»Apotheker werden auch in Zukunft gebraucht« |
Thorben Kurzbach studiert Pharmazie in Berlin und steht ab heute an der Spitze der Interessenvertretung der Pharmaziestudierenden, dem BPhD. / Foto: BPhD
PZ: Sie engagieren sich schon länger beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD). Wie kam es dazu?
Kurzbach: Begonnen hat meine Arbeit beim BPhD Ende 2018. Damals bin ich mit meiner Fachschaft aus Berlin zur Bundesverbandstagung gefahren. Zu diesem Zeitpunkt war der Posten des Beauftragten für Recht und Datenschutz noch unbesetzt. Da ich mich gerne engagieren wollte, hatte ich mich kurzfristig entschlossen, dieses Amt zu übernehmen, und wurde so in den Vorstand gewählt. Inzwischen habe ich gemerkt, dass man durch die ehrenamtliche Arbeit viel erreichen kann und auch viel gewinnt.
PZ: Was zum Beispiel?
Kurzbach: Zum einen kann man viele Erfahrungen sammeln und sich persönlich weiterentwickeln. Zum anderen lernt man viele Leute, andere Studienstandorte und neue Freunde kennen. Man erhält einen Blick über den Tellerrand des Studiums hinaus und kann die Zukunft des Studiums und des Apothekerberufs in gewisser Weise mitgestalten.
PZ: Wo sehen Sie die Chancen der jungen Apothekerschaft?
Kurzbach: Das Studium der Pharmazie ist ein sehr umfangreiches Studium, das viele Facetten aus ganz unterschiedlichen Bereichen abbildet. In der öffentlichen Apotheke wird noch nicht das ganze Potenzial, dessen was man im Studium gelernt hat, ausgeschöpft. Hier braucht es frische Gedanken, um zu überlegen, was man in Zukunft noch in die Apotheke mit einbinden kann.
PZ: Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?
Foto: BPhD
Kurzbach: Hier fällt mir spontan im Rahmen der pharmazeutischen Dienstleistung das Thema »Drug checking« ein, zu dem der BPhD kürzlich erst ein Positionspapier verabschiedet hat. Beim Drug Checking werden in der Offizin quantitative und qualitative Analysen von psychoaktiven Substanzen durchgeführt. Dadurch sollen gesundheitliche Gefahren für Konsumenten vermindert werden. In einigen europäischen Ländern ist diese Methode bereits etabliert.
Innovative und erfolgreiche Konzepte können jedoch nur entwickelt werden, wenn sowohl das Know-how und die Erfahrung langjähriger Apotheker als auch neue Ideen der Studierenden und frisch Approbierten mit einfließen. Nur so können wir gemeinsam die Apotheke und das Berufsbild des Apothekers zukunftssicher gestalten.
PZ: Wie schätzen Sie die Zukunftschancen der Vor-Ort-Apotheke ein?
Kurzbach: Ich glaube nicht, dass die Apotheke vor Ort sterben wird. Die Offizin und Apotheker werden auch in Zukunft immer gebraucht werden, weil sie für die Menschen einen niederschwelligen Zugang zur gesundheitlichen Beratung darstellen. Wenn wir diese Ansprechbarkeit weiterhin bieten, werden die Menschen diese auch in Zukunft dankbar annehmen. Das kann ein Versandhandel nicht bieten.
PZ: Welche Kernthemen planen Sie für Ihre Präsidentschaft?
Kurzbach: Es ist mir ein Anliegen, mehr Studierende stärker in unsere Arbeit mit einzubinden. Jeder, der das Interesse hat, kann sich im BPhD engagieren. Außerdem muss der BPhD in öffentlichen Debatten noch präsenter sein. Zum einen, um sich stärker mit der Apothekerschaft auszutauschen, zum anderen, um politische Anliegen und neue Ideen miteinzubringen. Zu guter Letzt möchte ich gemeinsam mit meinen Mitstreitern die neu beschlossene Vorstandsstruktur in die Praxis umsetzen.
PZ: Wie sieht diese neue Vorstandstruktur aus?
Kurzbach: Die vorhandenen Ämter und Positionen sind im Groben gleichgeblieben. Neu sind die gebildeten Ressorts, die sich verstärkt mit einzelnen Themengebieten beschäftigen. Zum Beispiel gibt es jetzt ein Ressort »Inneres«, das sich auf Veranstaltungen für Studierende fokussiert, oder das Ressort »Meinungsbildung«, das sich mit den Positionen der Studierenden beschäftigt und dafür sorgt, dass diese auch in die öffentliche Diskussion mit eingebracht werden. Das Pharmaziestudium ist sehr zeitaufwendig, weshalb es manchmal schwierig ist, es mit der ehrenamtlichen Tätigkeit unter einen Hut zu bekommen. Von der neuen Struktur erhoffen wir uns, effizienter und intensiver an verschiedenen Themen arbeiten und mehr Studierenden die Mitarbeit ermöglichen zu können.
PZ: Welche besonderen Eigenschaften bringen Sie für das Amt des Präsidenten mit?
Kurzbach: Ich bin jemand, der ein Team sehr gut motivieren und anleiten kann. Motivation ist essenziell für eine effektive Zusammenarbeit. Jeder einzelne muss in seiner Aufgabe gestärkt werden, damit wir gemeinsam erfolgreich sind. Das kann niemand alleine schaffen.
PZ: Wo sehen Sie – neben dem enormen Zeitaufwand – weitere Schwächen im Pharmaziestudium?
Kurzbach: Unsere kürzlich veröffentlichte Umfrage zur mentalen Gesundheit unter den Pharmaziestudierenden hat gezeigt, dass gerade einmal acht Prozent der Befragten das Fach uneingeschränkt weiterempfehlen würden. 20 Prozent würden es in keinem Fall weiterempfehlen. Dieses Ergebnis war für mich sehr erschreckend. Es zeigt, dass bestimmte Dinge im Studium geändert werden müssen, damit das Studienfach wieder attraktiver wird. Wie bereits gesagt, wir werden auch in Zukunft noch Apotheker brauchen.
PZ: Welche Änderungen schweben Ihnen da vor?
Kurzbach: Auf jeden Fall muss das Studium entzerrt und um mindestens ein Semester verlängert werden. Außerdem sollte Studierenden die Möglichkeit und vor allem die Zeit gegeben werden, besondere Interessen weiter zu vertiefen. Denn aufgrund des enormen Stoffumfangs können Dozierende nicht bei jedem Thema vertiefen. Corona-bedingt waren viele Standorte gezwungen, ihre Lehrveranstaltungen in digitaler Form anzubieten. Diese Digitalisierung kann man vielleicht in Zukunft noch weiter ausbauen und nutzen, um das Studium attraktiver zu gestalten.