt Anna Schäfers, ­Apothekerin mit Schwerpunkt Ernährungstherapie. Wichtig sei es, neben der Empfehlung für eine Zusatznahrung, die Gründe zu erfragen, die die Nahrungsaufnahme erschweren, und diese zu beseitigen. Zu den häufigen ­Ursachen gehören etwa eine Mukositis, aber auch Entzündungen der Darmschleimhaut, die zu Verstopfungen und Durchfällen führen können. Übliche, bei Nicht-Patienten bewährte Hausmittel und Tipps, können bei Krebspatienten nicht empfohlen werden. So seien bei ihnen Ballaststoffe bei Verstopfungen keine geeignete Therapieoption. Sinnvoller ist der Einsatz von Macrogolen oder auch bei entsprechender Vorsicht Natriumpicosulfat. /

Mehr von Avoxa