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US-Bundesstaat Ohio

Arbeit in Apothekenketten – Pharmazeuten am Ende

Überarbeitet, gestresst, müde – Apotheker, die in Ohios Apothekenketten arbeiten, sind überlastet. Das zeigt eine neue Umfrage der Behörden des US-Bundesstaats im Mittleren Westen, über die NBC News berichtet. Ein neu gegründetes Komitee soll nun Lösungen erarbeiten. 
Jennifer Evans
27.04.2021  12:30 Uhr

Die Hälfte der Apotheker aus dem US-Bundesstaat Ohio hat nach eigenen Angaben nicht genug Zeit, den Job sicher auszuführen. Das belegt eine Umfrage, die die pharmazeutische Aufsichtsbehörde des Bundestaats unter 4.000 Teilnehmern durchführte. Dabei hat sich gezeigt, dass insbesondere die Arbeitsbedingungen für Apotheker, die bei großen Apothekenketten angestellt sind, besorgniserregend sind. Oft sind die Apotheken in den USA in Drogeriemärkte oder in Lebensmittelläden integriert.

Ausgangspunkt für die Umfrage, die zwischen Juli und August 2020 stattfand, waren laut NBC News Beschwerden sowohl vonseiten der Apotheker als auch verschiedener pharmazeutischer Organisationen. Kleinere Erhebungen zu diesem Thema hatte es bereits in den Bundesstaaten Missouri und Vermont gegeben.

Die große Mehrheit der in Ohios Ketten angestellten Apotheker gab bei der neuen Ergebung an, unter großem Druck zu stehen und nicht ausreichend Kollegen zu haben, um stets die Sicherheit der Patienten zu garantieren. In den meisten Fällen arbeiteten sie mehr als zehn Stunden am Tag, viele ohne Mittagspause. Und 10 Prozent der befragten Pharmazeuten, die in solchen Apothekenketten tätig sind, sprachen sogar von Schichten von 13 Stunden oder mehr.

Das riesige Arbeitspensum ist den Umfrageteilnehmern zufolge eines der größten Stressfaktoren im Alltag. Wie NBC News berichtet, nannten einige Probleme wie Augenmüdigkeit oder mentale Erschöpfung, wenn sie mehr als zehn Stunden täglich in der Offizin stehen.

Politik in der Pflicht

Angesichts der Umfrageergebnisse äußerte sich auch die Dachorganisation der Drogerieketten, die sogenannte National Association of Chain Drug Stores, gegenüber NBC News: »Patientensicherheit hat für eine Apotheke höchste Priorität und es wird in großem Maße Sorge dafür getragen, diese zu pflegen.« Darüber hinaus sieht die Organisation die Politik in der Pflicht, die Versorgung in Ohio zu verbessern. Einen Zusammenhang zwischen der Fehlerquote und dem Arbeitspensum erkennt sie nach eigenen Angaben hingegen nicht.

Ganz anders beschreiben allerdings die befragten Apotheker ihre Situation. Sie gaben nämlich an, sich beim Abzählen von Tabletten zu verrechnen oder gefährliche Arzneimittelwechselwirkungen zu übersehen, wenn der Tag zu lang wird. Auch die Bürokratie raubt Ohios Apothekern jeden Tag Zeit und Nerven. Angesichts der Umfrageergebnisse soll sich nun ein eigenes geründetes Komitee mit der Problematik befassen und Lösungen vorschlagen.

Auch dem Gesundheitsministerium in England sind solche Probleme in den Apotheken bekannt. Die Pharmazeutische Zeitung hatte über die Ergebnisse einer Umfrage der Royal Pharmaceutical Society (RPS) von 2019 berichtet. Daraus ging hervor, dass 80 Prozent der Pharmazeuten ein hohes oder sogar sehr hohes Risiko haben, ein Burn-out zu bekommen. Seit Anfang 2020 diskutiert die englische Regierung, wie sie die Apotheker in puncto psychischer Gesundheit stärken kann, zumal sich die Lage während der Coronavirus-Krise noch verschärft hat.

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