Apotheker ohne Grenzen warnt vor prekärer Lage |
Melanie Höhn |
09.09.2022 14:00 Uhr |
AoG-Mitarbeiter schließen aus persönlichen Berichten der Partner vor Ort, dass sich die Situation weiter verschlechtert habe, heißt es im Zwischenbericht der Organisation. / Foto: Apotheker ohne Grenzen
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert nun schon mehr als sechs Monate. Die Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen (AoG) hat seit Kriegsbeginn mehr als 130 Hilfslieferungen mit lebensnotwendigen Medikamenten und Verbandsstoffen im Gegenwert von etwa 2 Millionen Euro Spendengeldern organisiert. Die Lieferungen wurden in 40 verschiedene Ziele der Ukraine gebracht.
Koordiniert wird die Ukraine-Hilfe von AoG durch ein dreiköpfiges, hauptamtlich arbeitendes Koordinationsteam, das von ehrenamtlichen und geschulten Einsatzkräften unterstützt wird. Die Transporte erfolgten zügig – und wenn möglich, direkt und ohne Zwischenlagerung – in entsprechenden Lagerhallen der Westukraine, zum Beispiel in Lviv oder Kyiv, informierte AoG heute per Mitteilung. Während des Transports werden die Arzneimittel demnach sachgerecht und wenn nötig gekühlt gelagert. Nach erfolgreicher Zustellung der Lieferung erhalte AoG eine schriftliche Bestätigung des Medikamenteneingangs, oft kombiniert mit einem Dankesschreiben vom medizinischen Ansprechpartner der Empfängerklinik. Dieses Prozedere habe sich bewährt, sodass 99 Prozent der Lieferungen an ihrem Bestimmungsort angekommen seien.
AoG-Mitarbeiter schließen aus persönlichen Berichten der Partner vor Ort, dass sich die Situation weiter verschlechtert habe, heißt es im Zwischenbericht der Organisation. Während die Kämpfe in der Ukraine unvermindert weitergehen, werde die Versorgungslage vor allem in der Ost- und Südukraine immer prekärer. Einer steigenden Zahl von Binnenflüchtlingen und Schwerverletzten, die durch das überlastete ukrainische Gesundheitssystem nur unzureichend versorgt werden können, stehe ein massiver Rückgang von Hilfslieferungen aus dem Ausland gegenüber.
Aus der Stadt Dnipro im Zentrum der Ostukraine unweit des Frontverlaufs, aber auch aus der weiterhin bombardierten Stadt Charkiv, sind der Hilfsorganisation große Versorgungslücken gemeldet worden. Ein dort ansässiger Arzt ist verzweifelt: »Wir haben hier fast nichts mehr und Hilfslieferungen kommen kaum noch an. Es fehlen Antibiotika, Schmerzmittel, Verbandsmaterialien und OP-Bedarf zur Behandlung von Kriegsverwundeten, aber auch überlebenswichtige Insuline für Diabetiker«, sagte er zu AoG-Mitarbeitern. Aufgrund vielfach zerstörter pharmazeutischer Infrastruktur und unterbrochener Lieferketten, vor allem in den umkämpften Gebieten, ist laut AoG eine zuverlässige Beschaffung von Arzneimitteln vor Ort nach wie vor kaum möglich.
Auch weiterhin erhält AoG nach eigenen Angaben zahlreiche Bedarfsanfragen aus ukrainischen Kliniken. Bei der Organisation der Arzneimittellieferungen direkt zu den Empfängerkrankenhäusern setze die Hilfsorganisation auf schon vorhandene langjährige Partnerschaften wie etwa mit dem Medikamentenhilfswerk Action Medeor, der Hilfsorganisation Johanniter oder dem Verein German Doctors.
Mittlerweile konnte AoG laut Zwischenbericht auch eine Vielzahl von neuen Partnerschaften etablieren. So arbeitet die Organisation eng mit dem Verein Blau-Gelbes Kreuz aus Köln zusammen. Diese schon nach der Annexion der Krim gegründete Hilfsorganisation sei durch ihre Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern mit ukrainischen Wurzeln sehr gut vor Ort vernetzt, sodass auch die Kliniken in abgelegenen oder frontnahen Gebieten der Ukraine über direkte, dezentrale Medikamententransporte erreicht werden könnten. Mit Unterstützung von Universitätskliniken im Raum Nordrhein würden beispielsweise Medikamente beschafft, die in sogenannten Trauma-Kits zusammengestellt werden und vor allem für die Versorgung von Patienten mit Kriegsverletzungen essenziell sind. Diese Kits hätten sich sowohl für die Verwendung in Kliniken in den umkämpften Gebieten als auch in kleinerer Form als »Rescue Backpacks« für Feldeinsätze bewährt.
Um auch zukünftig die Menschen in der Ukraine mit lebensnotwendigen Arzneimitteln versorgen zu können, ist Apotheker ohne Grenzen weiterhin dringend auf Spenden angewiesen. Dies gilt auch für die zahlreichen anderen Projekte der Entwicklungszusammenarbeit, in denen Apotheker ohne Grenzen auch weiterhin parallel zum Ukraineeinsatz aktiv ist.
Auch auf der diesjährigen Expopharm ist die Hilfsorganisation vertreten. Erstmals präsentieren sich Apotheker Helfen (AH) und Apotheker ohne Grenzen (AoG) bei der diesjährigen Expopharm in direkter Nachbarschaft, nämlich in Halle B1 an den Ständen C-24 und C-26.
Spenden an Apotheker ohne Grenzen:
Apotheker ohne Grenzen e.V.
Deutsche Apotheker- und Ärztebank
IBAN: DE 88 3006 0601 0005 0775 91
BIC: DAAEDEDDXXX
Online spenden: www.apotheker-ohne-grenzen.de/mitmachen/einfache-spende
ggf. Betreff: Ukraine-Hilfe