Apotheker impfen ab Herbst gegen die Grippe |
In Deutschland sind bislang nur 35 Prozent der Über-60-Jährigen gegen die Grippe geimpft. Mithilfe der Apotheker soll es gelingen, die Rate deutlich zu steigern. / Foto: Shutterstock/Image Point Fr
Es ist der erste Vertrag dieser Art, den Krankenkassen und Apotheker schließen. Seit März 2020 sind Modellprojekte zur Grippe-Impfung in Apotheken explizit erlaubt. Seither laufen Verhandlungen in verschiedenen Regionen. In Nordrhein ist man sich nun am schnellsten einig geworden.
Entsprechend stolz zeigte sich ANVR-Chef Thomas Preis: »Unser Ziel ist es, die Durchimpfungsraten weiter zu steigern«, sagte er. Bislang seien nur rund 35 Prozent der Deutschen ab 60 Jahren gegen die Grippe geimpft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt als Zielmarke hingegen eine Durchimpfungsrate von 75 Prozent aus. Voraussetzung für die Teilnahme an dem Projekt ist eine Fortbildung der Apotheker. Dafür hatte die Bundesapothekerkammer (BAK) zuletzt eine entsprechende Leitlinie aufgesetzt. Der Chef der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann, lobte den niedrigschwelligen Zugang in den Apotheken. Dies mache es den Menschen deutlich leichter, sich impfen zu lassen. »Die Grippeschutz-Impfung ist eine der bedeutendsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen. Mit ihr können viele Grippe-Tote vermieden werden«, sagte er. Es sei daher sinnvoll, die Apotheken als qualitätsgesicherte und patientennahe Anlaufstelle ins Boot zu holen. Dabei verwies Wältermann auch auf die Erfahrungen anderer europäischer Länder. Impfangebote in Apotheken hätten dort nachweislich zu einer deutlich gesteigerten Durchimpfungsrate geführt.
Tatsächlich gehören Grippe-Impfungen etwa in der Schweiz seit Jahren zum Portfolio der Apotheken. In Deutschland hatte sich die Politik bis zuletzt mit dem Thema schwergetan. Zudem regt sich unter Medizinern zum Teil massiver Widerstand, so auch in Westfalen-Lippe. Dort hatte die verfasste Ärzteschaft erst im Juni vor einer Gefahr für die Patientensicherheit gewarnt, sollten Apotheker tatsächlich Grippe-Impfungen übernehmen. Auf Bundesebene hingegen waren weitaus versöhnlichere Töne zu hören. So sei man sich mit den Apothekern einig, dass das Impfen primär Aufgabe der Ärzte sei, teilte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in der vergangenen Woche mit. Entsprechend deutlich äußerte sich heute auch AVNR-Chef Preis: »Wir sehen unser Angebot als eine Ergänzung zum Impfangebot der Ärzteschaft.« Das Modellprojekt soll über drei Jahre laufen und wird wissenschaftlich begleitet.