Arzneistoffwahl mit gutem Gewissen |
Annette Rößler |
19.05.2021 07:00 Uhr |
Arzneistoffe in der Umwelt können für Tiere problematisch sein. Bekannt ist etwa eine Verweiblichung von Fischen durch Ethinylestradiol. / Foto: Adobe Stock/vitaliy_melnik
Arzneistoffe können über verschiedene Wege in die Umwelt gelangen. In Europa stammen sie überwiegend aus Haushalten und der Nutztierhaltung: Menschen und Tiere scheiden Arzneistoffe zum Teil unverändert wieder aus; die menschlichen Ausscheidungen gelangen direkt ins Abwasser und die der Tiere werden oft als Düngemittel auf Feldern verteilt. Daneben spielt auch die nicht fachgerechte Entsorgung von Arzneimitteln über die Toilette eine Rolle. Aus dem Abwasser werden Arzneistoffe in der Kläranlage aber meist nur unzureichend entfernt.
Dies soll die sogenannte vierte Reinigungsstufe ändern, ein zusätzlicher Schritt, der das derzeit übliche dreistufige Reinigungsverfahren in Kläranlagen ergänzen und verbessern soll. Dabei kommen etwa Verfahren wie Ozonung oder Aktivkohlefilterung zum Einsatz. »Aber auch die viel beschworene vierte Reinigungsstufe kann nicht alle Arzneistoffe aus dem Wasser filtern«, sagte Apothekerin Jutta Paulus, die für die Grünen im Europaparlament sitzt, kürzlich bei einem Online-Symposium von Able Dresden.
Weil die Umweltbelastung mit Arzneistoffen auch für den Menschen direkte negative Konsequenzen hat – Stichwort Antibiotika-Resistenzen –, will die EU dem Thema künftig mehr Aufmerksamkeit widmen. Derzeit diskutiert wird ein »Strategischer Ansatz für Arzneimittel in der Umwelt« der EU-Kommission. Er sieht unter anderem die Förderung der umsichtigen Verwendung von Arzneimitteln, die Unterstützung der Entwicklung von umweltverträglicheren Arzneimitteln sowie eine Verbesserung der Umweltverträglichkeitsprüfung vor.
Paulus bemängelte jedoch, dass die meisten Verpflichtungen schwammig formuliert seien und das Papier keine einzige bindende Maßnahme enthalte. Der Umweltausschuss des EU-Parlamentshabe daher den Entwurf der Kommission noch deutlich erweitert. Zudem sei die massive Umweltbelastung durch die Produktion von Arzneistoffen in Ländern wie Indien derzeit noch ein »blinder Fleck« aller Regelungen und Vorschriften. Daher wäre es aus ihrer Sicht ideal, »wenn Umweltrichtlinien in die Richtlinien zur guten Herstellerpraxis eingebracht werden könnten, denn dann wären sie weltweit gültig«.