Ausblick des Präsidenten |
Ev Tebroke |
11.12.2019 17:20 Uhr |
Apotheken im Wandel: Für das Jahr 2020 stehen für die Apotheker viele wichtige Entscheidungen an. / Foto: dpa
Für das Jahr 2020 stehen für die Apotheker viele wichtige Entscheidungen an, betonte der ABDA-Präsident heute auf der Mitgliederversammlung in Berlin. Er zeigte Verständnis für das im Berufstand derzeit vorherrschende Grundgefühl tiefer Verunsicherung. Das Zusammenwirken von technologischer Entwicklung und gleichzeitiger regulatorischer Aufweichung berge die latente Gefahr »einer disruptiven Veränderung des Geschäftsmodells der öffentlichen Apotheken«. Das zurückliegende Jahr sei für die Apotheker ein schwieriges Jahr gewesen, so Schmidt. Gleichzeitig war es aber auch ein wichtiges Jahr. Denn es habe die Apotheker zu einer innerberuflichen Debatte gezwungen, die der ABDA-Präsident für nötig und unverzichtbar hält.
Die zurückliegenden Debatten hätten sich nur vordergründig um das Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG), das Versandhandelsverbot und die Gleichpreisigkeit gedreht. Die eigentliche Debatte geht laut Schmidt darum, wie der Verband den Beruf und die öffentlichen Apotheken in die Zukunft führen will. Solle eher der Status quo bestmöglich verteidigt werden oder sei es angebracht, in eine Art Vorwärtsverteidigung zu wechseln, um einen Kernbestand zu retten, von dem man letztlich noch gar nicht weiß, wie er aussehen wird.
Sollte das VOASG und mit ihm die Rx-Preisbindung im GKV-Bereich kommen, dann gewinnen die Apotheker zwar ein paar Jahre, in denen sie in einem geregelten beschränkten Wettbewerb weiterarbeiten können. Die zu erwartenden technologischen Veränderungen dürften aber relativ schnell zu Umwälzungen führen und Verhältnisse schaffen, die derzeit kaum vorhersehbar seien, betonte Schmidt. Die eigentliche Herausforderung sieht er daher nicht im Versandhandel, sondern in einer neuen Erwartungshaltung der Patienten, die mit der Digitalisierung kommt. Es gelte neue überzeugende Argumente »für unser pharmazeutisches Expertentum« zu finden. Dieses Expertentum müsse für den Patienten erlebbar sein und ihn beeindrucken. Ansonsten wähle er nicht das Qualitäts-, sondern das Convenience-Angebot.
Genau deshalb findet Schmidt es auch schade, dass sich einige Apotheker öffentlich gegen das Impfen in der Apotheke ausgesprochen haben - ein Seitenhieb etwa auf eine entsprechende gemeinsame Resolution der Apotheker- und der Ärztekammer Brandenburg. Gerade weil die Apotheken künftig verstärkt im Wettbewerb mit telepharmazeutischen Angeboten stehen, brauche es Angebote, die die Menschen persönlich in die Apotheken holen, ist Schmidt überzeugt. Der ABDA-Präsident betonte in diesem Zusammenhang auch, dass es schließlich der Deutsche Ärztetag gewesen sei, der durch die Aufhebung des Fernbehandlungsverbots die Virtualisierung der medizinischen Versorgung erst richtig befeuert hätte. Aber im Gegensatz zu den Ärzten, die neue Versorgungsformen für den ländlichen Raum forderten, blieben die Apotheker vor Ort. »Wir sagen klar und deutlich: Wir bleiben hier.« Die Apotheke bleibe »primärer Zugangspunkt zum Gesundheitswesen in der realen Welt.« Und um das zu erreichen, sollten die Apotheker künftig jedes Mittel nutzen. »Die Schlacht um die Rolle der inhabergeführten Apotheke im Gesundheitswesen wird in den Randgebieten und auf dem Land geschlagen.« Alle fachlichen und berufspolitischen Schritte sollten laut Schmidt daher daran gemessen werden, ob sie den Apotheken in der Fläche nutzen.
Im Jahr 2020 werden politisch die grundlegenden Strukturen der künftigen digitalen Gesundheitsversorgung festgeklopft werden. Für Schmidt »die wahrscheinlich größte Herausforderung überhaupt«. Die anstehenden radikalen Veränderungen kann auch die ABDA nicht abfangen. »Eine der grundlegenden Prämissen der Verbandsarbeit war und ist die Verhinderung disruptiver Veränderungen«, so Schmidt. »Wir werden dieses Ziel nur teilweise erreichen.« Im Bereich E-Rezept werde der Verband alles tun, die notwendige Regulierung im Sinne eines diskriminierungsfreien und beeinflussungsfreien Verarbeitungsweges zu gestalten. Fakt sei aber: »Das E-Rezept wird den Wettbewerb zwischen den Apotheken beeinflussen, mit oder ohne Versandhandel.« Es gelte jetzt, den von der Apothekerschaft eingeschlagenen Weg mit allen Mitteln zu unterstützen und für die DAV-Web-App als regulierten Transportweg für das E-Rezept politisch zu werben. »Wir sind gut platziert, aber das Rennen ist keineswegs gelaufen.«
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.