ASS bei älteren Krebspatienten könnte mehr schaden als nützen |
Daniela Hüttemann |
14.08.2020 14:30 Uhr |
Schützt die Einnahme von ASS vor Krebs? Auf diese einfache Frage gibt es keine pauschale Antwort. / Foto: Getty Images/Tetra Images
Aus Studien mit Jüngeren ging man bislang davon aus, dass eine längere ASS-Einnahme das Krebsrisiko reduzieren kann, insbesondere das Risiko für Darmkrebs. Ob diese Annahme auf für Ältere gilt, haben australische und US-Forscher nun anhand der ASPREE-Studie untersucht – und verneinen. »Besonders häufig waren die Todesfälle bei Aspirin-Patienten, bei denen fortgeschrittene solide Krebserkrankungen diagnostiziert wurden, was auf eine mögliche nachteilige Wirkung von Aspirin auf das Krebswachstum hinweist, sobald der Tumor sich bei älteren Erwachsenen bereits entwickelt hat«, berichtet der Medizinprofessor Dr. Andrew Chan von der Harvard Medical School, einer der Seniorautoren der neuen Auswertung.
Gemeinsam mit Forschern des Massachusetts General Hospital, dem Berman Center for Clinical Outcomes and Research in Minnesota sowie der Monash-Universität in Australien hatten sein Team Daten der ASPREE-Studie ausgewertet. An dieser großen, lang angelegten Studie nehmen mehr als 19.000 Probanden ab 65 Jahren in Australien und den USA teil. Sie nehmen täglich niedrig dosiertes ASS ein (100 mg) oder Placebo. ASPREE steht dabei für »ASPirin in Reducing Events in the Elderly«. Die Studie läuft bereits seit Ende 2009.
2018 gab die ASPREE-Gruppe bereits bekannt, dass der ASS-Gebrauch das Todesrisiko bei Älteren sogar erhöhen kann, vor allem durch Krebserkrankungen. Vergangenes Jahr führten die Ergebnisse der Studie zu einer Empfehlung der European Society of Cardiology (ESC), dass niedrig dosiertes ASS gesunden Menschen älter als 70 Jahren generell nicht verordnet werden sollte, da sich die krankheitsfreie Überlebensspanne nicht verlängert, nicht einmal bei denjenigen mit dem höchsten Risiko, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln.
Aufgrund der neuen klinischen Daten aus der ASPREE-Studie vermutet Chan: »Die Ergebnisse legen die Möglichkeit nahe, dass Aspirin bei älteren Menschen auf zellulärer oder molekularer Ebene anders wirkt.« Weitere Studien seien erforderlich, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen.
Vorläufig raten die Forscher, ASS bei älteren Krebspatienten nur mit Vorsicht einzusetzen. Chan ergänzt: »Obwohl diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass wir vorsichtig sein sollten, wenn wir bei ansonsten gesunden älteren Erwachsenen mit der Aspirin-Therapie beginnen, bedeutet dies nicht, dass Personen, die bereits Aspirin einnehmen – insbesondere wenn sie bereits in einem jüngeren Alter mit der Einnahme begonnen haben – ihre Aspirin-Therapie abbrechen sollten.«